Die Beteiligung privater Gläubiger wie Banken und Fonds an den Rettungskosten. Von Kanzlerin Angela Merkel und dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy im Herbst 2011 beschlossen, ist PSI eine der umstrittensten Maßnahmen. Denn auf die zu erwartenden Verluste aus dem Kreditgeschäft mit Wackelkandidaten reagierte der Privatsektor mit immer höheren Zinsen. Im Falle Griechenlands sollen Banken und Fonds auf mehr als 70 Prozent verzichten, oder gut 100 Milliarden Euro des an Athen verliehenen Geldes. Der Markt scheint noch nicht ganz überzeugt, dass Griechenland ein Einzelfall bleibt. Auch Portugal kommt nur zu hohen Kosten an frisches Geld. Fraglich ist auch, ob der Beitrag des Privatsektors zur Rettung Athens reicht.
Die Beteiligung des öffentlichen Sektors, also der Euro-Partner und der Europäischen Zentralbank, am Schuldenerlass. Für Experten wie Guntram Wolff vom Thinktank Bruegel ist das notwendig, damit Athen ausreichend Luft für den Wiederaufbau hat. Deutschland müsste nach den Berechnungen Wolffs auf 30 Milliarden Euro verzichten. Der Grund: Insgesamt hat Griechenland mehr als 350 Milliarden Euro Schulden. Ohne Erlass durch den öffentlichen Sektor bliebe die Schuldenlast bei 250 Milliarden Euro - und damit untragbar. Bisher beteuern Berlin und die EZB, dass eine Beteiligung am Verzicht nicht infrage komme. Denn das verstoße gegen das Verbot, Staatsschulden mit der Notenpresse zu bedienen. Aber die Tabuisierung des öffentlichen Verzichtes erinnert an den Beginn der Krise. Damals verweigerte Merkel Notkredite für Pleitestaaten, weil diese ein Bruch des EU-Vertrages seien. Inzwischen hängen neben Griechenland auch Irland und Portugal am Eurotropf.
Die Schuldentragfähigkeitsanalyse der Troika. In dem Bericht ist das katastrophale Ausmaß der griechischen Finanz- und Wirtschaftsnot festgehalten. Er enthält überdies die Schlüsselgleichung für die erhoffte Rettung. Bis 2020 muss die Gesamtverschuldung der Hellenen von mehr als 160 auf 120 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung gesenkt werden, damit der Internationale Währungsfonds (IWF) eine Chance für Athen sieht - und bei der Rettung mitmacht. Zwar wird der aktuelle Bericht noch unter Verschluss gehalten. Die entscheidende Zahl ist aber durchgesickert: Ohne Nachbesserung des im Oktober zugesagten Hilfspaketes von 130 Milliarden Euro würde Athens Gesamtverschuldung auch 2020 noch bei 129 Prozent des BIP liegen. Also müssen entweder die Euroländer mehr Geld geben oder sich an dem Schuldenerlass beteiligen. Oder der Privatsektor muss noch stärker bluten. Oder es wird die endgültige Pleite Athens riskiert.
Die Teilpleite Athens scheint schon nicht mehr abzuwenden zu sein. Dazu kommt es, wenn sich nicht genug Banken, Fonds und Versicherungen an dem freiwilligen Schuldenerlass für Athen beteiligen. Damit die Rechnung auch nur ansatzweise aufgehen kann, müssten 90 Prozent der Institute mitmachen. Vor allem Hedgefonds sind dazu aber nicht bereit, sie pochen auf die Begleichung der gesamten Schuld. Scheitert der freiwillige Schnitt, dann wird die Regierung in Athen ihre Anleihenverträge rückwirkend um sogenannte Collective Action Clauses (CACs) ergänzen. Dann bräuchte Athen nur die Hälfte seiner Privatgläubiger für einen Erlass gewinnen - die übrigen 50 Prozent könnten dann gezwungen werden. Das würde von den Ratingagenturen als Teilpeite eingestuft. Das Risiko: Fonds und Geldhäuser, die ihre Griechenland-Papiere gegen eine Pleite abgesichert haben, können sich diese Versicherungen (CDS) auszahlen lassen. Das könnte zahlreiche Versicherer in Not bringen und die Finanzmärkte destabilisieren.
Zu diesen „vordringlichen Maßnahmen“ hat die Eurogruppe die Hellenen gezwungen um sicherzustellen, dass das Land endlich seine Reformen auch durchsetzt. Das Sparpaket hat ein Volumen von drei Milliarden Euro. Neben Kürzungen umfasst es auch rund 30 Strukturmaßnahmen. Zentral dabei ist eine Steuerreform, die die Steuerflucht eindämmen und höhere Einkommensschichten stärker belasten soll. Dazu gehört auch eine Arbeitsmarktreform. Der Großteil der Aufgaben soll in den kommenden Wochen gesetzlich verankert werden. Die Auszahlung der neuen Notkredite wird daran geknüpft.
Die griechische Regierung muss ein Sperrkonto einrichten. Darauf sollen Staatseinnahmen fließen, um die Schulden zu begleichen. Nicht nur die Griechen selbst haben sich gegen den deutschen Vorschlag gesperrt, weil er ihre Haushaltssouveränität massiv einschränkt. Auch die EU-Kommission und der IWF waren dagegen. In den Verhandlungen konnte Berlin seine Vorstellungen nicht ganz durchsetzen. Ob auf das Konto auch Steuereinnahmen der Griechen fließen sollen, blieb bis zum Montag offen. Die noch weitergehende Forderung von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, Athen einen Sparkommissar mit Haushaltshoheit vor die Nase zu setzen, ist vom Tisch.
Auch die Konstruktion der Euro-Rettungsschirme wird immer komplizierter. Die vor anderthalb Jahren eingerichtete Europäische Finanzstabilisierungsfaszilität mit einer Ausleihsumme von 440 Milliarden Euro wurde gerade mit einem ersten Hebel ausgestattet, er trägt den wenig eingängigen Namen European Sovereign Bond Protection Facility (ESBPF). Gemeint ist eine Teilkaskoversicherung für Staatsanleihen. Wer künftig Anleihen von Wackelkandidaten kauft, kann sich den Ausfall zu 20 bis 30 Prozent vom EFSF absichern lassen. Damit sollen die Nachfrage gesteigert und so die Zinsen gesenkt werden.
Der dauerhafte Europäische Stabilitätsmechanismus wird im Juli eingerichtet und kann Pleitestaaten mit 500 Milliarden Euro unter die Arme greifen. Im März soll geprüft werden, ob er durch die verbliebenen 250 Milliarden Euro im EFSF aufgestockt wird - auf eine Feuerkraft von dann 750 Milliarden Euro. Deutschland sieht dazu aber wegen der zuletzt gesunkenen Zinsen keine Notwendigkeit.
Quelle: dapd
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Ich dachte, unsere Politiker legen bei Amtseintritt einen Eid ab, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden? Mir hat noch niemand schlüssig erklärt, warum vor 2 Jahren die No-bail out-Klausel einfach ignoriert wurde. Alle bestehenden Parteien im Bundestag finden eine Transfer-Union prima (warum wissen sie wohl selbst nicht). Daß eine Transfer-Union mit der "Schuldenbremse" logisch nicht zusammenpaßt, interessiert niemanden. Das Volk interessiert sich für Bahnhöfe und Schloss Bellevue - es versteht dank schwei-gender Presse überhaupt nicht, was da auf uns zukommt. Die EU wird wie Griechenland in einigen Jahren völlig überschuldet zusam-menbrechen; alle EU-Staaten werden Staatsbankrott anmelden müssen. Deutschland wird, wie Prof Sinn sagt, alles verlieren. Das Szenario ist nun sehr klar geworden, und jeder Einzelne kann seine Anlagenentschei-dungen (ggf. auch Standortentscheidungen!) darauf ausrichten.
Alle hier genannten Informationen sind mit Vorsicht zu genießen: In der neuen Politischen Union gelten Statistiken und Vereinbarungen allenfalls zur Verschleierung von Fehlentscheidungen, wie beim Club-Med bisher schon üblich: Die gesamte Verschuldung der EU wird mit 7 Bio. Euro angegeben, wenig glaubhaft, denn das ist die tatsächliche Größe dieses Landes mit dem "Triple A" und bedeutet 280% BIP, Griechenland soll angeblich wieder kreditfähig werden mit 129% BIP, und wo sind die jetzt? Und wo die gesamten PIGS + F?
In einem FAZ-Interview sagt Prof. Sinn von Ifo München auf die Frage: Wie geht das alles aus?: "Der Zug ist in Richtung Transferunion abgefahren. Die Rettungsschirme werden in Kürze verbraucht sein. Dann wird man Deutschland bedrängen, die Summe zu erhöhen, um die alten Kredite zu schützen. Man wird immer wieder neues Geld dem alten hinterherwerfen, um sich bis zur jeweils nächsten Wahl zu retten (...) Deutschland wird einen erheblichen Teil seines Auslandsvermögens verlieren - entweder über Staatskonkurse, über Inflation oder, am wahrscheinlichsten, über Steuererhöhungen zur Finanzierung der anstehenden Transferunion." und weiterhin auf die Frage: Wie fällt Ihr Urteil über die Verhandlungstaktik der Bundeskanzlerin aus? „Frau Merkel wird von der Wall Street, Obama, der City of London, Sarkozy, Barroso und allen Staatschef der südlichen Länder gedrängt, den Anlegern über die Bad Bank in Luxemburg, die letztes Jahr gegründet wurde (die EFSF; die Redaktion), ihre toxischen Staatspapiere abzukaufen. Dagegen hat sie die Strategie des Durchwurstelns entwickelt. Sie macht ihr Portemonnaie (das heißt unser Portemonnaie, Anm.) auf, wenn der Druck zu groß wird, aber sie gibt nicht alles her, was sie hat, weil sie weiß, dass ihre Freunde dann kein Interesse mehr an ihr haben. Sie versucht ihr Bestes. Aber wir sitzen trotzdem in der Falle.“
@ Arminius
Was in den Verträgen übrigens auch nicht vorgesehen ist, ist die Möglichkeit die Überziehung der Target2-Konten zu begrenzen. Dies haben die Dilettanten bei der Installierung des EURO schlicht und einfach "VERGESSEN". Die einzige Möglichkeit die es hier gäbe, diese Selbstbedienung etwas einzuschränken, wäre, eine höhere Qualität der zu hinterlegenden Anleihen zu verlangen und somit die Inanspruchnahme etas zu reduzieren. Was wurde aber vor ein paar Tagen gemacht? Genau das Gegenteil, die Qualitätsanforderungen für die Sicherheitshinterlegungen wurden zum wiederholten Male gesenkt. Was jetzt als Sicherheit akzeptiert wird, geht kaum über den Wert von alten Zeitungen hinaus - eine Schande. Über die Senkung der Bonitätsanforderungen an die zu hinterlegenden Anleihen wurde übrigen in der EZB abgestimmt. Deutschland war gegen eine Senkung, wurde aber massiv überstimmt. In der letzten Konsequenz heißt dies nichts anderes, als dass die bisherige "Selbstbedienung", nunmehr völlig ohne Limit weitergehen kann. Solange, bis auch der letzte Junk-Bond bei der EZB im Portfolio liegt. Dies ist eine hochgefährliche Situation, weil man auf diesem Wege die EZB endlos mit Schrott vollstopfen kann. Z.Z. sind die Target2-Konten mit ca. einer halben Billion EURO überzogen, ich denke, dass bis zum Herbst die EINE Billion erreicht ist (wenn nichts passiert). Die NL, A, FIN und Deutschland haften für diese Beträge im Verhältnis ihrer EZB-Anteile. Man wird nicht davon ausgehen können, dass die PIIGS und auch Frankreich, in der Lage sein werden, ihre Anteile einzuzahlen und diese also zusätzlich von NL, A, FIN und D übernommen werden müssen. So kann es nicht weitergehen, denn am Ende steht für Deutschland die Pleite (in 2-3 Jahren?) und möglicherweise eine Währungsreform.
@ Arminius
Theoretisch haben Sie natürlich recht, es wäre ein Verstoss gegen die Verträge. Zudem ginge, zumindest nach den Statuten, die EU-Mitgliedschaft auch verloren. Aber, man muss bedenken, dass ALLES (aber wirklich alles) was derzeit passiert, massiv gegen die Verträge von Maastricht, Lisabon, das Grundgesetz und auch gegen Vereinbarungen im Rahmen der Europäischen Union verstößt. Da kommt man zwangsläufig zu dem Schluss, dass abgeschlossene Verträge nur noch den Wert von Altpapier besitzen. M.E. wird die Rettung des EURO nicht bezahlbar sein, da hier die nicht vollzogenen, aber eigentlich dringend erforderlich gewesenenen, Abwertungen der PIIGS+F ausgeglichen werden müssten - und zwar über einen Zeitraum von mindestens 10 Jahren, möglicherweise mehr, da in der davorliegenden Konvergenzphase schon Ungleichgewichte akkumulierten. Die Kosten könnten in einer Höhe von 5-7 Billionen liegen. Unbezahlbar, zumal die PIIGS+F nichts dazu besteuern könnten. Und damit wäre noch nicht Schluus, da das EURO-System weiterhin Ungleichgewichte produzieren würde, welche ausgeglichen werden müssten. Deutschland (als auch NL. A, FIN) stehen vor der Wahl sofort RAUS oder in 2-3 Jahren ab in die PLEITE.
@ P17,
bedenke aber dass ein Austritt aus der Währungsunion (Euro) automatisch ein Austritt aus der EU nach sich zieht.
Ein Austritt aus der Währungsunion allein müsste von allen anderen Mitgliedern der Währungsunion genehmigt werden.
Es ist in den Verträge kein Austritt aus der Währungsunion vorgesehen, die EU-Verträge müssten also entsprechend geändert werden wenn ein Mitglied nur aus der Währungsunion aber in der EU bleiben möchte.
Das dürfte ziemlich unwahrscheinlich sein. Außerdem es ging bestimmt nicht über Nacht.
Auch wenn erlaubt, ob das für Deutschland von Vorteil wäre ist zu bezweifeln.
Zitat aus dem Artikel: "Die Beteiligung privater Gläubiger wie Banken und Fonds an den Rettungskosten. Von Kanzlerin Angela Merkel und dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy im Herbst 2011 beschlossen, ist PSI eine der umstrittensten Maßnahmen".
Frage dazu: Wie kommen diese zwei Finanzbanausen dazu so eine weitreichende und folgenschwere Entscheidung zu treffen?
Solange die deutsche-französische Interessengemeinschaft "Entscheidungen" im Namen der EU treffen kann, wird nur alles noch schlimmer.
Ein Maulkorb, wie für bestimmte Hunderassen, sollte den beiden verpasst werden.
Das wäre in der Tat sehr heftig - wenn es so sein sollte! Aber dann wird sich die EZB über ihren "Sieg" nicht allzu lange freuen, denn ihre Hauptaufgabe dürfte damit künftig die Staatsfinanzierueng werden; aus der sog. freien Wirtschaft werden sich dazu dann endgültig keine Deppen mehr finden lassen...
Viel interessanter finde ich, dass GR ja immer noch kurzlaufende Geldmarktpapiere begibt, was wir denn mit denen? Die dürfte doch auf jeden Fall noch länger laufen, als die am 20.03. fällige Anleihe. Aber gut, mit Logik hat das Ganze ja schon lange Nichts mehr zu tun.
Leider ist es technisch fast unmöglich,Deutschland isoliert aus der Eurozone ausscheiden zu lassen. Viel wahrscheinlicher ist, dass Deutschland die Südeuropäer so lange wettbewerbstechnisch an die Wand spielt, dass am Ende alle Eurostaaten gemeinsam das Experiment Chaoswärhung beenden und wieder nationale Währungen einführen. Indem man vorher den Euro kräftig abwertet, kann man zudem nationale Altschulden tilgen - sogar für Deutschland interessant.
Oder ?
Die eigentliche Pointe des Anleihetausches wurde von privaten Anlegern noch gar nicht erkannt.
Die unerkannte Gefahr liegt bei der Verteilung der Stimmgewichte bei den CAC-Abstimmungen.
Denn die "alten Anleihen" im Besitz der EZB wurden nicht einfach umgestempelt. Tatsächlich wurden sie getauscht, wobei der Altbestand der Anleihen von der EZB zum griechischen Staat gewandert ist.
Damit sitzt der Griechische Staat in einer Doppelrolle an Verhandlungstisch. Er ist Gläubiger und Schuldner zugleich.
Zwar wurde dadurch der Saldo der Schulden nicht verändert - was sich jedoch dramatisch erhöht hat, ist das Stimmgewicht Griechenlands ( als Gläubiger ) beim Akzeptieren von Gläubigerverzichten...