Frankreich Macron ruft mit neuen Corona-Einschränkungen landesweite Proteste hervor

Mehr als hunderttausend Menschen haben gegen die von Präsident Emmanuel Macron angekündigte Verschärfung der Corona-Regeln demonstriert.
Paris Die von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verkündeten neuen Einschränkungen in der Coronakrise stoßen auf Widerstand. Nach Angaben des französischen Innenministeriums gingen am Samstag landesweit knapp 114.000 Menschen bei mehr als 130 Protesten auf die Straße. In der Hauptstadt Paris demonstrierten demnach rund 18.000 Menschen.
Der Unmut richtete sich insbesondere dagegen, dass die Menschen nur noch vollständig geimpft oder mit einem negativen Test an weiten Teilen des öffentlichen Lebens teilnehmen dürfen. Macron will so den Druck auf jene erhöhen, die noch nicht geimpft sind. Seine Kritiker sehen das Land auf dem Weg in eine „Gesundheitsdiktatur“.
Macron hatte vergangene Woche angekündigt, dass in Kinos oder bei Kulturveranstaltungen ein Impf-, Test- oder Genesungsnachweis vorgezeigt werden muss. Wer in Frankreich ab August Bars, Restaurants oder Einkaufszentren besuchen will, muss ebenfalls den sogenannten Gesundheitspass vorlegen. Auch Flugzeuge, Fernzüge und Fernbusse dürfen ab dem kommenden Monat nur noch mit dem Corona-Passierschein betreten werden.
Bisher sind rund 44 Prozent der Franzosen vollständig geimpft. Macron hatte mit seinen Plänen offenbar viele Landsleute aufgeschreckt, die sich bisher nicht um eine Impfung gekümmert hatten.
In den Tagen nach der Ansprache des Präsidenten buchten mehr als zwei Millionen Bürger einen Impftermin. Doch ein Teil der Bevölkerung bleibt skeptisch – und trägt seine Unzufriedenheit auf die Straße.
Wer an den Protesten teilnahm
Die Kritiker der französischen Corona-Politik lassen sich wie in Deutschland nicht in ein einfaches politisches Schema einordnen. An den Demonstrationen am Wochenende nahmen Impfgegner teil, Verschwörungstheoretiker, Überbleibsel der Gelbwesten-Bewegung – aber auch Bürger, die angesichts der weitreichenden staatlichen Eingriffe um ihre Freiheiten besorgt sind.

Macron will den Druck auf jene erhöhen, die noch nicht geimpft sind.
Der rechte Rand marschiert bei den Corona-Protesten in Frankreich ebenfalls mit. Einer der Wortführer ist Florian Philippot, einst Vertrauter von Marine Le Pen beim „Front National“ und mittlerweile Parteichef der Abspaltung „Die Patrioten“. Philippot nannte den Gesundheitspass einen „Pass der Schande“ und ein „Werkzeug der Apartheid“.
Auch der Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon kritisierte den Gesundheitspass scharf und warnte vor einer „Gesellschaft der permanenten Kontrolle“. Zugleich rief Mélenchon seine Anhänger auf, auf die Wortwahl zu achten, wenn sie Maßnahmen ablehnen. Vergleiche mit Diktaturen oder dem Holocaust seien nicht angemessen.
Macron hatte mit seiner Rede an die Nation insbesondere die in der Coronakrise hart getroffenen Gastronomen frustriert. Gastwirte fragten sich, wie sie den Betrieb aufrechterhalten sollen, wenn sogar in den Außenbereichen von Restaurants oder Kneipen alle Angestellte und Gäste ab Anfang August geimpft sein müssen.
Zeitfrist für die Impfung
Macrons Regierung besserte im Laufe der vergangenen Woche nach. Die Beschäftigten in der Gastronomie haben nun bis Ende August Zeit, sich impfen zu lassen. Auch Jugendliche sind bis zum 30. August vom Gesundheitspass ausgenommen, damit Familien im Sommerurlaub gemeinsam ins Restaurant gehen können.
Zudem gilt man in Frankreich nun bereits sieben Tage nach der zweiten Dosis als vollständig geimpft – bislang betrug die Frist wie in Deutschland und anderen EU-Staaten 14 Tage.
Laut Umfragen steht eine Mehrheit der Franzosen hinter der Politik des Präsidenten. In einer Erhebung für den Nachrichtensender BFM sprachen sich 58 Prozent der Befragten dafür aus, den Gesundheitspass zur Voraussetzung für Besuche in Gaststätten zu machen. Sogar 66 Prozent halten den Nachweis bei Freizeit- und Kulturveranstaltungen für richtig.
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