Im kommenden Jahr wird der Haushalt um zusätzliche 730 Millionen Euro belastet. Schäuble und seine Kollegen kommen Athen vor allem in zwei Punkten entgegen: Zunächst werden die Zinsen für die laufenden Notkredite gesenkt und die EFSF-Kredite über 2020 hinaus gestundet. Die Ersparnis für Athen: fünf Milliarden Euro bis 2014. Die Mindereinnahmen für den Bund: 130 Millionen Euro pro Jahr. Zum zweiten werden Gewinne, die die Zentralbanken durch den Kauf von Staatsanleihen erzielen, nicht länger einbehalten, sondern an Athen weitergereicht. Das Ersparnis für Hellas bis 2014: 4,1 Milliarden Euro. Der Verlust für den Bund: 599 Millionen Euro im nächsten Jahr und 2,7 Milliarden Euro insgesamt bis 2030. Und ein Großteil muss vom Bund wirklich bezahlt werden - weil die Bundesbank nur einen geringen Teil ihrer eigentlichen Gewinne in Schäubles Budget weiterleitet.
Im Gegenteil: Zwar soll Athens Finanzbedarf bis 2014 ohne Aufstockung der Kredite des bisherigen Rettungsprogramms gedeckt werden. Zugleich hat sich die Eurogruppe aber dazu bekannt, "weitere Maßnahmen und Hilfen in Betracht zu ziehen", wenn in zwei Jahren die Schuldentragfähigkeit des Landes noch nicht näher gerückt ist. Die Bedingung: Das Land muss bis dahin einen deutlichen Primärüberschuss erreichen, also ein Haushaltsplus ohne Schuldendienst. Denn dann könnte Athen seine Rechnungen ohne neue Notkredite bezahlen, und es wäre "eine andere Rechtsgrundlage" als heute gegeben, wie Schäuble formuliert.
Der Hintergrund: So lange neue Kredite fließen, dürfen die Euro-Partner nicht zugleich auf eine Rückzahlung verzichten. Ist (vorerst) alles überwiesen, dann entfällt die rechtliche Hürde für den Schnitt. "Wir gehen schrittweise vor", sagt Schäuble. Das Ziel mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) ist vereinbart: Die Schuldenquote von knapp 190 Prozent der Wirtschaftsleistung im kommenden Jahr bis 2016 auf 175 Prozent und bis 2022 auf "deutlich unter" 110 Prozent zu drücken. Ohne Erlass - so sind sich viele Fachleute einig - wird das nicht gelingen. Die Griechenlandrettung bleibe "ein Fass ohne Boden", mahnt Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn.
Der neue Rettungsplan sieht vor, dass das Land für 10,2 Milliarden Euro Kredite von Privatinvestoren zurückkauft, und zwar zum Marktpreis von rund 30 Prozent des Nennwertes. Die Hoffnung: Ein Großteil der Investoren lässt sich darauf ein, und Griechenland kann rund 20 Milliarden Euro seiner Schulden durch den Rückkauf "löschen". Damit könnte der Berg auf einen Schlag um einen Anteil von zehn Prozent der Wirtschaftsleistung abgetragen werden.
Der Haken: Die Privatgläubiger - vor allem griechische Banken - müssten Schuldscheine im Wert von 100 Euro für 30 Euro an Athen verkaufen - und den Verlust abhaken. "Warum sollten sie?", fragt sich ING-Analyst Carsten Brzeski. Schließlich seien Banken und Fonds schon beim ersten Schuldenschnitt im Frühjahr "gemolken" worden. Allerdings haben viele Hedgefonds genau darauf spekuliert. Sie haben sich Papiere zu noch viel niedrigeren Preisen gekauft - und können sie jetzt mit Gewinn an Athen zurück verscherbeln.
Da ist zum einen die Belohnung für große Leistungen in Griechenland: Das Haushaltssaldo wurde gegenüber 2009 um zwei Drittel auf gut 13 Milliarden Euro gekürzt. Die Verwaltung wurde modernisiert, die Steuereinziehung verbessert, das Rentenalter auf 67 Jahre angehoben, der Mindestlohn gesenkt und die Lohnstückkosten hart gedrückt. Alle Vorleistungen wurden erfüllt, attestiert die Troika in ihrem Zeugnis. Darüber hinaus gibt es einen tieferen Grund: Ein Stopp der Griechenland-Rettung könnte die Eurozone noch immer ins Chaos stürzen, fürchtet man in Berlin, Paris und Brüssel. Die wirtschaftlichen und politischen Folgen will niemand verantworten.
Neben weiteren Strukturreformen muss Athen auch weitere Souveränität abgeben: Die Rückflüsse aus den Notenbankgewinnen, 30 Prozent des Haushaltsüberschusses und alle Privatisierungserlöse müssen auf ein Sperrkonto eingezahlt werden, von dem nur Schulden bedient werden dürfen. Außerdem wird es eine permanente Troika-Kontrolle geben. Und für alle Ministerien wurde ein Ausgabendeckel eingerichtet, der den finanziellen Spielraum drastisch einschränkt. Wegen der bitteren Pillen hofft Schäuble, dass die anderen Programmländer, Portugal und Irland, nun nicht die gleichen Zugeständnisse der Euro-Partner einfordern werden.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.
@hafnersp
"... Ich mache es ähnlich, lese im wesentlichen Schlagzeilen und den Kopfabschnitt ..."
Auch noch den Kopfabschnitt. Du mußt Zeit haben ;-)
Zensur? Naja, lese Dir mal Kommentare bei CNBC durch.
Da liest man Kraftausdrücke und Diffamierungen, die (zugegebenermaßen) teilweise unter der Gürtellinie sind.
Muß nicht sein, aber da gilt wirklich noch Meinungsfreiheit.
In diesem Propaganda-Blatt hier werden doch schon unerwünschte Meinungen zensiert...
Nachtrag: kaum lobe ich die liberale Zensurpolitik, schon ist ein Zensor mit dem Schlachtermesser unterwegs und meuchelt. Grenzwertig!
Allein die Übeschrift sagt doch alles: nach der Rettung ist immer vor der Rettung.In 9 Monaten dürfen wir endlich abstimmen! Mein Eindruck, wenn ich die vielen Foren lese: es braut sich was zusammen.
@Volksverdummung
Möglicherweise hängt das Überleben des Handelsblatt (während andere Blätter sterben) an den Kommentaren und der doch insgesamt sehr liberalen Zensurpolitik des HB (eine gewisse "Zensur" muß aus Qualitätsgründen schon sein).
Ich mache es ähnlich, lese im wesentlichen Schlagzeilen und den Kopfabschnitt und gehe dann meist gleich zu den Kommentaren, weil man die "Propaganda" meist schon daraus ahnen kann.
Seit der Vorstellung der Redaktion im Rahmen ihres Artikels zur Europa-Nobelpreisverleihung habe ich allerdings den Eindruck gewonnen, daß sie nicht nur (absichtliche) Propaganda betreiben, sondern tatsächlich an das meiste glauben, was sie (selbst) verfassen. Mein Eindruck war, die leben tatsächlich noch mehrheitlich im Wolkenkuckucksheim der 68er-Strömung (Mainstream heute). Die Zeit der Illusionen ist aber vorbei.
Nach dem Schuldenschnitt ist vor dem Schuldenschnitt. Griechenland ist auf einem guten Weg - ein Running Gag der Geschichte.
Merkels Schneeballsystem geht demnächst die Luft aus. Der gierige Geldadel und seine Helfershelfer auf einflussreichen Posten haben ihre Schäfchen schon längst im Trockenen. Der Dumme ist der kleine Sparer, der kleine Rentner, der kleine Arbeitnehmer. Eben diejenigen, denen schon jetzt das Einkommen nicht zum Überleben reicht, die nur als lästiges Stimmvieh missbraucht und danach entsorgt werden. Willkommen in der neuen Welt, in der von den Reichen und Mächtigen Solidarität gepredigt und unglaublicher Egoismus gelebt wird.
Rainer_J
Bei dieser - nennen wir es mal Schuldenbegradigung - sitzen nicht die Griechen im Pilotensessel sondern ...
nennen wir sie mal "Finanzmagier" der Bankenkartelle.
Die "Griechen" sind nur noch Passagiere, wie wir auch.
Auch die Finanzmagier sind keine Betrüger im eigentlichen Sinn (das geschah vorher), sondern sie versuchen nur den schon seit langem angerichteten Schaden auf die verschiedenen (mehr oder weniger starken) Schultern zu verteilen. Gerechtigkeit ist dabei sicher kein Kriterium und die Kriterien sind genauso sicher nicht unbedingt dem Wohl der Völker gewidment. Es geht ums Überleben des Finanzsystems und seiner Profiteure.
Linke Tasche, rechte Tasche, die Zaubertricks der GR. Schneeball- Systeme sind eigentlich verboten, aber wer kümmert sich in Europa noch um Gesetze? Aufrichtigkeit, Anständigkeit, Ehrlichkeit...., das sind Phrasen von gestern. Betrügereien sind an der Tagesordnung – lupenreine Demokraten.
Und das Schöne dabei, immer verächtlich den Finger auf Putin zeigen!
Saubande!
Mit dem griechischen Schuldenrückkauf stimmt irgendetwas nicht - da werden wir wieder einmal hinter die Fichte geführt. Habe Gerüchte gehört, welche davon ausgehen, dass es nicht genug Einreicher gab und der Rest der Papiere aus "öffentlichen" Beständen kommen soll (vielleicht aus der EZB, über Umwege?) Das hieße dann im Ergebnis Schuldenschnitt zu Lasten der Steuerzahler! Aber wie gesagt, bislang nur ein Gerücht.
Ich lese mir die gequirlte Sch.... in diesem Propaganda-Blatt schon lange nicht mehr durch.
Warum sich über diesen Senf hier aufregen?
Ich freue mich jeden Morgen nur auf Eure Kommentare hier.