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EU-Kommission Vestager gegen Apple: Kartellklage gegen den Tech-Konzern naht

Die EU-Kommission bereitet ein Kartellverfahren gegen den iPhone-Hersteller vor. Der Druck auf den Konzern aus Kalifornien wächst – auch in den USA.
27.04.2021 - 18:18 Uhr Kommentieren
Die Vize-Kommissionspräsidentin will rechtliche Schritte gegen Apple einleiten. Quelle: AFP
Margrethe Vestager

Die Vize-Kommissionspräsidentin will rechtliche Schritte gegen Apple einleiten.

(Foto: AFP)

Düsseldorf, Brüssel Die EU-Kommission nimmt den nächsten großen Technologiekonzern ins Visier: Die Brüsseler Behörde bereitet ein Kartellverfahren gegen den iPhone-Hersteller Apple vor, das noch in dieser Woche offiziell verkündet werden könnte. Wie in solchen Fällen üblich, schweigt die Kommission offiziell, auch der Konzern äußert sich nicht. Die „Financial Times“ hatte zuerst über die Pläne berichtet. Inzwischen wurde der Bericht von anderen Quellen bestätigt.

Der Druck auf Apple nimmt damit zu. Der Elektronikhersteller konnte bislang Kartellverfahren weitgehend vermeiden, anders als beispielsweise Google und Amazon, muss aber nun in Europa eine intensive Prüfung fürchten. Erst in der vergangenen Woche stand der Konzern vor dem US-Kongress in Washington für seine Geschäftspraktiken in der Kritik. Und in der kommenden Woche beginnt vor einem Gericht in Kalifornien ein Prozess, in dem der Spieleentwickler Epic gegen die App-Store-Regeln klagt.

Die Ermittlungen der EU gehen zurück auf eine Beschwerde des Musikdienstes Spotify im März 2019. Apple, so der Vorwurf, missbrauche seine Marktmacht, um Konkurrenten zu benachteiligen. Konkret geht es um den App Store, in dem sich Kunden Programme für iPhone, iPad und Mac-Computer herunterladen können.

Beim Verkauf von Software und beim Abschluss von Abos wird eine Gebühr von 15 bis 30 Prozent fällig, die nach Einschätzung von Spotify-Chef Daniel Ek „die freie Wahl einschränkt und Innovation behindert“ – der Manager spricht regelmäßig von einer „Apple-Steuer“. Der Streamingdienst sieht sich dadurch gegenüber einem direkten Konkurrenten im Nachteil: Apple bietet mittlerweile selbst ein Musikabo an.

Bei der EU-Kommission hat das Argument verfangen. „Wir müssen sicherstellen, dass Apples Regeln nicht zu Wettbewerbsverzerrungen auf Märkten führen, auf denen Apple mit anderen App-Entwicklern konkurriert, etwa mit seinem Musikstreaming-Dienst Apple Music oder mit Apple Books“, sagte die für Wettbewerb zuständige Vizekommissionschefin Margrethe Vestager, als sie die Ermittlungen einleitete.

Steuernachzahlungen in Irland

Es ist nicht der erste Konflikt, den die Dänin mit Apple ausficht. 2016 ordnete sie an, dass der Konzern in Irland 13 Milliarden Euro an Steuern nachzahlen muss. Dagegen wehrte sich der Elektronikhersteller aber erfolgreich vor Gericht, das die Forderung annullierte. Gegen dieses Urteil hat die EU-Kommission Berufung eingelegt, sie wolle „alle verfügbaren Mittel“ nutzen, sagte Vestager.

Die EU-Ermittlungen umfassen im Kern zwei Vorwürfe. Zum einen geht es um die Provision, die Apple bei Einkäufen und Vertragsabschlüssen im App Store abzwackt. Die Preispolitik ist in den vergangenen Monaten massiv in die Kritik geraten. Unternehmen wie der Spieleanbieter Epic Games („Fortnite“) und der Musikdienst Deezer haben eine „Coalition for App Fairness“ gegründet, mit der sie auf eine Änderung der Regeln drängen.

Daneben überprüft Vestager das Bezahlsystem Apple Pay. Die Kommission untersucht, ob die Geschäftsbedingungen für die Nutzung in kommerziellen Apps und auf Websites den Wettbewerb verzerren. Außerdem kritisiert die Kommissarin, dass sich die bequeme iPhone-Funktion „tap and go“ nur für Zahlungen mit Apples eigenem Bezahlsystem nutzen lässt, was andere Anbieter benachteilige.

Apple erklärt, dass Spotify „finanzielle Motive in irreführende Rhetorik“ kleide – so formulierte es der Konzern 2019 als Reaktion auf die Kartellbeschwerde in einem Blogpost. Die Argumentation geht so: Der App Store bietet Entwicklern eine Plattform, um die Nutzer zu erreichen, und unterstützt sie mit Werkzeugen für die Softwareentwicklung und mit einem sicheren Bezahlsystem.

Um das zur Verfügung zu stellen, so heißt es bei Apple, verlangt man die Gebühren von Entwicklern, die digitale Güter oder Abos innerhalb der Apps verkaufen. Ein Großteil der Programme auf der Plattform ist aber kostenlos oder finanziere sich anderweitig, etwa mit Werbung.

App-Entwickler hoffen auf Konzessionen

Unternehmen wie Spotify und Deezer halten dem entgegen, dass die Gebühr hoch sei und auch noch an einen direkten Konkurrenten fließe – und das in einem Geschäft mit sehr niedrigen Margen. Zudem monieren sie, dass sie in ihren Apps nicht auf eigene Bezahlmechanismen hinweisen dürfen. „Du kannst in der App kein Upgrade auf Spotify Premium durchführen. Wir wissen, dass das nicht optimal ist“, heißt es beim Musikdienst – einen Link zur Website gibt es nicht.

Die App-Entwickler hoffen auf Konzessionen. Dazu hat sich Apple in der Vergangenheit – teils nach Kritik – durchaus bereit gezeigt. So sinkt die Umsatzbeteiligung bei Abos nach dem ersten Jahr auf 15 Prozent. Zudem hat der Konzern zum Jahreswechsel eine Sonderregel für Entwickler mit einem Umsatz von weniger als einer Million Dollar im App Store, die ebenfalls nur noch 15 Prozent zahlen. Konzerne wie Spotify bleiben dabei aufgrund ihrer Größe allerdings außen vor.

Das Geschäftsmodell des App Store steht auch in einem Gerichtsverfahren zur Diskussion: Epic Games, der Entwickler des Spiels „Fortnite“, klagt nach einem monatelangen erbitterten Streit dagegen, dass Apple keine Apps mit alternativen Bezahlmethoden erlaubt. 

Vor der ersten Verhandlung am 3. Mai hat das zuständige Gericht in Kalifornien zahlreiche Dokumente veröffentlicht, die einige pikante Details enthalten. Der Spielehersteller behauptet beispielsweise, dass der Elektronikkonzern die Apps nur sehr oberflächlich auf Verstöße gegen die Regeln überprüfe und immer wieder betrügerische Programme zulasse. Die Schutzmaßnahmen seien so, als gehe man mit einem „Plastikmesser zu einer Schießerei“, erklärte ein leitender Apple-Mitarbeiter in einer internen E-Mail, die Epic im Zuge des Verfahrens einsehen konnte.

Das steht im Widerspruch zu der Darstellung des iPhone-Herstellers, den Kunden eine sichere, weil kuratierte Umgebung zu bieten – auch durch die Beschränkung auf das eigene Bezahlsystem. Der Konzern betont nach wie vor, dass es auf seiner Plattform deutlich weniger betrügerische Aktivitäten gebe als etwa im Play Store von Android.

Mehr Regeln für Gatekeeper

In Europa dürfte sich auch abgesehen vom Kartellverfahren etwas tun. Aus Sicht der EU hat Apple eine „Gatekeeper“-Rolle übernommen, fungiert also quasi als Pförtner, der mit seinem App Store über den Marktzugang von anderen Unternehmen entscheidet. Damit steht der Konzern unter besonderer Beobachtung, künftig noch mehr als heute: Die EU-Kommission will digitale Plattformen mit dem Digital Markets Act (DMA) stärker regulieren.

„Es ist gut, dass die Kommission bei den Gatekeeper-Unternehmen genau hinsieht“, sagt der CDU-Europa-Abgeordnete Andreas Schwab. „Allerdings müssen wir aufpassen, dass wir nicht alle Digitalfirmen in einen Topf werfen.“

Das Geschäftsmodell von Apple, das vor allem auf dem Verkauf von Hardware und darauf abgestimmter Software beruht, bereitet Schwab weniger Sorge als das werbegetriebene Google und Facebook, das auf dem Sammeln von Nutzerdaten beruht und damit Grundrechtsfragen aufwirft.

Mehr: Apple hat die finale Version von iOS 14.5 veröffentlicht. Das Update steht nun in Deutschland zum Download bereit. Doch welche Neuerungen bringt iOS 14.5 mit sich?

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