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Haiti Präsident Moise von Unbekannten erschossen

Das bitterarme Land Haiti leidet unter Gewalt und Korruption, seit eineinhalb Jahren gibt es kein Parlament. Jetzt haben Unbekannte den Staatschef in seiner Residenz getötet.
07.07.2021 Update: 07.07.2021 - 15:48 Uhr Kommentieren
Proteste gegen Präsident Moise haben Haiti in den vergangenen Jahren immer wieder lahmgelegt. Quelle: imago/Xinhua
Jovenel Moise

Proteste gegen Präsident Moise haben Haiti in den vergangenen Jahren immer wieder lahmgelegt.

(Foto: imago/Xinhua)

Port-au-Prince Haitis umstrittener Präsident Jovenel Moise ist in der Nacht zu Mittwoch von Unbekannten ermordet worden. Nach Angaben von Premierminister Claude Joseph ist der Präsident in seinem Haus in einem Vorort der Hauptstadt Port-au-Prince gegen 1 Uhr morgens von einem bewaffneten Kommando überfallen und niedergestreckt worden.

Seine Frau Martine Moise sei bei dem Anschlag schwer verletzt worden. „Mit großer Traurigkeit bestätigen wir den Tod von Präsident Moise durch einen Überfall von Söldnern“, erklärte Joseph, der die Bevölkerung in dem karibischen Land zur Ruhe aufrief.

Die Streitkräfte würden für Ordnung sorgen. Joseph sprach von einer „hasserfüllten, unmenschlichen und barbarischen Tat“. Er sagte zu, dass alle Maßnahmen ergriffen würden, um „die Fortdauer des Staates und den Schutz der Nation zu gewährleisten“. Haiti, das sich die Insel Hispaniola mit der Dominikanischen Republik teilt, ist das ärmste Land der westlichen Hemisphäre. 60 Prozent der gut elf Millionen Einwohner leben in Armut.

Die Opposition und die aufstrebende Zivilgesellschaft warfen Moise, der seit Februar 2017 Staatschef war, Amtsanmaßung, Korruption und enge Verbindungen zu kriminellen Banden vor. Unregelmäßig kommt es seit mehr als einem Jahr immer wieder zu Demonstrationen gegen seine Regierung und die schlechte Sicherheitslage auf der Karibikinsel. Erst im Februar hatte der frühere Bananenunternehmer Moises behauptet, einen Mordanschlag auf ihn und einen anschließenden Putsch verhindert zu haben.

Streit hatte sich vor allem an der Frage entzündet, wann seine Amtszeit enden sollte. Diese war nach Lesart seiner Gegner bereits im Februar abgelaufen. Der Präsident selbst jedoch ging davon aus, dass erst am 7. Februar 2022 sein Mandat enden würde. Viele argwöhnten aber, dass er auch zu diesem Zeitpunkt nicht zurücktreten werde.

Seit Wochen versinkt Haiti in einer Welle von Gewalt, immer wieder terrorisieren Banden mit Entführungen die Bewohner der Millionenhauptstadt. Die eskalierende Gewalt der Milizen führte im vergangenen Monat dazu, dass mehrere Tausend Menschen in Port-au-Prince flüchteten und nun als Binnenvertriebene um ihr Dasein kämpfen.

Das Militär verspricht, die vom Präsidentenmord erschütterte öffentliche Ordnung zu verteidigen. Quelle: AP
Soldaten am Tatort

Das Militär verspricht, die vom Präsidentenmord erschütterte öffentliche Ordnung zu verteidigen.

(Foto: AP)

Die Details des Attentats waren zunächst unklar. Mal hieß es, die Angreifer hätten Spanisch gesprochen, ein anderes Mal wurde kolportiert, es sei Englisch gewesen. Jedenfalls überfiel das laut Anwohnern schwarz gekleidete Kommando das Haus des Präsidenten im Stadtteil Pelerin mit Gewehren und Handgranaten.

Es ist davon auszugehen, dass der Tod des Staatchefs das geschwächte Land in noch tieferes Chaos stürzen wird. In Haiti dauert das Mandat des Präsidenten fünf Jahre und beginnt stets am 7. Februar. Die Präsidentenwahl im Oktober 2015, bei der Moise im ersten Wahlgang gewählt worden war, wurde wegen Betrug annulliert. Ein Jahr später wurde er in der zweiten Runde der Wiederholungswahl zum Sieger erklärt und schließlich am 7. Februar 2017 vereidigt. Nach seiner Auffassung hat die Amtszeit an diesem Datum begonnen – und dauert noch bis 2022. Nach Ansicht seiner Gegner endete sein Mandat.

Die Opposition forderte eine „Übergangskommission“, die aus Mitgliedern des Obersten Gerichtshofs einen Übergangspräsidenten bestimmen soll. Dieser hätte dann innerhalb von zwei Jahren Wahlen organisieren müssen. Moise hingegen wollte ein Referendum abhalten lassen, um das Verbot der Präsidentenwiederwahl abzuschaffen, das seit Ende der Duvalier-Diktatur 1986 gilt.

Haitis Präsident Moïse erschossen


Konfliktparteien stehen sich unversöhnlich gegenüber

Die neue US-Regierung und die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) stützen die Lesart der Regierung. Die Konfliktparteien in Haiti ständen sich so feindselig gegenüber, dass es keine Chance auf einen Kompromiss gebe, kritisierte im Februar die Analystin Alexandra Filippova vom „Institute for Justice & Democracy in Haiti“. Das seien beunruhigende Vorzeichen, unterstrich die Expertin damals. Ihre Befürchtung hat sich nun bewahrheitet.

Die aktuelle Krise hat ihren Ursprung im Juli 2018, als Moise über Nacht die Benzinpreise um bis zu 50 Prozent erhöhte. Spätestens zu diesem Zeitpunkt verlor die Bevölkerung das Vertrauen in den Präsidenten, der als Günstling seines Vorgängers Michel Martelly ins Amt gewählt wurde.

Der 53-Jährige hatte es in kurzer Zeit geschafft, alle gesellschaftlichen Sektoren gegen sich aufzubringen. Kirche, Unternehmer, Frauenverbände, Gewerkschaften, Künstler, selbst Teile der Polizei haben sich in den vergangenen Jahren und Monaten an den Protesten gegen den ungeliebten Regenten beteiligt.

Mehr: „Hunger und Elend“ – Inflation treibt massive Verarmung in Haiti voran

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