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Griechenland Mitsotakis verspricht den Griechen einen „Aufschwung für alle“

Verheerende Waldbrände, Streit um die Corona-Impfpflicht: Der griechische Premier spürt Gegenwind. Steuersenkungen und Sozialleistungen sollen die Stimmung heben.
12.09.2021 - 14:44 Uhr Kommentieren
Der griechische Premierminister hält bei der 85. Internationalen Messe in Thessaloniki eine Rede. Quelle: imago images/Xinhua
Kyriakos Mitsotakis

Der griechische Premierminister hält bei der 85. Internationalen Messe in Thessaloniki eine Rede.

(Foto: imago images/Xinhua)

Athen Griechenland erholt sich schneller als erwartet von den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie. Aber die ökonomische Erfolgsbilanz der konservativen Regierung wird überschattet von den Waldbrandkatastrophen dieses Sommers. Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis musste Fehler und Versäumnisse beim Katastrophenmanagement einräumen. Mit einem „Nationalen Aktionsplan“ will der Premier jetzt seiner Regierung neuen Schwung geben.

Die Internationale Messe im nordgriechischen Thessaloniki bildet alljährlich im September den Rahmen für eine wirtschaftspolitische Grundsatzrede des jeweiligen Regierungschefs. Gut zwei Jahre nach seiner Wahl nutzte Premier Mitsotakis am Samstagabend die Eröffnungsveranstaltung als Bühne für ein neues Aufbruchssignal. Mitsotakis kam mit einer guten Nachricht nach Thessaloniki.

Vergangene Woche meldete das staatliche Statistikamt Elstat für das zweite Vierteljahr ein Wirtschaftswachstum von 16,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal. Damit hat Griechenland beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) das Niveau von Mitte 2019 bereits wieder übertroffen. Der Aufschwung ist solide, er stützt sich vor allem auf steigende Investitionen und höhere Exporterlöse.

Nachdem die Regierung bisher für 2021 ein Wachstum von 3,6 Prozent ansetzte, geht Mitsotakis jetzt von 5,9 Prozent aus. 2022 rechnet die Regierung sogar mit einem Plus von 6,2 Prozent. Griechenland stehe „am Beginn eines bedeutenden Aufschwungszyklus“, sagte Mitsotakis. „Die große Herausforderung ist, dass dies ein Aufschwung für alle wird.“

Das stärkere Wachstum gibt der Regierung mehr fiskalischen Spielraum. Mitsotakis will ihn für gezielte Steuersenkungen und Sozialleistungen nutzen. Unternehmensgewinne werden ab 2022 nur noch mit 22 statt 24 Prozent besteuert. Fusionen und Übernahmen kleiner und mittelgroßer Unternehmen fördert die Regierung mit 30 Prozent Steuernachlass. Die Sozialversicherungsbeiträge sinken um 1,1 Prozentpunkte.

Maßnahmen kosten wohl 3,4 Milliarden Euro

Erleichterungen kündigte der Premier auch bei den Immobiliensteuern an. Die Beschäftigung junger Menschen im Alter von 18 bis 29 Jahren, die erstmals ein Arbeitsverhältnis eingehen, unterstützt die Regierung im ersten halben Jahr mit 1200 Euro monatlich. Die stark steigenden Energiekosten will Mitsotakis mit Zuschüssen für Geringverdiener, die Inflation mit niedrigeren Verbrauchssteuern abfedern.

Die Kosten des Maßnahmenpakets werden in diesem und im kommenden Jahr auf 3,4 Milliarden Euro veranschlagt. Die Gegenfinanzierung gilt dank des höheren Wirtschaftswachstums als gesichert. Zumal die jetzt nach oben revidierte BIP-Prognose der Regierung möglicherweise immer noch zu konservativ ist.

Die deutsche Ratingagentur Scope erwartet in diesem Jahr einen Wachstumsschub von 8,6 Prozent. Am Freitag stufte Scope das Kreditrating Griechenlands von BB auf BB+ herauf. Damit trennt das Land nur noch eine Stufe von der Liga der investitionswürdigen Schuldner. Finanzminister Christos Staikouras sieht in dem Upgrade ein „weiteres Vertrauensvotum“ für Griechenland.

Erfolgsmeldungen wie diese kann die Regierung gut gebrauchen. Denn 26 Monate nach seinem Amtsantritt spürt der bis vor Kurzem vom Erfolg verwöhnte Mitsotakis Gegenwind. Die verheerenden Brände dieses Sommers vernichteten über 100.000 Hektar Wald und landwirtschaftliche Anbauflächen.

Die ökologischen Schäden sind unübersehbar. Hunderte Gebäude brannten ab, Tausende Menschen wurden obdachlos und verloren ihre wirtschaftliche Existenz. Die Feuerkatastrophe war ein schwerer politischer Rückschlag für die Regierung. Als Konsequenz aus den Unzulänglichkeiten bei der Brandbekämpfung bildete Mitsotakis inzwischen ein neues Ministerium für Klimapolitik und Zivilschutz.

Pandemie-Management der Regierung ist umstritten

Aber auch im Corona-Krisenmanagement läuft nicht alles rund. Nach einem gut organisierten Start im Frühjahr stockt die Corona-Impfkampagne. Erst 64,2 Prozent der erwachsenen Bevölkerung sind vollständig geimpft. Damit liegt Griechenland deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 70,6 Prozent.

Von diesem Montag an müssen sich alle ungeimpften Beschäftigten in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst einmal in der Woche in einem Labor auf eigene Kosten testen lassen, Lehrerinnen und Lehrer sogar alle drei Tage. Reisende dürfen Züge, Überlandbusse und Flugzeuge nur noch mit Impfnachweis oder Testung benutzen. Damit will die Regierung Skeptiker bewegen, sich doch noch impfen zu lassen.

Im Gesundheitswesen gilt seit Anfang September eine Impfpflicht. Rund 5300 Beschäftige wurden bereits ohne Bezahlung freigestellt, weil sie die Impfung verweigern. Aber die harte Linie der Regierung ist umstritten. In einer Umfrage äußerten sich vergangene Woche 63 Prozent der Befragten unzufrieden mit dem Pandemie-Krisenmanagement. Zum Vergleich: Vor einem Jahr bekam die Regierung noch 60 Prozent Zustimmung für ihre Corona-Politik.

Der linke Oppositionsführer Alexis Tsipras wittert bereits Morgenluft. Er glaubt nicht, dass Mitsotakis die Legislatur in voller Länge bis zum Juli 2023 durchsteht. „Der Verfall der Regierung wird sich beschleunigen“, prognostizierte Tsipras jetzt in einem TV-Interview, „ihre Zeit läuft ab“.

Tsipras erwartet Neuwahlen im Frühjahr 2022 und hofft auf eine Rückkehr an die Macht. Darauf deuten die Umfragen aber nicht hin. Die Demoskopen registrieren zwar wachsende Unzufriedenheit mit dem Krisenmanagement der Regierung, aber bei der Sonntagsfrage liegt die konservative Nea Dimokratia immer noch rund zehn Prozentpunkte vor dem Linksbündnis Syriza. Im persönlichen Vergleich ist der Abstand noch größer: 43 Prozent der Befragten halten Mitsotakis für den geeigneteren Premier. Tsipras trauen nur 27 Prozent dieses Amt zu.

Mehr: Das Ende der Merkel-Ära bremst die EU-Erweiterung um den Westbalkan.

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