Flüchtlinge in Europa Balkanroute rückwärts

Im Grenzort Idomeni harrten Tausende Flüchtlinge monatelang aus. Den Zaun konnten sie kaum überwinden – und wenn doch, dann ging es schnell wieder zurück.
Idomeni Die Balkanroute schien gut zu schaffen zu sein für Anwar Ismail Murad: Von Griechenland über Mazedonien, durch Serbien und Kroatien gelangte der 19-jährige Iraker ohne Probleme. An der Grenze zu Slowenien starb sein Traum von der Zuflucht im Herzen Europas dann urplötzlich. Am 14. Februar, als die Route eigentlich noch offen war, wiesen die Slowenier ihn seinen Angaben zufolge zurück.
Die Dokumente, die ihn schon ein ganzes Stück durch Europa gebracht hatten, hätten plötzlich nicht mehr ausgereicht, erklärt der junge Jeside. Er sei zusammen mit anderen Flüchtlingen zwei Tage lang in einem Hotel nahe der Grenze untergebracht worden. Dann seien sie alle in einen Bus gesetzt und nach Kroatien zurückgeschickt worden. Von dort aus ging es zurück bis nach Griechenland, ein Land nach dem anderen schickte ihn weiter – entgegen der offiziellen Linie.
Die Länder entlang der Strecke betonen, dass sie keine potenziellen Asylbewerber über die Grenze zurückdrängten. Ähnliches wie Murad berichten aber auch andere aus den Wochen vor und zu Beginn der Grenzschließungen auf der Balkanroute im März.
„Ich darf gar nicht daran denken, dass meine Freunde nur ein paar Stunden früher dran waren und jetzt in Deutschland sind“, sagt Murad. Wie Zehntausende weitere Flüchtlinge ist er in Griechenland gestrandet. Wochenlang saß er in Idomeni fest, an der Grenze zu Mazedonien. Auch dort konnte er nicht leiden – Griechenland räumte das provisorische und chaotische Lager und brachte die Flüchtlinge in neue Unterkünfte im Landesinneren.
Die meisten Flüchtlinge kamen von Griechenland aus nie weiter in Richtung ihres erhofften Ziels voran, das für viele Deutschland heißt. Einige aber weisen Papiere vor, mit denen sie belegen können, dass sie schon weitere Etappen ihres Wegs bewältigt hatten und zurückgeschickt wurden. Wieder andere berichten, sie seien nach Griechenland gebracht worden, obwohl sie zuvor von der Türkei aus über Bulgarien nach Serbien gelangt waren.
Serbien und Mazedonien blockieren die Vorwürfe. Berichte, wonach Flüchtlinge durch ein Loch im Zaun nach Griechenland zurück gezwungen worden seien, weise Mazedonien entschieden zurück, sagt Polizeisprecher Toni Angelovski. „Wir weisen ebenso Anschuldigungen zurück, dass Migranten kein Asyl beantragen durften.“ In Serbien wird betont, es gebe kein organisiertes Bemühen, Menschen nach Mazedonien zurückzuschicken. Aus Behördenkreisen verlautet aber auch, dass dies in Einzelfällen passiert sein könnte.