Ex-Präsidentin Rousseff Lula-Prozess ist „neuer Putsch“ in Brasilien

Sollte Lula zu einer Haftstrafe verurteilt werden, ruft die frühere brasilianische Präsidentin zu Massenprotesten auf.
Madrid Brasiliens frühere Präsidentin Dilma Rousseff hat eine mögliche lange Gefängnisstrafe für ihren Vorgänger und Parteifreund Luiz Inácio Lula da Silva als einen „neuen Staatsstreich“ bezeichnet. „Ich glaube, der Putsch, der in Brasilien 2016 geschehen ist, ist kein isolierter Akt. Das ist ein Prozess. Und das Impeachment (Amtsenthebungsverfahren) gegen mich war der Eröffnungsakt“, sagte Rousseff der spanischen Zeitung „El País“. Rousseff war Ende August 2016 in einem umstrittenen Verfahren wegen angeblicher Haushaltstricksereien des Amtes enthoben worden – damit endete die mit Lula 2003 begonnene Regierungszeit der linken Arbeiterpartei (PT). Der konservative Michel Temer übernahm.
Rousseff sieht ein Bestreben, eine dauerhafte konservative Wende in Brasilien einzuleiten – sie rief zu Massenprotesten im ganzen Land auf, sollte Lula hinter Gitter wandern. Im vergangenen Juli war der 72-Jährige zu neuneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden, blieb aber bis heute auf freiem Fuß. Am Mittwoch begann in Porto Alegre die Berufungsverhandlung, die live im Fernsehen übertragen wurde.
Lula wird vorgeworfen, dass ein Baukonzern ein Appartement am Meer für ihn aufwendig modernisiert haben soll – im Gegenzug für Unterstützung bei Auftragsvergaben des Ölkonzerns Petrobras. Lula hat wiederholt betont, dass ihm die Wohnung gar nicht gehöre. Der Fall ist hochbrisant, da Lula in allen Umfragen vor der Präsidentenwahl im Oktober führt. Der frühere Schuhputzer, der das Land von 2003 bis 2010 regierte, könnte statt eines Comebacks aber im Gefängnis landen. Es war unklar, was bei einer Bestätigung des Urteils passiert – Lula hat bereits geplant in den nächsten Tagen nach Äthiopien zu reisen.
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Korruption ist eine chronische Krankheit in Brasilien, die sehr schwer auszurotten ist. Es gibt
keinen Zweifel, dass Lula seine eigenen Abgeordneten jahrelang durch Schmiergelder zu
Parteidisziplin erzwungen hat. Was ihm jetzt vorgeworfen wird, ist im Grunde eine Lappalie
aber es duerfte schon stimmen. Sehr viel groessere Verfehlungen werden wohl ungesuehnt
bleiben. Viele Brasilianer glauben dass die rechten Politiker wohl reich genug sind, um nicht
das Risiko zu laufen irgendwann im Gefaengnis zu landen. Denn das jetzt nach vielen Jahren
durchgegriffen wird, ist eine Tatsache.