Euro-Zone Italiens Finanzpolitik bleibt unberechenbar

Der italienische Finanzminister gilt in Brüssel durchaus als kooperationsbereit.
Brüssel Der Vizepräsident der EU-Kommission hat die neue italienische Regierung bereits kurz nach ihrem Amtsantritt gewarnt: „Wir können nur dazu raten, bei der Wirtschafts- und Finanzpolitik auf Kurs zu bleiben, das Wachstum mit Strukturreformen zu fördern und das Haushaltsdefizit unter Kontrolle zu behalten“, sagte Valdis Dombrovskis im Mai im Handelsblatt-Interview.
Ob die euroskeptischen Rechts- und Linkspopulisten den Ratschlag beherzigen werden, wissen sie womöglich selbst noch nicht. Die Botschaften aus Rom seien extrem widersprüchlich, berichten EU-Diplomaten. Mal verspreche die Regierung, dass Italien die Defizitquote nicht über das EU-Limit von drei Prozent steigen lasse, dann wieder verkünde sie genau das Gegenteil.
Finanzminister Giovanni Tria gilt in Brüssel durchaus als kooperationsbereit – auch weil er Fachbeamte seines in der EU hochangesehenen Vorgängers Pier Carlo Padoan im Ministerium belassen hat. Doch ob sich Tria gegen die antieuropäischen Scharfmacher der Lega durchsetzen könne, sei nicht vorhersehbar, meint ein EU-Beamter.
Die Stunde der Wahrheit schlägt am 15. Oktober. Spätestens an diesem Tag müssen alle Euro-Staaten die Eckdaten für den Staatshaushalt 2019 in Brüssel zur Prüfung einreichen. Manche Länder liefern ihren Haushaltsplan schon früher ab. Italien werde das sicher nicht schaffen und die Frist voll ausschöpfen, hieß es in Brüssel. Bis dahin bleibt der drittgrößte Euro-Staat finanzpolitisch unberechenbar – und das hat Konsequenzen.
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Die Risikoaufschläge auf italienische Staatsanleihen sind bereits nach oben geschossen. Die schwierige Haushaltslage – Italien hat nach Griechenland die zweithöchste Verschuldungsquote in Relation zur Wirtschaftsleistung – sei nicht der Hauptgrund für die Nervosität an den Märkten, meint Daniel Gros, Direktor des Forschungsinstituts CEPS. Der Ökonom hat die Risikoaufschläge genauer analysiert.

Trotz der undurchsichtigen Situation zeigt sich die Europäische Kommission optimistisch. Mittlerweile werden von den Märkten in Italien keine Ansteckungseffekte mehr erwartet.
„Die Hälfte des Anstiegs ist darauf zurückzuführen, dass Regierungspolitiker in Rom die Rückkehr zur Lira in Aussicht stellen.“ Diese Drohung werde an den Märkten offenkundig ernst genommen. Die EU-Kommission sieht die Lage an den Märkten gleichwohl nicht nur negativ. Anders als noch im Frühjahr seien keine Ansteckungseffekte mehr zu beobachten. Nur bei italienischen Bonds würden die Renditen steigen.
Spanien und Portugal seien nicht betroffen. Auch deshalb geben sich die Brüsseler Haushaltswächter nach außen hin gelassen. Es gebe keinen Notfallplan, falls Italien an den Märkten abstürze. „Der Stabilitätspakt ist unser Notfallplan. Wenn Italiens Defizit über die drei Prozent hinausschießt, wird wie üblich ein Strafverfahren eröffnet“, hieß es in Brüssel.
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