Im Kern geht es um die Fortsetzung des dritten Hilfsprogramms für Griechenland, das im Sommer 2015 beschlossen wurde. Im Gegenzug für Finanzhilfen von bis zu 86 Milliarden Euro verpflichtete sich Griechenland schrittweise eine Reihe an Spar- und Reformmaßnahmen umzusetzen. Ergänzungen – unter anderem für die Zeit nach Ende des Programms Mitte 2018 - wurden im Grundsatz im Mai 2016 festgezurrt.
Griechenland hat nach Einschätzung etlicher Experten - etwa der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) – bereits erhebliche Reformschritte vollzogen. Problematisch für das Links-Rechts-Bündnis in Athen ist unter anderem eine angepeilte Liberalisierung des Arbeitsmarkts, mit der etwa Kündigungen erleichtert und Streiks erschwert würden. Kern des Problems sind allerdings vor allem die mittelfristigen Wirtschaftsaussichten und das weitere Vorgehen nach Ende des laufenden Programms 2018.
Hier geht es in erster Linie um die Einschätzung, ob und wie Griechenland wieder auf eigenen Beinen stehen kann. Im Mai 2016 hatten die Euro-Finanzminister erklärt, Athen müsse den Primärüberschuss – die Haushaltsbilanz ohne Schuldendienst – „mittelfristig“ bei 3,5 Prozent halten. Der IWF hält das für wirtschaftlich unsinnig. Demnach wären dafür weitere Sparanstrengungen notwendig, die dem Wirtschaftswachstum schaden könnten. Um das zu erreichen müssten demnach zusätzliche Sparmaßnahmen in Höhe von etwa 3,6 Milliarden Euro jährlich implementiert werden. Mit Athen wurde etwa diskutiert, deswegen den jährlichen steuerfreien Betrag zu senken und die Renten weiter zu kürzen.
Im Umkehrschluss könnte dadurch der griechische Schuldenberg, der derzeit nach IWF-Berechnungen bei rund 183 Prozent der Wirtschaftsleistung liegt, verhältnismäßig weiter steigen. Der Fonds plädiert daher für Schuldenerleichterungen und zögert seine Entscheidung über eine finanzielle Beteiligung an weiteren Griechenland-Krediten ebenfalls hinaus.
In erster Linie haben sich alle Seiten darauf verständigt, dass Vertreter der internationalen Institutionen (IWF, EU-Kommission, Europäische Zentralbank EZB, Europäischer Stabilitätsmechanismus ESM) nach Athen zurückkehren sollen, um mit den griechischen Behörden eine Reihe von Reformen voranzubringen – vor allem zum Renten- und Steuersystem und dem Arbeitsmarkt. Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem spricht in dem Zusammenhang von einem neuen Fokus, weg von Sparpolitik, hin zu mehr Strukturreformen und Wachstum.
Sobald auf Arbeitsebene dazu eine Einigung besteht, könnten die Euro-Finanzminister letztlich über weitere Auszahlungen an Griechenland beraten. Bis dahin dürften aber noch mindestens einige Wochen vergehen.
Die griechischen Bürger sind verzweifelt. In den vergangenen Jahren sind ihre Löhne, Gehälter und Renten bereits um hohe zweistellige Prozentsätze gekürzt worden. Zum 1. Januar traten neue indirekte Steuern und eine Erhöhung der Einkommenssteuer in Kraft. Tsipras, der im Januar 2015 als radikaler Sparkurs-Gegner gewählt wurde, steht nach einer Reihe unpopulärer Maßnahmen bereits politisch mit dem Rücken zur Wand. Die konservative Oppositionspartei Nea Dimokratia (ND) liegt in Umfragen um bis zu 12 Prozentpunkte vorn. Innerhalb der Syriza-Partei des Regierungschefs gibt es dem Vernehmen nach unterschiedliche Ansichten über das weitere Vorgehen.
Im Sommer muss Griechenland Kredite in Milliardenhöhe zurückzahlen, die es aus eigener Kraft nicht stemmen könnte. In einer Reihe an europäischen Ländern bringen sich außerdem EU- und Eurogegner in Stellung – allen voran Marine Le Pen in Frankreich. Die Chefin der rechten Front National und Präsidentschaftskandidatin tritt für die Wiedereinführung einer nationalen Währung ein. Zuletzt erklärte sie, dass sie nach ihrem potenziellen Wahlsieg im Mai eine Volksabstimmung über das Wiedererlangen der Oberhoheit über Währung, Gesetzgebung oder die Wirtschaft abhalten wolle. Danach würden ihre Landsleute „neue Francs“ in der Tasche haben.
In knapp einem Monat wird in den Niederlanden gewählt – und auch hier droht Ungemach. Der Euro-Gegner und Chef der Partei für die Freiheit (PVV), Geert Wilders, tritt mit der Forderung an, „die Niederlande den Niederländern“ zurückzugeben. Wilders' rechtspopulistische und islamfeindliche PVV kann laut Umfragen damit rechnen, stärkste Partei des Landes zu werden. Die Niederlande verzeichneten zuletzt aber deutliches Wirtschaftswachstum – vor allem wegen eines starken Exports in die EU.
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