Sie kommen aus Syrien, Afghanistan, dem Irak oder Eritrea: Hunderttausende Kinder und Jugendliche haben sich allein nach Europa durchgeschlagen. Mindestens 10.000 gelten nach Angaben von Europol europaweit als vermisst – 4749 waren es Anfang 2016 in Deutschland. Die hohe Zahl hat viele Gründe, unter anderem die Mehrfachregistrierungen mit teils falschen Namen: Das war vor allem in den chaotischen Monaten September bis November 2015 möglich, als man von vielen Neuankömmlingen keine Fingerabdrücke hatte. Manche Kinder lügen beim Namen und beim Alter.
Wenn Ausreißer an einem zweiten Ort erneut aufgegriffen werden, wird die Behörde am ersten Ort darüber nicht immer informiert.
Kinder werden auf der Flucht volljährig und in einer anderen Statistik geführt, auch wenn sie anfangs als Minderjährige bereits statistisch erfasst wurden.
Manche Flüchtlinge steuern einen bestimmten Ort an, einen Verwandten oder Bekannten. Wenn sie ins Heim kommen, reißen sie aus und ziehen weiter - teils in ein anderes Land. Einige wollen zu älteren Geschwistern, die in einer Einrichtung für erwachsene Flüchtlinge leben.
Kinder entziehen sich der Jugendhilfe, weil sie Geld verdienen wollen. Manche müssen zum Beispiel Schulden der Familie tilgen, die für ihre Flucht aufgenommen wurden. Oder sie sollen Angehörige freikaufen, die inhaftiert oder entführt sind (Eritrea).
Kinderhilfsverbände weisen schon länger auf die Vermisstenquoten hin. In einigen Ländern sei in der Vergangenheit jedes vierte unbegleitete Kind (Belgien) nach 48 Stunden aus Unterkünften verschwunden. In Italien soll sich zeitweise die Spur zu mehr als jedem zweiten Minderjährigen ohne Begleitung verloren haben.