Energieversorgung EU-Kommission benennt Werkzeuge im Kampf gegen hohe Preise und erwägt gemeinsamen Gas-Einkauf

„Die Kommission hilft Mitgliedstaaten, umgehend Maßnahmen zu ergreifen, um die Konsequenzen für Bürger und Unternehmen diesen Winter zu mildern.“
Brüssel, Berlin Europäische Haushalte und Unternehmen sollten nach Ansicht der EU-Kommission möglichst schnell vor den rasant steigenden Energiepreisen geschützt werden. Energiekommissarin Kadri Simson stellte am Mittwoch eine sogenannte „Toolbox“ mit Werkzeugen vor, die EU-Länder anwenden können, ohne gegen die europäischen Wettbewerbsregeln zu verstoßen.
Unter anderem schlägt die Kommission direkte Zahlungen, Steuererleichterungen und Subventionen für kleine Unternehmen vor. Sie erwägt aber auch mittelfristige Reformen, um den europäischen Energiemarkt auf lange Sicht robuster zu machen.
„Es ist wichtig, schutzbedürftige Bürger und europäische Unternehmen zu unterstützen während wir aus der Pandemie kommen und den Aufschwung beginnen“, sagte Simson. „Die Kommission hilft Mitgliedstaaten, umgehend Maßnahmen zu ergreifen, um die Konsequenzen für Bürger und Unternehmen diesen Winter zu mildern.“
Die „Toolbox“ beinhaltet auch mögliche Maßnahmen gegen zukünftige Preisschwankungen. So will die Brüsseler Behörde sich einen Vorschlag für gemeinsame Gaseinkäufe und Gasreserven genauer anschauen. Man werde untersuchen, ob so ein Vorgehen den Ländern Vorteile bringe, erklärte Simson.
Auch soll die Konstruktion des europäischen Energiemarktes unter die Lupe genommen werden. „Die aktuelle Lage ist außergewöhnlich, der Energie-Binnenmarkt hat uns aber 20 Jahre genutzt“, sagte die Energie-Kommissarin. Die mittelfristigen Maßnahmen der „Toolbox“ sollen bei einem EU-Gipfel Ende kommender Woche besprochen werden.
Bisherige Maßnahmen alle in Einklang mit EU-Recht
Die bisherigen Reaktionen der Staaten auf die hohen Preise stünden im Einklang mit EU-Recht ergänzte Simson. 20 Staaten haben unter anderem mit Steuer-Senkungen oder Hilfen für Ärmere reagiert.
In Deutschland treffen die hohen Energiepreise auf die Gespräche zur Regierungsbildung und die Bemühungen, die Klimaschutzziele zu erreichen. Unter anderem der Preis auf den CO2-Ausstoß verteuert fossile Brennstoffe weiter.
Die Gründe für die hohen Preise liegen zum einen in der wirtschaftlichen Erholung der Staaten nach der Corona-Krise. Auch der vergangene, vergleichsweise strenge Winter habe beigetragen, da die Gasspeicher nicht so gut gefüllt wie sonst seien.
Es gibt auch Stimmen, die Russland mitverantwortlich machen, da es kaum zusätzliches Erdgas liefere. Etwa bei den Grünen in Deutschland nährt dies den Verdacht, damit wolle das Land Druck auf eine schnelle Inbetriebnahme der Gas-Pipeline Nordstream 2 machen.
Erdgaspreise in Europa erreichen Rekordhoch
Auch Spritpreise auf Rekordkurs
Am Mittwoch erklärte die russische Regierung erneut, man liefere nach den bestehenden Verträgen das Maximum. Mehr sei nur nach Aushandlung neuer Abkommen möglich.
Nicht nur bei den Gaspreisen, sondern auch an der Tankstelle bekommen die Verbraucher den Preisanstieg derzeit massiv zu spüren: Die Spritpreise steigen immer weiter. Inzwischen haben Diesel und Super E10 Neunjahreshochs erreicht, wie der ADAC am Mittwoch mitteilte. Nur im Rekordjahr 2012 war Sprit kurz noch einige Cent teurer, doch die Abstände schrumpfen zusehends.
Besonders Diesel legte zu: Am Dienstag kostete der Treibstoff im bundesweiten Tagesdurchschnitt laut ADAC 1,526 Euro pro Liter – 4,8 Cent mehr als vor einer Woche. Damit fehlen bei Diesel noch 2,8 Cent zum Allzeithoch aus dem August 2012. Auch E10 verteuerte sich deutlich. Am Dienstag war es mit 1,647 Euro pro Liter um 3,8 Cent teurer als vor Wochenfrist. Zum Allzeithoch aus dem September 2012 fehlen damit noch 6,2 Cent.
Bundesregierung plant keine zusätzlichen Maßnahmen
Die amtierende Bundesregierung plant keine zusätzlichen staatlichen Maßnahmen gegen die steigenden Energiepreise. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Mittwoch in Berlin, er könne solche Maßnahmen, die die nächste Regierung betreffen würden, nicht ankündigen.
Die Bundesregierung verfolge die Preisentwicklung kontinuierlich. Es seien bereits Entlastungen beschlossen worden: eine Senkung der EEG-Umlage zur Förderung des Ökostroms aus staatlichen Mitteln, eine Erhöhung der Pendlerpauschale sowie Verbesserungen beim Wohngeld.
Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums sagte, die Versorgungssicherheit in Deutschland sei weiter hoch. Die Nachfrage werde vollständig im Markt bedient. Das Ministerium sehe derzeit keine Versorgungsengpässe bei der Gasversorgung in Deutschland.
Die Gasspeicher in Deutschland seien derzeit zu 75 Prozent gefüllt, in den vergangenen Wochen habe es eine Steigerung gegeben. Ein ähnliches Niveau habe es 2015/2016 gegeben, damals sei das Land gut durch den Winter gekommen. Die Gasspeicher seien in den vergangenen Jahren höher befüllt gewesen.
Es gebe keine staatliche Zielvorgabe, dies sei Sache des Marktes. Dieser habe bereits auf die weltweit gestiegene Nachfrage nach Gas reagiert. So habe Norwegen sein Fördervolumen erhöht.
Die Sprecherin von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte, wichtig sei es, mittelfristig den Energie-Binnenmarkt und die erneuerbaren Energien auszubauen. Dies verringere den Energieimport und wirke preisdämpfend. Sie verweis zudem auf die Forderung Altmaiers, die milliardenschwere EEG-Umlage abzuschaffen und einkommensschwache Haushalte angesichts der gestiegenen Energiepreise im Blick zu halten.
Mehr: Gaspreisschock für die Weltwirtschaft – „Energiekrise wird für viele Firmen zur Überlebensfrage“
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Dem Otto-Normal-Verbraucher ist das nur schwer verständlich, da es gefühlt keine Korrelation zum Rohölpreis gibt. Außer dieser steigt natürlich, dann wird Benzin entsprechend teurer. Fällt der Preis pro Barrel, sinkt der Benzinpreis kaum - bzw. gefühlt kaum. So bleibt das Thema aufgeladen und der gefühlte Preis immer zu hoch. Da wäre eine Preisgrafik für's Verständnis sicherlich hilfreich, da die 0815 Erklärung Kraftstoffsteuer entsprechend nur im Verhältnis greift. Gute Fahrt!