Gipfeltreffen Biden lädt zum Demokratie-Gipfel ein – und spaltet damit die Welt

US-Präsident Joe Biden lädt zu einem zweitägigen Videogipfel für Demokratie ein.
Berlin, Brüssel
Joe Biden hat den Titel mit Bedacht gewählt: Wenn der US-Präsident am Donnerstag die Regierungschefs aus rund 110 Ländern zu einer Video-Konferenz begrüßt, dann tut er das unter der Überschrift: „Gipfel für Demokratie“. Zum einen ist dies ein Hinweis darauf, dass Gefahren für die Demokratie nicht nur von autoritären Mächten wie China oder Russland drohen, sondern auch von der inneren Schwäche zum Beispiel der USA selbst.
Zum anderen wollte Biden vermeiden, dass die Liste der Geladenen die Welt in Gut und Böse spaltet. Das zweite Ziel hat Biden schon vor Beginn der zweitägigen Mammutveranstaltung verfehlt. Russland und China, aber auch die Türkei und Ungarn haben heftig dagegen protestiert, dass sie nicht eingeladen wurden. Zumal andere Länder wie Pakistan, die Philippinen und Polen dabei sind, obwohl sie wegen Verstößen gegen demokratische Prinzipien immer wieder am Pranger stehen.
Kritik gibt es aber auch an der Glaubwürdigkeit des Gastgebers selbst: „Die USA sollten hier nicht führend auftreten“, sagt Ian Bremmer, Präsident der internationalen Politikberatung Eurasia Group, „denn auch in Amerika ist die Demokratie angeschlagen.“ Gemeint ist damit die vom ehemaligen US-Präsidenten Trump und seinen Anhängern nicht akzeptierte Wahlniederlage 2020, die am 6. Januar zum gewalttätigen Sturm auf das Kapitol führte.
„Dass eine reife Demokratie wie die amerikanische, die auch noch eine Sonderstellung in der Geschichte für sich beansprucht, Bilder produziert, wie wir sie am 6. Januar gesehen haben, das wird nachhaltige Wirkung weit über US-Grenzen hinaus haben“, sagt der amerikanische Stanford-Politologe Francis Fukuyama.
Miserabler Zustand der Demokratie in vielen Regionen der Welt
Wie miserabel der Zustand der Demokratie in vielen Regionen der Welt ist, zeigen zahlreiche Umfragen. Nach dem Demokratie Index der „Economist Intelligence Unit“ leben nur noch 8,4 Prozent der Weltbevölkerung in vollständig demokratischen Staaten. Ein Drittel der Menschen wird dagegen von autoritären Machthabern beherrscht.
Dass Biden den Demokratie-Gipfel zu einem Symbol seiner Außenpolitik macht, hat jedoch auch handfeste Interessen. „Den Amerikanern geht es nicht um Altruismus“, sagt Daniela Schwarzer, Direktorin für Europa und Eurasia bei der Open Society Foundations (OSF), „für die USA ist eine Allianz von Demokratien wichtig, um ihren Einfluss in der Welt zu behaupten und auszubauen.“
Der Ukraine-Konflikt ist dafür ein gutes Beispiel. Das Land leidet unter Korruption, hält aber demokratische Wahlen ab. Auch deshalb hat der US-Präsident in seinem Videogipfel mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin darauf beharrt, dass nur die Ukrainer entscheiden können, ob sie sich um eine Nato-Mitgliedschaft bemühen. Die Amerikaner leugnen allerdings nicht, dass die politische Stabilität in Osteuropa auch in ihrem Interesse liegt.
Auch die neue Bundesregierung in Berlin hat inzwischen gemerkt, dass Moral noch keine Strategie ist. Zwar heißt es im Koalitionsvertrag noch voller Innbrunst: „Im internationalen Systemwettstreit gilt es, unsere Werte entschlossen mit demokratischen Partnern zu verteidigen.“ Vizekanzler und grüner Wirtschaftsminister Robert Habeck kündigte jedoch bereits an, im Verhältnis zu China werde man sich „immer wieder genau anschauen müssen, wo Kooperationen im deutschen Interesse“ seien und wo nicht.
Christian Lindner: „Beziehungen zu China weiterentwickeln“
Christian Lindner, FDP-Chef und Finanzminister, will „die Beziehungen zu China weiterentwickeln“, aber auf „der Weltbühne“ auch „Einsatz für Menschenrechte“ zeigen. Dabei werde auch „die besondere Rolle des chinesischen Binnenmarktes für die deutsche Wirtschaft berücksichtigt werden“. Das Weiße Haus hat einige konkrete Initiativen angestoßen, um den Vormarsch der autoritären Mächte zu verlangsamen.
Dazu zählt ein Vorschlag für eine Internetallianz mit den Europäern, der sich andere Demokratien anschließen sollen. Ziel sei es, „eine neue und bessere Vision“ für das Internet zu schaffen, heißt es in einem Strategiepapier der US-Regierung. Sie will damit zum einen auf den Aufstieg Chinas zur Hightech-Diktatur reagieren oder, wie es in dem Dokument heißt, auf „das Aufkommen einer alternativen Vision des Internets als Instrument der staatlichen Kontrolle, die von autoritären Mächten wie China und Russland vertreten wird“.
Zum anderen reagiert die Regierung damit auf die bittere Erkenntnis, dass sich das Freiheitsversprechen, das sich in den 90er- und Nullerjahren mit der Vernetzung der Welt verband, in sein Gegenteil verkehrt hat. Das Papier zählt eine Reihe „problematischer Entwicklungen“ auf, angefangen mit der „weltweiten Desinformationsepidemie“ und der „Machtkonzentration bei einer kleinen Zahl marktbeherrschender Technologieunternehmen“.

Der Demokratie-Gipfel richtet sich vor allem gegen autoritäre Führer wie Chinas Präsident Xi Jingping (hier auf einer Parteiveranstaltung im Juli 2021).
Außerdem haben die USA neue Exportbeschränkungen für Überwachungstechnologie an autoritäre Regime verkündet. Dahinter steht die Erkenntnis, dass es China ohne westliches Know-how nicht gelungen wäre, eine Digitaldiktatur aufzubauen. Auch die Korruption und Geldwäsche wollen die Amerikaner stärker bekämpfen, um den Eliten aus Systemrivalen wie Russland und China die Möglichkeiten zu nehmen, selbst westliche Freiheit und Wohlstand zu genießen, während sie die eigene Bevölkerung unterdrücken.

Der ungarische Ministerpräsident wurde von US-Präsident Biden nicht zum Demokratie-Gipfel eingeladen.
Neue Sanktionen
Neue Sanktionen wollen die Amerikaner auf dem Gipfel ebenfalls verkünden. „Das Finanzministerium wird eine Reihe von Maßnahmen ergreifen, um Personen zu benennen, die in bösartige Aktivitäten verwickelt sind, die die Demokratie und demokratische Institutionen in der Welt untergraben, einschließlich Korruption, Unterdrückung, organisiertes Verbrechen und schwere Menschenrechtsverletzungen“, hieß es aus der US-Regierung.
Erschwert wird der Kampf der Demokraten dadurch, dass Demokratie und wirtschaftlicher Wohlstand nicht mehr immer Hand in Hand gehen. „Insbesondere China hat ein erfolgreiches Wirtschaftsmodell und auch bewiesen, dass es eine Pandemie effektiv bekämpfen kann“, sagt OSF-Direktorin Schwarzer. Allerdings sei damit noch nicht bewiesen, dass dem digitalen Autoritarismus Pekings auch die Zukunft gehöre. „Wenn es um Innovation und Kreativität geht, haben demokratische Staaten Vorteile“, glaubt die Wissenschaftlerin.
Mehr: Biden warnt Putin vor enormen wirtschaftlichen Konsequenzen bei Einmarsch in Ukraine
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Der größte Unruhestifter und Provokateur der Welt maßt sich an die Welt in Demokratien einzuordnen. Dazu zählen die USA u.a. auch Pakistan und die Philippinen. Da könnte Frau Baerbock viele kritische Fragen stellen.
Den Mut hat sie aber nicht.
Irgendwie sollte die Veranstaltung "gemeinsames Kaffee trinken und Kuchen essen der Freunde Amerikas" heißen.
Was hilft schon ein Gipfel zur Demokratie, wenn nur jene Länder eingeladen werden, von denen man annimmt, dass sie von der Demokratie überzeugt sind.
Erinnert mich an Cannabis Treffen, alle Teilnehmer finden Cannabis gut!
Es ist wichtig, wenn man für Demokratie werben möchte, auch andere Regierungsformen einzuladen und den Zugang NICHT zu beschränken.
Und: Es ist besser, dass ALLE Länder sich die Demokratie betrachten können und vielleicht auch nur Teile daraus für sich finden auf den Weg zur vollendeten Demokratie.... was immer das auch sein mag.
Also bitte ALLE einladen! Es sind genügend Tellerchen da (Dornröschen)