Elektromobilität Biden plant Made-in-America-Klausel für Elektroautos – und irritiert die deutschen Autobauer

Elektroautos von General Motors könnten künftig in den Genuss besonderer Steuervorteile kommen.
Washington Der Besuch von US-Präsident Joe Biden im Bundesstaat Michigan war ein Signal des grünen Aufbruchs. Am Mittwoch reiste er in den Mittleren Westen und beschwor die Energiewende seiner Nation. Biden besichtigte das E-Auto-Werk des amerikanischen Autoriesen General Motors (GM), das den zukunftsträchtigen Namen „Factory Zero“ trägt. Der größte US-Fahrzeugkonzern hat angekündigt, ab 2035 nur noch elektrisch angetriebene Autos produzieren zu wollen. Damit ist GM einer der wichtigsten Verbündeten für Biden, der den Umstieg auf erneuerbare Energien beschleunigen will.
Bis 2030, so das erklärte Ziel der US-Regierung, soll die Hälfte aller Neufahrzeuge elektrisch sein – derzeit sind es gerade einmal zwei Prozent. Biden setzt deshalb auf massive Steueranreize, um den Durchschnittsbürger vom Kauf eines der oft teureren Modelle zu überzeugen.
Allerdings verknüpft Biden seine grüne Revolution mit einer „Made in America“-Vorschrift, die ausländische Wirtschaftspartner irritiert. Geht es nach den US-Demokraten im Kongress, würden neue finanzielle Förderungen heimische Autoriesen wie GM bevorzugen und Konzerne wie Toyota, Volkswagen oder Volvo benachteiligen.
Eine 1,2 Billionen Dollar schwere Infrastrukturreform, die Biden am Montag unterzeichnete, enthält bereits einige Zuschüsse für die Branche. So sind rund 7,5 Milliarden Dollar im Paket enthalten, um den Bau von Ladestationen zu fördern. Doch der Mammutanteil an Maßnahmen für Elektromobilität verbirgt sich in einem weiteren Billionenpaket, das Bidens US-Demokraten in diesem Jahr durch den Kongress bringen wollen.
Die derzeit 1,75 Billionen Dollar umfassende Reform, „Build Back Better“ genannt, bietet die meisten Anreize für elektrische Fahrzeuge. Jedoch sind sie ungleich verteilt: Das geplante Gesetz macht in der Höhe der Förderungssumme Unterschiede, ob ein Hersteller gewerkschaftlich in den USA organisiert ist und dort auch seine Batterien produziert.
Bonus für Hersteller mit Gewerkschaft
Schon jetzt können US-Bürgerinnen und -Bürger Steuergutschriften bis zu 7500 Dollar geltend machen, wenn sie ein Elektroauto kaufen. Laut einem Entwurf des Repräsentantenhauses, eine von zwei Kammern im Kongress, würde die Gutschrift erst einmal in dieser Form fortgesetzt – wovon fast alle Hersteller profitieren.
Ab 2027 würde die Gutschrift jedoch auf 12.500 Dollar steigen: Davon sind 4000 Dollar exklusiv für Hersteller vorgesehen, die gewerkschaftlich organisiert sind. Und 500 Dollar obendrauf gibt es für Anbieter, die ihre Batterien in den USA produzieren.
Diese Bedingungen schließen fast alle großen internationalen Autohersteller von einem Teil der Anreize aus. Toyota, Volkswagen, Daimler, Honda, Hyundai, BMW, Kia oder Volvo wollen Elektrofahrzeuge in den USA verkaufen, aber sind nicht Teil der in Detroit ansässigen Gewerkschaft United Auto Workers (UAW). Auch die Fabriken von Tesla, amerikanischer Elektroauto-König, sind nicht gewerkschaftlich organisiert.
Die US-Autoriesen GM, Ford und die Chrysler-Mutter Stellantis würden hingegen überproportional bevorzugt – ihre Belegschaft wird von UAW vertreten.

7,5 Milliarden Dollar für Ladestationen.
Branchenvertreter und Diplomaten machen gegen die Pläne mobil. Vor zwei Wochen wandten sich 25 Botschafterinnen und Botschafter in Washington, darunter die Vertretungen der Europäischen Union und Deutschland, an führende Demokraten und Republikaner im US-Kongress.
Protestschreiben an die US-Regierung
„Diese Gesetzgebung verstößt, wenn sie umgesetzt würde, gegen internationale Handelsregeln“, heißt es in dem Schreiben. „Sie benachteiligt hart arbeitende Amerikaner und untergräbt die Bemühungen, den US-amerikanischen Verbrauchermarkt für Elektrofahrzeuge zu erweitern.“ Das gefährde schließlich die Klimaziele der USA. Auch Kanada und Mexiko protestieren.
Zuvor hatten die CEOs von zwölf internationalen Automobilherstellern, darunter VW, Toyota und Honda, einen Brandbrief an die Demokraten-Chefin im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, geschrieben. Darin kritisierten sie die „diskriminierende zusätzliche Steuergutschrift von 4500 US-Dollar“. Und der Branchenverband Autos Drive America schaltet seit Wochen Spots im Internet und Fernsehen: „Hersteller buhlen darum, mehr Elektroautos auf die Straße zu bringen“, warnt ein Sprecher zu dramatischer Musik, „aber viele amerikanische Familien hätten wenig davon.“
Befürworter der Klausel halten gegen. Die UAW argumentiert, es sei unabdinglich, dass Anreize „in gute Gewerkschaftsjobs hier in den USA fließen“. Der Kongressabgeordnete Andy Levin aus Michigan warnte, die Demokraten würden die Regeln nicht aufweichen. „Gewerkschaftsarbeiter in der Autoindustrie haben dazu beigetragen, die Mittelschicht aufzubauen“, sagte er. „Es geht uns darum, Arbeit angemessen zu bezahlen und sie wertzuschätzen.“
„BMW und VW sind in den USA, um Autos zu bauen“
Die ausländischen Autobauer können dennoch darauf hoffen, dass die Klausel abgeschwächt oder ganz gekippt wird. Bidens Demokraten ringen seit Monaten um eine Mehrheit für „Build Back Better“, die Reform wurde auf der Suche nach Konsens immer kleiner. Denn auch der Senat, die zweite Kongresskammer neben dem Repräsentantenhaus, muss dem Billionenpaket zustimmen – und dort gibt es mächtige Gegner der E-Auto-Pläne.
Auf Unterstützung der Republikaner kann Biden, anders als bei der Infrastrukturreform, nicht zählen. Der republikanische Senator Lindsey Graham, der den Auto-Staat South Carolina vertritt, wütete im Kongress: „BMW und Volkswagen sind nach South Carolina gekommen, um Autos herzustellen – und ihnen soll jetzt eine bestimmte Steuergutschrift verweigert werden? Das ist schädliche Politik, schlecht für die Wirtschaft, schlecht für die Umwelt.“
Und auch in den Reihen der Demokraten bröckelt der Rückhalt: Der Senator Joe Manchin lehnte die Klausel vor einigen Tagen im Fachblatt „Automotive News“ ab. Er meldete grundsätzliche Zweifel am Sinn von Kaufanreizen an. „Ein Produkt sollte für sich selbst sprechen“, sagte Manchin, der West Virginia vertritt. Toyota will in dem Bundesstaat Millionen in eine Hybridauto-Fabrik investieren. „Wir sollten keine Steuergelder nutzen, um Gewinner und Verlierer zu küren. Eine kapitalistische Wirtschaft lässt das Produkt für sich selbst sprechen“, so Manchin.
Sollte die Klausel aus dem Gesetz fliegen, wären nach jetzigem Stand dennoch Förderungen für E-Mobilität vorgesehen: unter anderem 3,5 Milliarden US-Dollar, die Hersteller zur Umrüstung bestehender Anlagen nutzen könnten. Auch sollen neun Milliarden US-Dollar in E-Autos und Ladeinfrastruktur von Regierung und Postdienst fließen.
In den USA wurden Steuergutschriften für Elektroautos 2008 unter George W. Bush eingeführt, sein Nachfolger Barack Obama weitete sie aus. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Pew Research erwägen rund 40 Prozent der US-Bürgerinnen und -Bürger beim nächsten Autokauf ein E-Modell.
Mehr: Kampf gegen steigende Preise „oberste Priorität“ - Inflation in den USA setzt Biden unter Druck
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Die zu große Abhängigkeit der deutschen Volkswirtschaft vom Automobil, wie lange ist sie eigentlich schon offensichtlich? Mit der vor 10 Jahren angekündigten Energiewende war die Hoffnung bei manchen verbunden, man könne durch Umwelttechnologien diese Abhängigkeit verändern. Diese Erzählung ist nicht aufgegangen und es hat den Anschein, dass die aktuelle Debatte, die das Versäumnis nachholen möchte, ebenfalls scheitern wird. Wahrscheinlich schon wieder aus politischen Gründen. Können wir nur noch streiten und nichts mehr in der Politik nach vorne bringen? Siehe auch Corona. Ein Impfpflicht wäre übrigens unangemessen; aber die Abhängigkeit vom Automobil zu mindern, den Individualverkehr zu redizieren und Alternativen auszubauen wünschenswert.
Es zeigt sich immer mehr: Es wird 3 Zonen von mehr und mehr geschlossenen Märkten geben, USA, Europa, Asien.