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Erste Pressekonferenz „Ich wurde gewählt, um Probleme zu lösen“ – Joe Biden setzt auf den Wirtschaftsaufschwung

Joe Biden knüpft den Erfolg seiner Präsidentschaft an eine Konjunkturerholung. In seiner ersten Fragestunde gibt er sich souverän – gerät aber bei einem Thema in die Defensive. 
25.03.2021 - 21:35 Uhr Kommentieren
Biden präsentierte sich bei seiner ersten Pressekonferenz souverän und sprach Minuten am Stück über Jobzahlen, China oder Amerikas Infrastrukturprobleme.  Quelle: AP
US-Präsident Joe Biden

Biden präsentierte sich bei seiner ersten Pressekonferenz souverän und sprach Minuten am Stück über Jobzahlen, China oder Amerikas Infrastrukturprobleme. 

(Foto: AP)

Washington US-Präsident Joe Biden tritt in ein neue, komplizierte Phase seiner Präsidentschaft ein. Erst Anfang März brachten die US-Demokraten ein knapp zwei Billionen schweres Konjunkturpaket auf den Weg, doch Washington plant schon weitere, noch teurere Investitionen. Allerdings könnte es dieses Mal schwieriger werden, den Rückhalt für frische Ausgaben zu sichern, auch weil es in den USA erste Anzeichen für einen Aufschwung gibt.

Rund zwei Monate nach Amtsantritt ließ sich der US-Präsident am Donnerstag das erste Mal ausführlich in einer Pressekonferenz befragen. So lange wie er wartete noch kein US-Präsident damit. Biden gab sich betont pragmatisch. „Come on!“, rief er an mehreren Stellen, wenn er Fragen überflüssig fand. „Ich wurde gewählt, um Probleme zu lösen, also konzentrieren wir uns doch bitte darauf.“ Er versprach unter anderem, das bisherige Impfziel der USA zu verdoppeln

Biden, der das Weiße Haus seit seiner Zeit als Vizepräsident von Barack Obama in- und auswendig kennt, demonstrierte Gelassenheit in der Machtzentrale. Biden hielt die Hände in den Taschen, wippte am Rednerpult von links nach rechts, und er sprach Minuten am Stück über Jobzahlen, China oder Amerikas Infrastrukturprobleme. 

Alles unter Kontrolle, war Bidens Kernbotschaft – gekoppelt mit dem Versprechen, die USA befänden sich nach gut einem Jahr Covidkrise auf dem Weg der Genesung. Interessanterweise stellte kein einziger Journalist eine Frage speziell zur Pandemie. Das zeigt, dass sich der Fokus der Aufmerksamkeit gerade wegbewegt von Corona. Mehr als ein Viertel der Bevölkerung wurde bereits geimpft, die USA scheinen sich allmählich auf eine Zeit nach Corona vorzubereiten. 

Diese und andere Erkenntnisse aus Bidens Fragestunde im Überblick: 

1. Bidens Präsidentschaft hängt am Aufschwung

Die führenden Wirtschaftsinstitute haben ihre Wachstumsprognosen für 2021 nach oben korrigiert, zum Teil auch wegen des jüngsten Konjunkturpakets. Biden betonte, dass ihn der geschlossene Widerstand der Republikaner im US-Kongress nicht störe. „Ich bin ein pragmatischer Typ, ich möchte Dinge erledigt kriegen“, sagte er.

Der Präsident eröffnete die Pressekonferenz mit ersten positiven Meldungen vom Jobmarkt, die wöchentliche Zahl neuer Arbeitslosenanträge sank zum ersten Mal auf das Niveau vor der Pandemie. Biden knüpfte den Erfolg seiner Präsidentschaft daran, ob ihm ein nachhaltiger Aufschwung gelingt, der auch die wachsende soziale Ungleichheit in den USA mildert. Er erklärte, die Wirtschaft habe noch einen langen Weg vor sich und dass „immer noch zu viele Amerikaner arbeitslos und zu viele Familien angegriffen“ seien.

Der Präsident wird kommende Woche in die frühere Industrie-Metropole Pittsburgh reisen, um sein nächstes Investitionspaket vorzustellen. Der rund drei bis vier Billionen Dollar teure Stimulus, den die Regierung anvisiert, soll neben Geldern für Infrastruktur auch Fördermittel für erneuerbare Energien und Bildung enthalten. Es wäre das erste Mal, dass die USA den Klimaschutz zum Leitmotiv einer Wirtschaftsreform erheben.

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Es ist sehr wahrscheinlich, dass im Gegenzug die Steuern erhöht werden, weshalb Biden stark für das Paket werben muss. „Wenn ausländische Firmen zu uns kommen, fragen sie als Erstes: Wo ist der nächste Highway, Flughafen, Wasseranschluss? Es geht hier um alles, um Produktivität und gute Jobs“, sagte Biden und prangerte an: „China investiert dreimal mehr in Infrastruktur als wir.“

Unklar ist, ob Biden am Ende tatsächlich ein Bau- und Klima-Paket dieser Reichweite durch den Kongress bekommt. Die Mehrheitsverhältnisse im Kongress sind extrem knapp. 

2. Die Krisen der USA sind nach Corona nicht vorbei

Biden wollte an seiner Kernbotschaft festhalten, dass es dank seiner Regierung aufwärtsginge im Land. Er hatte viele Zahlen parat und eine Mappe mit Fakten zur Unterstützung vor sich. Doch auf ein Reizthema kamen die fragenden Reporter immer wieder zurück: die Einwanderungskrise an der Grenze zu Mexiko.

Die Lage ist angespannt, zuletzt griffen die Behörden so viele minderjährige Flüchtlinge aus Zentralamerika auf wie seit 20 Jahren nicht mehr. Vom Ausmaß wurden die Behörden überrascht, wie Innenminister Alejandro Mayorkas kürzlich einräumte, auch wenn die Zahlen um diese Jahreszeit öfter ansteigen.

Erste Bilder aus überfüllten Auffanglagern wecken Erinnerungen an dicht gedrängte Jugendliche während der Trump-Regierung. Jetzt muss Biden die Situation erklären. „Das ist nicht akzeptabel“, sagte er und versprach, in den kommenden Tagen rund 1000 unbegleitete Minderjährige in größere Einrichtungen verlegen zu lassen.

Zwei Reporterinnen, die gerade von der Grenze zurückkamen, konfrontierten den Präsidenten mit erschütternden Beobachtungen. Unter anderem sei ihnen ein neunjähriger Junge allein über den Weg gelaufen, und ein Auffanglager wäre „zu 1156 Prozent Kapazität“, also mehr als das Zehnfache, belegt gewesen. Biden zeigte glaubwürdig Mitgefühl, aber das Thema trifft ihn an einer Schwachstelle.

Wie seine Vorgänger im Amt dürfte auch er daran scheitern, eine grundlegende Reform des Asylrechts auf den Weg zu bringen. „Ich kann nicht versprechen, dass wir es lösen, aber wir werden es besser machen“, sagte er. Biden, der sonst proaktiv an Krisen herangeht, wirkt hier in der Defensive. In dieser Woche beauftragte er Vizepräsidentin Kamala Harris mit Verhandlungen über ein Flüchtlingsabkommen mit Mexiko und Zentralamerika. Es ist ein erster Schritt.

Die Einwanderungskrise ist ein ähnlicher Dauerbrenner wie die Waffengewalt. In den vergangenen Wochen hatte es erneut mehrere tödliche Massenschießereien gegeben – ohne Konsequenzen in der Gesetzgebung. 

3. Biden will Spekulationen über seine Zukunft beenden 

„Ja, mein Plan ist es, zur Wiederwahl anzutreten. Das ist meine Erwartung“, sagte Biden auf die Frage, ob er 2024 eine zweite Amtszeit anstrebe. Aufgrund seines Alters gilt es in Washington als realistische Option, dass Biden nur eine Amtszeit absolvieren könnte – und Biden selbst hatte dieses Szenario im Wahlkampf nicht ausgeschlossen.

Doch der Präsident kann zu diesem Zeitpunkt gar nichts anderes sagen, als dass er noch einmal antreten wird. Alles andere würde den Eindruck erwecken, seine politischen Tage seien gezählt. Biden wäre ab sofort eine „lame duck“, sein Status angekratzt.

Biden schien bei seinem Auftritt um Dynamik bemüht. Er machte viele Scherze, unter anderem darüber, dass er Donald Trump „vermisse“. Auf Nachfrage, ob er an eine erneute Kandidatur Trumps glaubte, konterte der Präsident: „Keine Ahnung, vielleicht gibt es die Republikaner bis dahin gar nicht mehr.“ Sollte Biden 2024 nicht mehr antreten, hätte Harris die besten Chancen auf die Spitzenkandidatur der Demokraten.

Unter Bidens Gegnern flammen die Spekulationen über die Gesundheit des Präsidenten immer wieder auf. Konservative Medien zeigten kürzlich ein Video, in dem Biden beim Treppensteigen stolpert, rauf und runter.

Biden kann derzeit wenig tun, um solche Attacken zu verhindern – aber er kann für den Moment öffentlich unterstreichen, dass er stabil im Oval Office sitzt. Genau das hat er in seiner Pressekonferenz getan.

Mehr: Biden plant neue Billionen-Investitionen – dafür sollen die Steuern steigen

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