Energiepolitik Zehn Jahre Fukushima: Japan will Klimaneutralität auch mit Atomstrom erreichen

Während Deutschland nach dem Schock von Fukushima den Atomausstieg beschloss, hält Japans Regierung bis heute an der Energiequelle fest.
Tokio Es hat etwas Surreales. An der Küste ragen die Ruinen von vier Atommeilern des Kernkraftwerks Fukushima 1 auf. Ein Wirrwarr an Rohrleitungen pumpt radioaktiv verseuchtes Wasser in eine Anlage, die strahlende Nukleide herausfiltert. Das behandelte Wasser wird daher weitergepumpt in mehr als 1000 Tanks, die sich auf dem Gelände drängen.
Doch die Arbeiter der Anlage machen nicht den Eindruck, als ob sie sich fürchten würden. Viele fahren mit dem eigenen Auto zur Arbeit. Und wer nicht direkt an den Reaktoren eingesetzt wird, muss weder einen Schutzanzug tragen noch eine Filtermaske tragen. Selbst einen kleinen Supermarkt und Ruheräume gibt es im neuen, fensterlosen Aufenthaltsgebäude, in dem sich die Arbeiter umziehen. Sogar ein paar Kirschbäume haben die Retter von Fukushima stehen lassen, um sich bald an der Blütenpracht zu erfreuen.
Zehn Jahre nach der Atomkatastrophe ist im Atomkraftwerk Fukushima 1 zumindest ein Stück Alltag eingekehrt. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Fukushima war das Epizentrum des größten GAUs, seit im ukrainischen Tschernobyl ein AKW ausgebrannt ist. Dabei schmolzen in Japan gleich in drei Meilern die Kernbrennstäbe, nachdem ein Riesentsunami am 11. März 2011 das Atomkraftwerk zerstört hatte.
Fukushima - das steht inzwischen für weit mehr als eine japanische Katastrophe. Die Schockwellen des Ereignisses breiteten sich über den ganzen Globus aus - und waren insbesondere für Deutschland Anlass für ein Großexperiment namens Energiewende.
Auslöser für den GAU von Fukushima war ein Erdbeben der Stärke neun auf der Richterskala vor der Küste Japans. Mehr als 18.000 Menschen starben damals an der Nordostküste der Hauptinsel Honshu in den Wassermassen. Die Atomkatastrophe selbst kostete bisher nur wenige Menschen das Leben, aber mehr als 160.000 Menschen mussten evakuiert werden.
Einige Gemeinden in der Umgebung sind bis heute für menschliche Besiedlung gesperrt. Doch im AKW selbst wurde radioaktiver Schutt entweder weggeräumt oder mitsamt dem gesamten Boden mit Beton übergossen – und damit offenbar auch alle amtlichen Zweifel an der Atomkraft.
Während Deutschland nach dem Schock von Fukushima den Atomausstieg beschloss, hält Japans Regierung bis heute an der Atomkraft fest. Nicht einmal die neue Klimastrategie sieht eine Wende vor. Im September 2020 hat Ministerpräsident Yoshihide Suga nach seinem Amtsantritt versprochen, dass Japan 2050 wie die Europäische Union klimaneutral wirtschaften wolle. Nun hat das Wirtschaftsministerium (Meti) präzisiert, dass Atomkraft und fossile Brennstoffe auch dann noch 30 bis 40 Prozent des Stroms der asiatischen Exportnation liefern sollen.
Der Vorschlag heizt eine neu aufflammende globale Debatte um die Rolle von Atomkraft beim Klimaschutz an. Microsoft-Gründer Bill Gates investiert mit seiner Stiftung auch in neue AKW-Technologien. Japan als drittgrößte Volkswirtschaft der Welt wäre ein wichtiger Verbündeter für die globalen Anhänger der radioaktiven Technik. Nun muss Japans Regierung nur noch die nächste Herausforderung überstehen: die Diskussion im eigenen Land.
Auf der einen Seite steht das politische und wirtschaftliche Establishment. Japans Meti-Minister Hiroshi Kajiyama spricht sich nicht nur für Sonnen- und Windstrom aus. „Persönlich glaube ich, dass Atomkraft weiterhin eine wichtige Rolle spielen wird“, sagte er in einem Interview mit der „Financial Times“.
In Japan regt sich Widerstand gegen Atomkraft
Auch Japans Unternehmensverband Keidanren fordert, dass die Regierung die Rolle von Atomkraft bestätigen sollte. Aber im Land regt sich Widerstand – und zwar von links bis rechts.
Anfang März griff Japans ehemaliger Ministerpräsident Junichiro Koizumi von der regierenden konservativen Liberaldemokratischen Partei in einer Pressekonferenz im Club der Auslandskorrespondenten das Festhalten an der Atomkraft an.
Neben ihm nickte dabei der linke Demokrat Naoto Kan, der am 11. März 2011 als Regierungschef erlebte, wie ein Mega-Tsunami das Atomkraftwerk Fukushima 1 zerstörte. Denn Koizumi, der sich erst durch den GAU vom Atomfan zum -gegner wandelte, sprach ihm aus dem Herzen. „Japan hat so viele natürliche Energiequellen wie Solarenergie, Wasserkraft und Windkraft. „Warum sollten wir etwas verwenden, das teurer und weniger sicher ist?“
In der Diskussion geht es nicht so sehr um die neuen Klimaziele der Regierung. Die werden unisono gelobt. Denn damit streift die Regierung vorerst den Makel ab, noch zögerlicher Treibhausgasemissionen zu reduzieren als die Europäische Union (EU). Aber Mika Ohbayashi, Direktorin am von Softbank-Chef Masayoshi Son gegründeten Institut für erneuerbare Energie, geht der Abschied von den bisherigen Lieblingsenergiequellen der japanischen Stromwirtschaft nicht weit genug.
Die Regierung scheine in einer Politik festzustecken, „die die bestehende Energiewirtschaft fortschreibt, obwohl eine Energiewende unmittelbar bevorsteht“, meint Ohbayashi im Interview. Konkret hält sie das amtliche Ziel für Sonnen- und Windstrom für viel zu niedrig, die Annahmen für den Stromverbrauch für zu hoch und die Ziele für Atomkraft und fossile Brennstoffe für unrealistisch.
Der bisherige Plan der Regierung sah vor, dass der Anteil von Atomkraft an der Stromerzeugung bis 2030 wieder von derzeit sechs auf 20 bis 22 Prozent erhöht wird. Erneuerbare Energieträger sollen 22 bis 24 Prozent des Stroms liefern, den Rest fossile Brennstoffe. Japan ist nicht umsonst seit Jahrzehnten der führende Flüssiggasimporteur der Welt.
Demgegenüber stellt die neue Strategie aus Ohbayashis Sicht einen Fortschritt dar. Bis 2050 will die Regierung nun 50 bis 60 Prozent der Energie aus Sonnenlicht und Wind abzapfen. Weitere zehn Prozent sind für die Nutzung von Wasserstoff und Ammoniak vorgesehen, der Rest für die bisherigen Hauptträger. Aber zum einen hält Ohbayashi eine vollständige Versorgung mit grünem Strom für möglich. Denn schon voriges Jahr trugen erneuerbare Energiequellen bereits bis zu 20 Prozent zur Stromerzeugung bei.
Zum anderen zweifelt sie an den Annahmen des Meti. Japans Wirtschaftsplaner rechnen damit, dass der Stromverbrauch durch die Elektrifizierung von Verkehr und Gasherden wie -boilern bis zur Mitte des Jahrhunderts um 30 bis 50 Prozent auf 1,3 bis 1,5 Terawattstunden steigen wird. Ohbayashi kalkuliert, dass Japan damit zwischen 64 und 98 Atommeilern und Kraftwerken mit fossilen Brennstoffen mitsamt Kohlendioxidabscheidung benötigen würde. „Dies ist unmöglich“, meint die Energieexpertin.
Warum Japans Regierung auf fossile Energieträger setzt
Ein umstrittener Punkt ist dabei schon Japans Wette, Kohlendioxid aus fossilen Brennstoffen abzuscheiden, zu speichern und für die Herstellung von synthetischen Brennstoffen und anderen Produkten zu verwenden. Genau diese sogenannten CCUS-Technologien sind ein wichtiger Pfeiler des japanischen Klimaplans, um Kohle- und Gaskraftwerke künftig klimaneutral betreiben zu können.
Selbst bei der Produktion von Wasserstoff setzt Japan auf CCUS. Denn das Establishment glaubt nicht daran, dass „grüner“ Wasserstoff, der emissionsfrei mit Sonnen- und Windstrom durch Elektrolyse von Wasser gewonnen wird, ausreicht. Im Gegensatz zur EU fördert die Regierung daher massiv „blauen Wasserstoff“. Das ist der Fachbegriff für Hydrogen, das aus Kohle und Gas abgespalten und dann mit CCUS-Technologien in einen klimaneutralen Energiespeicher verwandelt wird. „Der Ansatz der EU ist unserer Meinung nach zu puritanisch“, sagt Jun Arima, Japans ehemaliger Chefunterhändler in Klimaverhandlungen und jetziger Professor am Graduiertenkolleg der Universität Tokio.
Die Stichworte dafür sind Energiesicherheit, Kosten und Industriepolitik. Das energiepolitische Establishment glaubt, dass Atom- und Thermalkraftwerke wichtig sind, um die Schwankungen bei der Sonnen- und Windkraft auszugleichen. Arima schätzt zudem, „dass das Meti seinen Vorschlag als Industriepolitik und nicht nur als Umweltpolitik definiert hat“.
Denn es geht für ihn nicht nur um Sicherung der Umwelt, sondern auch der Japan AG. Gerade in der Boomregion Asien spielen Kohle und Gas derzeit eine wachsende Rolle. Arima hofft, dass Japan nicht nur sauberere fossile Kraftwerke und Brennstoffzellen für Wasserstoff, sondern auch CCUS-Techniken exportieren kann, zum Wohle der eigenen Firmen wie der Welt.
Die Atomkraft hat es allerdings noch schwerer. „In Wirklichkeit ist die Zukunft für Atomenergie sehr düster“, sagt Professor Takeo Kikkawa von der International University of Japan, der als Mitglied in einem Meti-Ausschuss Japans Energiepolitik mitgestaltet.
Japans Atomlobby kämpft ums Überleben
Ein Grund ist die Atomkatastrophe. Von den ursprünglich 54 kommerziellen Reaktoren sind derzeit nur neun in Betrieb, während nur 33 überhaupt noch die verschärften Sicherheitsvorschriften erfüllen. Und selbst wenn ihre Laufzeit von 40 auf 60 Jahre verlängert werden sollte, sinkt ihre Zahl in den kommenden 30 Jahren auf 18 und bis 2060 auf acht Atommeiler.
Noch wehrt sich das „atomare Dorf“, wie die Atomlobby in Japan genannt wird, gegen den schleichenden Tod, berichtet der frühere Regierungschef Kan: „Sie wissen, dass es zu teuer wäre, neue Anlagen zu bauen, oder dass es keine Möglichkeit gibt, den Atommüll richtig zu entsorgen. Aber es gibt viele Interessengruppen, und sie wollen, dass das so bleibt.“
Das Problem der Lobby: Die Regierung hat bisher keinen Neubau von Atomreaktoren geplant, aus guten Gründen. Zum einen ist der Widerstand der Bevölkerung still, aber zäh.Selbst Umfragen der japanischen Stiftung für Atomenergiekultur, die für eine friedliche Nutzung der Atomenergie wirbt, zeigen seit Jahren, dass rund 60 Prozent der Japaner wenigstens für einen schrittweisen Atomausstieg sind.
Zum anderen verliert das Argument an Überzeugungskraft, dass Sonnen- und Windstrom zu teuer seien. „Bis 2030 könnten erneuerbare Energien am preiswertesten sein“, meint der Akademiker Kikkawa. Er ist zwar überzeugt, dass 2050 dennoch etwa 40 Prozent aus anderen Quellen gespeist werden müssten, um für eine stabile Stromversorgung zu sorgen. Aber für ihn muss es nicht die Atomkraft sein.
Kohle und Gas sind für ihn dabei die wichtigeren Träger. „Aber das Geheimnis dabei ist die Verwendung von Ammoniak als Brennstoff in Kraftwerken“, meint Kikkawa, „das ist der Wendepunkt.“ Denn die Verbindung kann nicht nur relativ einfach verflüssigt werden und die Infrastruktur von Flüssiggas nutzen. Es speichert auch mehr Energie als Wasserstoff und wird daher von Kraftwerksbetreibern als Alternative zu fossiler Energie geschätzt.
Japan sähe nun einen Weg zur Klimaneutralität, meint Kikkawa. Aber die Atomlobby verliert damit ihr wichtigstes Argument, einen kohlendioxidfreier Großproduzent von Strom zu sein. In der Sicherheit und dem schnellen Erhöhen und Senken der Stromerzeugung seien AKWs zudem unterlegen, so Kikkawa. „Ammoniak hat die Atomkraft aufgefordert, in Rente zu gehen.“
Aber die derzeitige Regierung wird wahrscheinlich nicht auf ihn hören - und offiziell weiter an der Atomkraft festhalten. Dies wird an ihrem Siechtum in Japan wohl wenig ändern. Aber der fehlende politische Wille von Japans Regierung zu klaren Entscheidungen bindet auch im zehnten Jahr nach der Atomkatastrophe politische und finanzielle Ressourcen, die beim Ausbau anderer Energien fehlen.
Mehr: Sonderweg im Klimaschutz - Warum Japan ausgerechnet auf Wasserstoff aus Braunkohle setzt.
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Auch in Japan wird man den Wandel hin zu neuesten Technologien der Energienutzung mit der Neutrinovoltaic anwenden in der nahen Zukunft. In Indien hat die Regierung bereits jetzt grosse Investitionen getätigt, damit die Pi Car Generation eine saubere, selbstladende Elektromobilität entwickelt. Der einstige BundesVerkehrsminister a.D., Prof. KRAUSE veröffentlichte dazu kürzlich: "Das ewige Licht - Der Beginn eines neuen Zeitalters" Er begründet eindringlich, die günstigste und sauberste Variante der Energienutzung basiert auf Neutrino Technologie. Eine mobile und dezentrale Energienutzung über die Neutrinovoltaic kann jetzt möglich werden, denn sie wird die Photovoltaik ergänzen und ablösen, denn sie kann auch in vollkommener Dunkelheit Energie wandeln. Die Patente der Berliner Neutrino Energy Group sind bereit. Die Einführung der Neutrinovoltaik zur Gewinnung von elektrischem Strom unter dem Einfluss verschiedener elektromagnetischer Strahlung, einschließlich hochenergetischer kosmischer Neutrinos basiert auf neueste Forschungsergebnisse. Die auf Neutrinovoltaik-Technologie basierenden DC-Neutrinoquellen sind sehr kompakt und wetterunabhängig, erzeugen in einem Grundmodus 24h x 365 Tage Strom und können in Gerätegehäuse oder sogar in Elektroautos eingebaut werden. Sie sind in der Lage, sowohl Geräte als auch einzelne Haushalte und Elektroautos ohne Anschluss an eine zentrale Stromversorgung mit Strom zu speisen. Mobile und dezentrale Haushaltsenergie sowie unendliche Reichweiten für die Elektromobilität werden unser Leben weltweit positiv wandeln. Die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften hat in einer von Daimler Benz beauftragten Studie die Effizienz der Technologie und die im Patent deklarierten Eigenschaften der Neutrino-Voltaik bestätigt. Diese Investition wird unermesslich an Wert gewinnen, denn die innovative Neutrino-Technologie ist vielfältigst einsetzbar zum Wohle aller und überall weltweit.