Frankreich Das ist Macrons Fahrplan für seine letzten zwei Amtsjahre

Rund anderthalb Stunden ließ Macron sich am Nationalfeiertag interviewen.
Paris Der Kampf gegen Entlassungen und für gute Beschäftigungsaussichten für Jugendliche hat für Frankreichs Staatspräsidenten Emmanuel Macron im kommenden Halbjahr absolute Priorität. „Ich habe ein Ziel für die nächsten sechs Monate“, sagte der Präsident. „Ich will möglichst viele Entlassungen vermeiden und dafür sorgen, dass die jüngsten Franzosen unter guten Bedingungen auf den Arbeitsmarkt kommen können.“
Rund anderthalb Stunden ließ Macron sich am Nationalfeiertag interviewen. Vorangegangen war die Militärparade zum 14. Juli, die dieses Mal in verkürzter und verkleinerter Form stattfand und dem medizinischen Personal gewidmet war, das in der Coronakrise in manchen Regionen des Landes über Monate hin Außerordentliches leisten musste.
Macron begann das Interview mit einer Art Selbstkritik: Es sei ihm in den bislang drei Jahren seiner Amtszeit nicht gelungen, die Selbstzweifel des Landes durch Zuversicht zu ersetzen. „Wir haben in den drei Jahren Reformen erreicht, die für unmöglich gehalten wurden. Das hat internationale Glaubwürdigkeit geschaffen und die Arbeitslosigkeit unter acht Prozent gesenkt“, sagte der Präsident. Jedoch: „Das Vertrauen der Franzosen ist nicht zurückgekehrt, das muss ich zur Kenntnis nehmen.“
Viele Franzosen hätten den Eindruck gewonnen, Reformen richteten sich gegen sie oder seien ungerecht. Das habe auch daran gelegen, dass er möglicherweise die falsche Methode gewählt habe. „Künftig werde ich alle Sozialpartner und Mandatsträger stärker einbeziehen“, versprach Macron, der seinen politischen Kurs nicht ändern will.
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Ein klares Datum für die Wiederaufnahme der ausgesetzten Rentenreform wollte er aber nicht nennen. Es sei die Aufgabe des neuen Premierministers Jean Castex, nach Gesprächen mit den Sozialpartnern einen Fahrplan zu bestimmen.
Bis zu einer Million zusätzlicher Arbeitsloser
Gegen die Krise gehe Frankreich mit äußerst umfangreichen finanziellen Mitteln vor, rund vierhundert Milliarden Euro würden an Garantien, Krediten und Zuschüssen mobilisiert. Dennoch erwartet Macron bis zu einer Million zusätzlicher Arbeitsloser im Frühjahr 2021. Ein harter Lockdown hatte in Frankreich während der Monate März, April und Mai große Teile der Wirtschaft lahmgelegt, dazu kommen die globalen Folgen der Coronakrise.
Die Beschäftigungschancen der Jugendlichen will der Präsident mit 300.000 staatlich geförderten Arbeitsverträgen und einem speziellen Weiterbildungsangebot für 200.000 Jugendliche aufhellen. Der Präsident pochte auf die Verantwortung großer Unternehmen: Die Regierung werde sehr genau verfolgen, wenn ein Unternehmen statt Ausbildungsplätzen lediglich Praktika anbiete. Verbieten will Macron solche Ausweichmanöver aber nicht.
Ausgesprochen vage blieb der Präsident mit Blick auf das große Konjunkturpaket, an dem seine Regierung derzeit arbeitet. Er sagte lediglich, dass es umfangreiche Investitionen vorsehen werde, beispielsweise in die Wasserstofftechnologie und für die thermische Isolierung von Wohngebäuden.
Diese Investitionen würden zwar schuldenfinanziert, doch stärkten sie die Wachstumskräfte des Landes. Europa kam in dem Interview nur am Rande zur Sprache. Macron erwähnte den deutsch-französischen Vorschlag für einen Wiederaufbaufonds, der eine historische Wende darstelle.
Für eine mögliche zweite Welle der Corona-Pandemie sieht der Präsident das Land gut gerüstet: „Wir verfügen über die notwendigen Vorräte an medizinischem Material, und die Belieferung ist gesichert.“ Einen zweiten landesweiten Lockdown werde es nicht geben. Falls notwendig, werde man lokal und regional begrenzt Ausgangssperren verhängen. Das Maskentragen soll in allen geschlossenen Räumen, die der Öffentlichkeit zugänglich sind, Pflicht werden.
In Frankreich wird erwartet, dass Macron 2022 erneut kandidiert. Doch dazu wollte sich der Präsident nicht festlegen. Derzeit arbeite er daran, dem Land eine Perspektive für die nächsten zehn Jahre bieten zu können. „Die Veränderungen, die wir in ruhigen Zeiten nicht hinbekommen haben, können wir jetzt unter den außerordentlichen Bedingungen der Krise schaffen, wenn es eine klare Perspektive gibt“, sagte Macron. Zwei Jahre bleiben ihm noch im Amt.
Mehr: Die Rezession dürfte in Frankreich glimpflicher verlaufen als befürchtet.
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