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Emmanuel Macron Der eilige Volksbeauftragte

Emmanuel Macron hat keine große Partei, kein Amt im Rücken – und dennoch will der 38-jährige Sozialist französischer Präsident werden. Er gibt sich als gesellschaftlicher Versöhner. Aber reicht das?
05.10.2016 - 12:43 Uhr Kommentieren
French Economy Minister Emmanuel Macron leaves the Elysee presidential Palace in Paris following the weekly Cabinet meeting on June 6, 2016.  / AFP PHOTO / STEPHANE DE SAKUTIN Quelle: AFP
Emmanuel Macron

Bisher kaum Erfahrung im Politikbetrieb.

(Foto: AFP)

Straßbourg Emmanuel Macron hat es eilig: Er ist erst 38 Jahre alt, hat keine Partei und kein Amt im Rücken, möchte aber schon 2017 Präsident der Französischen Republik werden. Am Dienstag legte er bei einem Meeting in Straßburg vor rund 800 Anhängern dar, was seine Landsleute seiner Ansicht nach bewegt und beschäftigt. „Wir wollen zur Wurzel des Übels vordringen, das ist das Herz unserer Arbeit“, sagte Macron in der Europa-Stadt. Auf der Hinfahrt von Paris im TGV wurde er wie ein Präsident von einem Tross von Journalisten begleitet.

Mit 25.000 Bürgern haben seine Helfer im Frühsommer gesprochen über das, was funktioniert und was nicht geht in Frankreich. Von Krankenhäusern bis zur Integration von Migranten. Die Schlüsse aus dieser Tiefenbefragung sollen in den kommenden Wochen zur Grundlage von Macrons Programm werden. Offiziell ist er immer noch nicht Kandidat: Ganz der klassischen Dramaturgie französischer Politik folgend, hebt er sich die formelle Erklärung bis zum Schluss auf. „Ich verstehe, dass es manchmal Ungeduld gibt, aber wir folgen einer anderen Logik: Wir hören den Franzosen zu, bevor wir sie mit Vorschlägen zutexten“, rechtfertigt sich Macron.

Macron baut am eigenen Mythos

Nüchtern muss man sagen: Seiner Kandidatur fehlt auch noch die durchschlagende politische Legitimation. Die Etappen, die jeder Profipolitiker in Frankreich zurücklegt, fehlen ihm. Er ist hoher Funktionär des französischen Staates, hat in einer Investmentbank gearbeitet, ist aber noch in kein Amt gewählt worden und hat auch nie kandidiert. Seine politische Erfahrung besteht aus knapp zwei Jahren als Wirtschaftsberater von Präsident François Hollande und zwei Jahren als Wirtschaftsminister Frankreichs. Im August trat er zurück.

Macron braucht eine alternative Legitimation, und die soll „die Phase des Zuhörens, des Gesprächs mit den Franzosen“ liefern, deren Resultate er nun vorstellt. Er baut an seinem eigenen Mythos: Der direkte Dialog mit dem Wähler soll ihn quasi zum Volksbeauftragten machen. Er will „den Graben zwischen Bürger und Politik überwinden“. Einer seiner Mitarbeiter sagt ganz unbescheiden: „Wir schaffen die Agora neu.“

Was auf dieser Agora zu hören ist, überzeugt nicht immer durch große Originalität. „Politische Effizienz und Glaubwürdigkeit erreicht man auch dadurch, dass der Staat Kompetenzen an die Bürger zurückgibt“, regt Macron an. Es gebe viele Aufgaben, die man dem Bürger überlassen könne, das zeigten doch die Erfahrungen „beispielsweise mit der freiwilligen Feuerwehr, 200.000 Menschen, die eine wichtige Rolle bei unserer Sicherheit spielen“. Wohl wahr.

Ein Produkt des Systems

Was das politische System Frankreichs angeht, war der gelernte Philosoph noch vor kurzem voll der Kritik. Das Präsidialsystem belächelte er als überholte „Monarchie“. Heute dagegen sagt er: „Ich will das System unserer Institutionen nicht verändern, sondern die Praxis.“ Der Präsident soll alle seine Vorrechte behalten, aber einmal im Jahr vor einem „Ausschuss der Bürger“ darlegen, was er von seinem Programm schon umgesetzt habe. In einer parlamentarischen Demokratie ist man da schon viel weiter – von der redet Macron aber nicht, nicht mehr.

Je mehr er nach den Sternen greift, desto schüchterner scheint der Jung-Politiker bei seinen inhaltlichen Überlegungen zu werden. Vielleicht hat das auch damit zu tun, dass er ein Produkt des Systems ist. „Ich verdanke François Hollande sehr viel“, gesteht Macron ein. Dennoch wird er nun wohl gegen ihn kandidieren – und die Fronten zwischen rechts und links verwischen.

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