EU-Wiederaufbaufonds „Gute Lösung“ oder „ambitionsloses Stückwerk“? – Scholz und Le Maire stellen Corona-Aufbaupläne vor

Mit halber Kraft voraus stellen die Minister ihre Pläne vor.
Brüssel, Paris Kaum dass die Pressekonferenz begonnen hatte, wurde es bereits historisch: „Wir haben ein neues Kapitel in Europas Geschichte aufgeschlagen“, sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), als er am Dienstag mit seinem französischen Amtskollegen Bruno Le Maire erläuterte, wie Berlin und Paris die Milliardensummen aus dem Wiederaufbaufonds der EU nutzen wollen. Nichts Geringeres als die ökologische und digitale Transformation Europas streben sie an. Der deutsch-französische Motor laufe auf Hochtouren, schwärmte Scholz.
Außerhalb von Berlin und Paris sind davon jedoch nur wenige überzeugt. Zwar sei es richtig, dass der 750 Milliarden Euro umfassende Wiederaufbaufonds maßgeblich auf eine Initiative von Scholz und Le Maire zurückgeht, heißt es in EU-Kreisen.
Aber bei der Umsetzung fehle nun ausgerechnet Deutschland und Frankreich der Elan. „Ambitionsloses Stückwerk“ habe Scholz abgeliefert, kritisiert die grüne Europapolitikerin Franziska Brantner. Tatsächlich wollen Berlin und Paris die Milliarden der EU überwiegend dazu nutzen, ohnehin geplante Konjunkturimpulse zu bezahlen. Auch um Strukturreformen drücken sie sich weitgehend. Dafür wollen Scholz und Le Maire im Kampf für ein gerechtes Steuersystem auftrumpfen.
Die von US-Präsident Joe Biden vorgeschlagene Mindestbesteuerung internationaler Unternehmen in Höhe von 21 Prozent begrüßen sie. „Ich bin optimistisch, dass wir im Sommer eine gute Lösung haben werden“, sagte Scholz. Le Maire fügte hinzu, dass Frankreich und Deutschland seit Jahren gegen einen Unterbietungswettlauf bei den Steuern angingen, der jetzt enden könne.
Differenzen brachen dagegen bei der Frage nach der Zukunft des EU-Stabilitätspakts auf. Le Maire will eine Reform der Regeln, die eine Höchstgrenze für die Verschuldung in Höhe von 60 Prozent der Wirtschaftsleistung vorsehen.
In Frankreich ist der Schuldenstand doppelt so hoch. Auch die EU-Kommission vertritt die Auffassung, dass die Schuldenregeln angepasst werden müssten. Scholz will jedoch darauf nicht einsteigen, zumindest im Wahlkampf nicht: „Der Stabilitätspakt zeigt seine Flexibilität, in der Krise konnten wir tun, was nötig war“, sagte er.
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