Europa-Besuch des Außenministers Chinas Außenminister besucht Europa – und sucht nach Verbündeten

Der chinesische Außenminister wirbt in Europa für den Kurs seiner Regierung. Doch angesichts des chinesischen Vorgehens in Hongkong dürfte er dabei auf wenig Gegenliebe stoßen.
Peking, Rom, Berlin Dass der chinesische Außenminister Wang Yi seinen Europabesuch ausgerechnet in Italien startete, war kein Zufall: Das Land stand der chinesischen Regierung dank üppiger Investitionen bisher in Europa noch am positivsten gegenüber. Doch jetzt zeichnet sich ein neuer, kritischerer Kurs in Rom ab.
Der Gast aus China lobte Italien für die Bewältigung der Pandemie. Dass die Reise in Rom beginne, sei Ausdruck der Wertschätzung, sagte der Außenminister. Jetzt müssten die bilateralen Beziehungen verstärkt werden, so Wang nach einem Gespräch mit seinem italienischen Amtskollegen Luigi Di Maio.
Doch ihm wurde die Schau gestohlen durch den Auftritt des Hongkonger Bürgerrechtlers Nathan Law. Der 27-Jährige war aus London angereist, wo er im Exil lebt, um die Europäer vor der Politik Chinas zu warnen. Vor dem Außenministerium in Rom traf er italienische Parlamentarier und Journalisten. „Eure Regierung versteht nicht, dass China auch für Italien eine Gefahr bedeutet“, sagte er Reportern.
Außenminister Di Maio ging nicht auf das Werben des chinesischen Außenministers ein. „Unser Bekenntnis zur EU und zur Nato ist solider als je zuvor“, sagte er zu Wang. Und in seinem Kommentar zu den Auseinandersetzungen in Hongkong blieb er auf EU-Linie: „Wir haben zusammen mit unseren europäischen Partnern bekräftigt, dass die Stabilität und der Wohlstand Hongkongs auf der Basis des Prinzips ‚ein Land, zwei Systeme‘ essenziell ist.“
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Italien hat damit eine Kehrtwende in seiner Chinapolitik gemacht. Noch vor anderthalb Jahren hatte die damalige populistische Regierung, der Di Maio als Vizepremier angehörte, als einziges EU-Land eine Absichtserklärung mit Peking zur Initiative Neue Seidenstraße unterschrieben. Doch seit einem Jahr regiert nun eine deutlich proeuropäische Koalition in Rom.
Schwieriges Terrain
Die nächsten Stationen von Wang sind die Niederlande, Norwegen, Frankreich und Deutschland. Die Reise wird von der sich weiter verschlechternden Situation in Hongkong überschattet.
Am Mittwoch führte die Hongkonger Polizei die zwei bekannten demokratischen Parlamentarier Lam Cheuk-ting und Ted Hui ab. Insgesamt wurden 16 Menschen festgenommen. Die Verhaftungen sind der neueste Schlag der von Peking gestützten Hongkonger Regierung gegen die Demokratiebewegung. Ende Juli hatte Regierungschefin Carrie Lam die eigentlich für Anfang September geplanten Parlamentswahlen in der Sonderverwaltungszone auf unbestimmte Zeit verschoben.
Lam schob die Coronakrise vor. Kritiker sahen darin einen Vorwand, um eine wahrscheinliche Niederlage des Pro-Pekinger Lagers bei den Wahlen zu verhindern.
Anfang August waren der prominente Demokratieaktivist, Verleger und Multimillionär Jimmy Lai und die bekannte Demokratieaktivistin Agnes Chow sowie mehrere weitere Personen unter Berufung auf das neue Staatssicherheitsgesetz festgenommen worden.
Trotz heftiger internationaler Kritik hatte der Nationale Volkskongress Chinas Ende Juni das Gesetz verabschiedet. Es verschafft Peking umfangreiche Eingriffsmöglichkeiten.
Regierungen weltweit hatten das Gesetz als Verstoß gegen das Versprechen gewertet, das Peking bei der Übergabe der ehemaligen britischen Kronkolonie gegeben hatte. Demnach soll Hongkong seine Autonomie auch innerhalb von China bewahren dürfen. Deutschland und andere Länder hatten als Reaktion ihre Auslieferungsabkommen mit Hongkong ausgesetzt. Die USA hatten mehrere Sanktionen erlassen.
Die chinesische Regierung betont dagegen stets, dass es sich um „interne Angelegenheiten“ handele. Die Beziehungen zwischen vielen europäischen Ländern und China stehen wegen des Verhaltens Pekings in Hongkong nicht zum Besten. Auch die Menschenrechtsverstöße gegen die ethnische Minderheit der Uiguren in der Provinz Xinjiang sorgen für Spannungen.
Kritik kommt auch aus dem Bundestag: „Der Auftakt der Europareise von Außenminister Wang Yi in Italien war mit der Unterzeichnung neuer Abkommen ein Beispiel dafür, wie sein Besuch in Berlin auf keinen Fall ablaufen sollte“, sagte Gyde Jensen (FDP), Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses, dem Handelsblatt. Es dürfe im Umgang mit China „kein business as usual“ mehr geben: „Beim Treffen mit Außenminister Wang Yi darf es keine Zugeständnisse geben.“
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