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Europäische Union 5,4 Milliarden Euro als Brexit-Ausgleich – EU-Parlament unzufrieden mit Höhe der Finanzhilfe

Die Vertreter von Städten und Regionen verlangen eine Erhöhung um eine Milliarde Euro. Europapolitiker kritisieren zudem die zu geringe Orientierung an Klima- und Digitalisierungszielen.
31.03.2021 - 18:33 Uhr Kommentieren
Bei der EU herrscht Uneinigkeit zwischen Parlament und Kommission über die Verwendung der Brexit-Finanzreserve. Quelle: dpa
Flaggen der EU in Brüssel

Bei der EU herrscht Uneinigkeit zwischen Parlament und Kommission über die Verwendung der Brexit-Finanzreserve.

(Foto: dpa)

Brüssel Mit 5,4 Milliarden Euro will die EU-Kommission die wirtschaftlichen Folgen des Brexits abfedern. Doch im Europaparlament wächst der Widerstand gegen die bisherigen Pläne der EU-Exekutive. Sowohl die Gewichtung als auch die Höhe der Finanzreserve zur Kompensation des EU-Austritts Großbritanniens sind im Europaparlament umstritten. Der EU-Ausschuss der Regionen verlangt eine Erhöhung um eine Milliarde Euro.

Großbritannien hatte nach harten und langwierigen Verhandlungen zu Jahresbeginn die EU und damit den Binnenmarkt sowie die Zollunion verlassen. Die Kommission schätzt in ihrer aktuellen Konjunkturvorschau, dass der wirtschaftliche Schaden aus dem Brexit sich auf rund 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) belaufen wird. Das wären rund 65 Milliarden Euro in allen 27 Mitgliedstaaten.

Im Europaparlament entzündet sich die Kritik an der Verteilung. Nach den Plänen der Kommission soll Deutschland allein in diesem Jahr durch die Brexit-Anpassungsreserve über 455 Millionen Euro erhalten. Nach dem alternativen Verteilschlüssel wären es voraussichtlich rund 100 Millionen Euro weniger, wie EU-Insider in Brüssel berichten.

Kontrovers wird von den Europaabgeordneten auch diskutiert, ob mögliche Einbußen für Finanzdienstleister in die Berechnung der Fördergelder einbezogen werden sollen. Bei den Grünen trifft dieser Ansatz auf Widerstand. „Wir sind dagegen, den Finanzsektor einzubeziehen, denn andere Branchen wie die Fischerei, Lebensmittel, KMU und Industrie sind beispielsweise viel stärker betroffen“, sagte der haushaltspolitische Sprecher der Grünen im Europaparlament, Rasmus Andresen, dem Handelsblatt in Brüssel.

Überhaupt ist die geplante Verwendung der Ausgleichszahlungen hochumstritten. „Ein guter Teil wird am Ende in den Fischereisektor fließen, was angesichts der Tatsache, dass die französische Regierung dieses Thema während der Verhandlungen immer wieder hochgezogen hat, nicht verwunderlich ist“, sagte der finanzpolitische Sprecher der EVP-Fraktion, Markus Ferber, dem Handelsblatt. „Wenn man zynisch sein will, könnte man sagen, dass die Brexit-Reserve nun dafür genutzt wird, die Zustimmung der französischen Regierung zum Handelsabkommen mit dem Vereinigten Königreich zu erkaufen.“

EU-Milliarden werden in zwei Tranchen überwiesen

Ob das volkswirtschaftlich die klügste Verwendung der Brexit-Reserve ist, bezweifelt Ferber. „Besser wäre es, mit diesen Geldern die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft zu stärken“, sagte der CSU-Europaabgeordnete.

Auch die Grünen sind mit der Verwendung der Milliarden unzufrieden. „Die Brexit-Reserve steht nicht im Einklang mit den Klima- und Digitalisierungszielen der EU. Es kann nicht nur darum gehen, einzelnen Branchen zu helfen“, sagte Andresen. Er fordert von der Kommission, die Brexit-Reserve „klimagerecht und digitaler“ zu machen.

Der EU-Finanzpolitiker Markus Ferber bezweifelt die richtige Verwendung der Brexit-Reserve. Mit seiner Kritik ist der CSU-Abgeordnete im Europaparlament nicht allein. Quelle: PR
Markus Ferber

Der EU-Finanzpolitiker Markus Ferber bezweifelt die richtige Verwendung der Brexit-Reserve. Mit seiner Kritik ist der CSU-Abgeordnete im Europaparlament nicht allein.

(Foto: PR)

Derzeit laufen im Haushalts- und Regionalausschuss des Europaparlaments die Diskussionen. Im späten Frühjahr kommt der Vorschlag ins Plenum der EU-Vertretung und wird anschließend mit den Mitgliedstaaten und der Kommission endgültig ausgehandelt.

Bislang soll das Geld aus der Brexit-Reserve in zwei Runden ausgezahlt werden. Die erste und größte Rate von rund vier Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt soll noch in diesem Jahr ausgezahlt werden, um Branchen und Unternehmen in den Mitgliedsländern zu helfen. Die zweite Tranche soll dann 2024 überwiesen werden. Nach dem Vorschlag der Kommission wären derzeit neben Deutschland auch Belgien, Dänemark, Irland, Frankreich und die Niederlande die größten Nutznießer der Brexit-Reserve.

Regionen unterschiedlich hart betroffen

Ein weiterer Streitpunkt ist dabei der Verteilschlüssel der neuen Finanzmittel. Die Kommission will die Milliarden nach dem jeweiligen Handel mit Großbritannien im Verhältnis zum BIP ausgeben. Einige Mitgliedstaaten wie Frankreich verlangen aber, die Verteilung nach dem Handelsvolumen mit dem Vereinigten Königreich und nicht nach der Wirtschaftsstärke auszurichten.

Auch der beratende Europäische Ausschuss der Regionen in Brüssel ist unzufrieden mit der geplanten Brexit-Reserve. Die Städte und Regionen verlangen eine größere finanzielle Unterstützung für die vom Brexit besonders betroffenen Gebiete. Sie fordern eine Erhöhung der finanziellen Ausgleichszahlungen um ein Fünftel auf sechs Milliarden Euro. Eine entsprechende Entschließung hat der EU-Ausschuss der Regionen bereits verabschiedet, die auch von Teilen des Europaparlaments wie der Grünen-Fraktion unterstützt wird.

Der EU-Austritt Großbritanniens trifft die Regionen in der EU unterschiedlich. Deshalb fordert das Gremium einen zielgerichteten Einsatz der Finanzmittel in den Regionen. „Vor dem Brexit war das Vereinigte Königreich Bremens drittgrößter Handelspartner, und Hunderte von Unternehmen unterhielten enge Geschäftsbeziehungen zu Unternehmen dort. Die Tatsache, dass dieser Handel nunmehr erheblichen bürokratischen Hürden unterliegt, stellt eine wahre Herausforderung dar, insbesondere für unsere kleinen und mittleren Unternehmen“, sagte Antje Grotheer (SPD), Vizepräsidentin der Bremischen Bürgerschaft.

„Die Brexit-Anpassungsreserve ist ein dringend notwendiges Instrument, um den Schaden für die vom Brexit stark betroffenen Unternehmen abzufedern. Es geht nicht nur um die Fischerei, sondern um viele weitere Wirtschaftszweige“, resümiert auch der nordrhein-westfälische Europa-Staatssekretär Mark Speich (CDU).

Grundsätzlich haben alle Mitgliedstaaten ein Anrecht auf diese Brexit-Reserve. Sie müssen die Gelder nach den bisherigen Plänen für die Unterstützung ihrer Unternehmen und Branchen, für Beschäftigungsmaßnahmen wie Kurzarbeit oder Grenz- und Zollkontrollen einsetzen.

Mehr: Skepsis nach dem Brexit-Deal: Diese drei wichtigen Fragen bleiben offen

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