Großbritannien Insel, Brücke, Seilbahn – Das sind die ambitionierten Projekte des Boris Johnson
London Der britische Premierminister Boris Johnson hat just grünes Licht für den Bau des Hochgeschwindigkeitszuges HS2 gegeben. Es ist ein Milliardenprojekt: Die Kosten werden auf über 100 Milliarden Pfund veranschlagt. Ob man Europas größtes Infrastrukturvorhaben angesichts der hohen Kosten und des Widerstands von Teilen der Bevölkerung vorantreiben soll, ist in Großbritannien schon seit Jahren umstritten. Dass Johnson so oder so nicht vor ambitionierten Projekten zurückschreckt, hat er in der Vergangenheit bewiesen - selbst wenn die Vorhaben letztlich doch scheiterten. Ein Überblick.
„Die Boris-Insel“
Viel diskutiert – und kritisiert – wurde 2012 als damaliger Bürgermeister Londons sein Vorschlag, statt den Flughafen Heathrow zu erweitern, doch lieber einen neuen Airport im Einzugsbereich von London zu bauen. Der Flughafen sollte vier Start- und Landebahnen bekommen und auf einer Insel in der Themse-Mündung errichtet werden, weswegen das Projekt in der öffentlichen Diskussion als „Boris-Insel“ bezeichnet wurde. Angesichts der auf über 130 Milliarden Euro geschätzten Kosten und nach Protesten von Anwohnern, Umweltschützern und Experten wurde der Plan nach jahrelanger Diskussion verworfen.
„Die Gartenbrücke“
Ein weiteres Projekt, das nie zustande kam, war die zur gleichen Zeit diskutierte „Gartenbrücke“ über die Themse. Die Kosten für die 370-Meter-lange Fußgängerbrücke in der Hauptstadt sollten private Investoren übernehmen, hatte Bürgermeister Johnson seinerzeit erklärt. Doch der Plan ging nicht auf. Vor drei Jahren zog der heutige Bürgermeister Sadiq Khan einen Schlussstrich. Experten hatten die Kosten zu diesem Zeitpunkt auf 240 Millionen Euro veranschlagt und obwohl die „Garden Bridge“ nie gebaut wurde, mussten die Steuerzahler für die bereits entstandenen Kosten rund 50 Millionen Euro aufbringen.
Eine Seilbahn als Werbeplattform
Tatsächlich umgesetzt wurde dagegen der Plan einer Seilbahn über die Themse, die so genannte „Emirates Air Line“. Mit über 70 Millionen Euro ist es britischen Medienberichten zufolge die teuerste Seilbahn der Welt – auch wenn die Fluggesellschaft Emirates mehr als die Hälfte zu der Finanzierung beisteuerte. Den Rest für das Projekt, das Kritiker als teure Werbemaßnahme für die Airline betrachten, musste die Stadt London zahlen.

Die Seilbahn in London gilt als teuerste ihrer Art.
Die berühmten Doppeldecker-Busse
Auch die in London umherfahrenden roten Doppeldecker-Busse sind zumindest zum Teil Verdienst des Bürgermeisters Johnson: Er hatte 800 Fahrzeuge in einer neuen, umweltfreundlicheren Version bestellt. Doch das neue Modell wurde heftig kritisiert, sie seien schlecht klimatisiert und könnten nicht, wie ursprünglich geplant, mit offenem Verdeck am hinteren Teil eingesetzt werden. Und erneut lagen die Kosten für das Projekt mit 335 Millionen Euro deutlich über den Planungen.

Die Londoner Wahrzeichen mussten einst aus verschiedenen Gründen abgeschafft werden, Johnson hat moderne Modelle der Klassiker wieder angeschafft.
„Boris, der Brückenbauer“
In seiner Zeit als Außenminister hatte Johnson 2018 einmal mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron darüber gesprochen, eine 35-Kilometer lange Brücke über den Ärmelkanal zu bauen. Es sei schließlich „lächerlich“, dass zwei der größten Volkswirtschaften der Welt nur durch eine einzelne Bahnstrecke verbunden seien. Das Projekt wurde jedoch nicht weiter vorangetrieben.
Hingegen prüft die britische Regierung derzeit die Idee, eine ebenfalls gut 30-Kilometer lange Verbindung zwischen Schottland und Nordirland zu bauen, wie diese Woche bekannt wurde. Auch hier herrscht Skepsis: Die Brücke müsste fast zwölf Mal so lang werden wie die Golden Gate Bridge in San Francisco und die Kosten dürften die 20-Milliarden-Grenze übersteigen, sagen Kritiker. Und schließlich könnte man bei Durchführung des Projektes auf böse Überraschungen stoßen: Nach dem zweiten Weltkrieg hatte Großbritannien auf dem Boden der Irischen See tonnenweise Munition versenkt.
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