Gesundheit Neue EU-Behörde „Hera“: Europa wappnet sich für die nächste Gesundheitskrise

Die Produktion von Impfstoffen gegen neue Krankheiten soll schnell mithilfe der Behörde hochgefahren werden können.
Brüssel In Brüssel wird gerade ein Amt geschaffen, das sich gleich wieder schlafen legen muss. Die neue Behörde für gesundheitliche Notstände soll immer dann geweckt werden, wenn sich Pandemien oder andere Gefahren über Grenzen hinweg ausbreiten.
Das ist eine Lehre aus den Anfangsmonaten der Corona-Pandemie, die in der Rückschau erstaunlich schlecht genutzt wurden. Während sich Impfstoffentwickler zum Beispiel bei Biontech und Curevac an die Arbeit machten, weil sie das Ausmaß der Katastrophe erkannten, waren die EU-Staaten mit sich selbst beschäftigt.
Wenn es um die Lehren aus der Pandemie geht, wird immer wieder auf die USA verwiesen, wo es anders lief. Die dortige Behörde Barda hatte Prokura, alles dafür zu tun, dass das Land schnell mit Impfstoffen versorgt wird. Genug Geld hatte sie auch.
Das wird heute als der Grund angesehen, weshalb in den USA noch schneller als in der EU Impfstoffe zur Verfügung standen – obwohl der erfolgreichste Impfstoff von Biontech in Deutschland entwickelt wurde. „Es ist allerdings schade, dass es bislang kein europäisches Instrument gibt, das mit der Barda vergleichbar ist. Das ist ein Defizit“, sagte Biontech-Chef Ugur Sahin schon im Sommer 2020 der „Süddeutschen Zeitung“.
In wenigen Monaten soll sich das geändert haben. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen stellte an diesem Donnerstag die Antwort auf die amerikanische Barda vor. In Europa wird die Behörde Hera heißen, was für „European Health Emergency preparedness and Response Authority“ steht.
Hera soll Langsamkeit in der EU überwinden
Hera soll Informationen über Bedrohungen zusammentragen und im richtigen Moment anstoßen, dass der Gesundheitsnotstand ausgerufen wird. Diesen Notstand gab es auf europäischer Ebene bislang nicht. Sobald er da ist, tritt das „Health Crisis Board“ zusammen, das die Reaktion auf die Krise steuert. Auch das Kaufen der Impfstoffe soll über Hera laufen.
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Damit soll die größte Schwäche der EU ausgeräumt werden: ihre Langsamkeit. Bis in Brüssel eine Entscheidung getroffen wird, brauchen die Mitgliedstaaten oft Monate, um eine Position zu entwickeln und diese dann mit den anderen Staaten zu verhandeln. Hera soll diesen Prozess beschleunigen, indem es den Entscheidungsweg abkürzt.
„Wenn wir Hera schon gehabt hätten, hätten wir die Krise kommen sehen“, sagte EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides. Die Behörde hätte dafür gesorgt, dass Entwicklung und Produktion deutlich schneller hochgefahren worden wären.
Ab kommendem Jahr soll Hera über sechs Milliarden Euro jährlich verfügen. Die Behörde kann außerdem auf weitere 24 Milliarden Euro aus verschiedenen EU-Töpfen zugreifen.
Auch ohne den Ausbruch einer weiteren Pandemie wird Hera nicht untätig sein. Die Behörde soll mit Investitionen in die Forschung, in Produktionskapazitäten und in Vorratshaltung dafür sorgen, dass die EU besser auf die nächste Krise vorbereitet ist.
Die Wirtschaft ist an mehreren Stellen einbezogen. Sie wird von den Forschungsgeldern profitieren und auch davon, dass sie Produktionskapazitäten vorhalten soll. Im Krisenfall kann die EU dann darauf zurückgreifen und muss nicht erst auf die Suche nach geeigneten Werken gehen.
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