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Europäische Union EU-Staatsbürgerschaft: Zypern sammelt „Goldene Pässe“ wieder ein

Die zyprische Regierung reagiert auf wachsenden Druck der EU und kassiert umstrittene Einbürgerungen. Ausgestanden ist der Streit um die „Goldenen Pässe“ aber damit nicht.
17.10.2021 - 14:46 Uhr Kommentieren
Zyperns Regierung steht unter dem Druck der EU wegen der Vergabe von Pässen an Nicht-EU-Bürger. Quelle: Reuters
Zyperns Staatspräsidenten Nicos Anastasiades (Mitte)

Zyperns Regierung steht unter dem Druck der EU wegen der Vergabe von Pässen an Nicht-EU-Bürger.

(Foto: Reuters)

Athen Fast 7000 EU-Pässe hat Zypern in den vergangenen Jahren an ausländische Investoren und ihre Familienangehörigen vergeben – darunter auch an Kriminelle. Geschätzt über acht Milliarden Euro brachten die Geschäfte mit den „Goldenen Pässen“ ein. Jetzt rudert die Regierung des konservativen Staatspräsidenten Nicos Anastasiades unter dem Druck der Europäischen Kommission zurück.

Am vergangenen Freitag beschloss das Kabinett in Nikosia, 45 Pässe wieder einzuziehen. Weitere 53 Einbürgerungen sollen überprüft werden, teilte Regierungssprecher Marios Pelekanos mit. Damit hofft die Regierung, eine drohende Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) abzuwenden.

Vielen europäischen Politikern ist der Verkauf von EU-Staatsbürgerschaften seit Langem ein Dorn im Auge. Der Grünen-Europapolitiker Sven Giegold sieht darin „eine offene Tür für Korruption“ und fordert einen „sofortigen Stopp dieser Praktiken“.

Einbürgerungen fallen zwar in die Zuständigkeit der einzelnen Mitgliedsländer. Sie betreffen aber alle. Denn wer die Staatsbürgerschaft eines EU-Mitglieds bekommt, erhält damit zugleich Rechte in allen anderen. Er kann sich dort zum Beispiel niederlassen und arbeiten.

Der weinrote EU-Pass ist deshalb ein begehrtes Dokument. Er ermöglicht seinem Inhaber nicht nur Freizügigkeit in den 27 Staaten der Europäischen Union, sondern auch visafreie Reisen in mehr als 180 Länder.

Lukrative Geschäftsmodelle

Viele Bürger aus Drittstaaten sind bereit, für einen solchen „Goldenen Pass“ tief in die Tasche zu greifen. Mehrere EU-Staaten, allen voran die Inselrepubliken Malta und Zypern, haben daraus lukrative Geschäftsmodelle entwickelt. Sie nehmen Milliarden Euro mit dem Verkauf von EU-Staatsbürgerschaften ein.

Wer als Nicht-EU-Bürger in Zypern mindestens 2,5 Millionen Euro in eine Immobilie oder ein zyprisches Unternehmen investiert, bekam bisher den zyprischen Pass gratis dazu, auch für Ehepartner und Kinder.

6779 Einbürgerungen hat Zypern im Rahmen des 2007 aufgelegten Programms genehmigt. Damit flossen geschätzt acht Milliarden Euro auf die Insel. Die neuen „Zyprer“ kamen vor allem aus Russland, der Ukraine, China und dem Nahen Osten.

Offiziell dürfen die Antragsteller nicht vorbestraft sein und müssen nachweisen, dass die investierten Gelder aus legalen Quellen stammen. Doch die Wirklichkeit sieht ganz anders aus. Korrupte Politiker und findige Anwälte verdienen an dubiosen Einbürgerungen.

Das zeigte im vergangenen Jahr eine Reportage des Senders Al Dschasira. Undercover-Reporter des Kanals sprachen beim zyprischen Parlamentspräsidenten Demetris Syllouris als angebliche Mittelsmänner eines chinesischen Geschäftsmanns vor, der sich um einen zyprischen Pass bemühen wollte. Der Antragsteller war nach Aussage seiner Repräsentanten wegen Geldwäsche und Bestechung vorbestraft. Syllouris sah darin kein Hindernis und versprach zu helfen.

Betroffene können gegen Pass-Abgabe klagen

Der Fall löste in Zypern ein politisches Erdbeben aus. Der Parlamentspräsident musste zurücktreten. Die Regierung stoppte im November 2020 das Programm und setzte eine Untersuchungskommission ein. Die fand bei 53 Prozent der Einbürgerungen „strafrechtliche und politische Verfehlungen“.

Nach Ansicht der EU-Kommission verstoßen die Praktiken bei der Vergabe der „Goldenen Pässe“ gegen den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit und gegen die Bestimmungen zur Unionsbürgerschaft der EU-Verträge. Brüssel leitete deshalb im Oktober 2020 Vertragsverletzungsverfahren gegen Malta und Zypern ein.

Die zyprische Regierung reagierte darauf einen Monat später mit dem offiziellen Stopp des Programms. Nikosia stellte aber die Vergabe neuer Pässe keineswegs ein, sondern setzte die Bearbeitung von 1417 damals anhängigen Anträgen fort. Die EU-Kommission reagierte darauf mit der zweiten Stufe des Vertragsverletzungsverfahrens. Der nächste Schritt wäre eine Klage vor dem EuGH.

Das hofft Nikosia offenbar mit dem jetzt beschlossenen Einzug der 49 Staatsbürgerschaften abzuwenden. Ob der Kommission das reicht, bleibt abzuwarten. Denn dabei geht es offenbar nur um die krassesten Fälle. Überdies ist unklar, ob die Betroffenen ihre Pässe wirklich abgeben müssen: Sie können gegen die Ausbürgerung vor zyprischen Gerichten klagen.

Mehr: Pandora Papers – Dass ausgerechnet Politiker Steueroasen nutzen, sorgt für Empörung

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