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Halbleiter Taiwan will Abwanderung von Chip-Experten nach China stoppen

Taiwans strategisch wichtige Chipindustrie leidet unter Arbeitskräftemangel. Nun zieht die Regierung die Notbremse und will Abwerbeversuche durch Chinas Konzerne verhindern.
11.05.2021 - 15:22 Uhr Kommentieren
Der Konzern Taiwan Semiconductor Manufacturing (TSMC) ist der größte Auftragsfertiger von Computerchips weltweit.  Quelle: Bloomberg
TSMC-Hauptquartier in Taiwan

Der Konzern Taiwan Semiconductor Manufacturing (TSMC) ist der größte Auftragsfertiger von Computerchips weltweit. 

(Foto: Bloomberg)

Tokio Taiwans Regierung hat einen drastischen Schritt unternommen, um die Abwanderung von hochspezialisierten Halbleiter-Experten in die Volksrepublik China zu stoppen. Das Arbeitsministerium wies alle taiwanischen und ausländischen Personalvermittler an, dass sie keine offenen Stellen für Chip-Fachleute in China mehr ausschreiben dürfen. Damit versucht die Regierung, die Abwerbung von Fachkräften zu verhindern, auf die Taiwans Halbleiterindustrie angewiesen ist. 

Der Konzern Taiwan Semiconductor Manufacturing (TSMC) etwa ist der größte Auftragsfertiger von Computerchips weltweit. Zu den großen Kunden von TSMC gehören der iPhone-Hersteller Apple oder deutsche Autokonzerne wie Audi, VW oder Ford, die wegen akuten Chipmangels bereits die Produktion drosseln mussten. Durch gerissene Lieferketten infolge der Corona-Pandemie, Fehleinschätzungen beim Halbleiter-Einkauf und Störungen wie der Brand bei einem großen japanischen Hersteller herrscht derzeit ein Verteilungskampf in der Chipindustrie.

Arbeitskräftemangel könnte nun die Bemühungen von TSMC erschweren, die Produktion langfristig auszubauen. Und die Jobnachfrage aus China ist dabei ein wichtiger Faktor auf Taiwans Arbeitsmarkt.

Traditionell hat sich die Chipindustrie in der Volksrepublik aus dem Angebot auf der nahen Insel Taiwan bedient. Chinas wichtigster Chiphersteller SMIC wurde praktisch von taiwanischen Experten gegründet und geleitet. Die Konfrontation zwischen den USA und China verstärke nun Chinas Abwerbeversuche, warnt Taiwans Arbeitsministerium.

Wegen der geopolitischen Spannungen beider Großmächte habe Chinas Halbleiterentwicklung Rückschläge erlitten, erklärt das Ministerium weiter. „Deshalb ist China aggressiver bei der Abwerbung von taiwanischen Chiptalenten geworden, um den Aufbau einer autarken Lieferkette zu unterstützen.“

Chip-Boom: Taiwans Halbleiterherstellern gehen die Experten aus

Für Taiwans Chipindustrie verschärft der Lockruf der Volksrepublik damit ein Problem, das Taiwans Chipindustrie schon seit Jahren plagt: „Wir leiden unter einem starken Arbeitskräftemangel“, sagt Wang Che-jen, Cyber-Security-Experte am Institute for National Defense and Security Research. In einer Studie der Analysefirma Oxford Economics ist Taiwan unter 46 Ländern die Volkswirtschaft mit dem größten Arbeitskräftemangel.

Besonders eklatant ist die Lage im Techniksektor der Insel, die etwa so groß wie die Schweiz, aber mit 24 Millionen Einwohnern dreimal so dicht bevölkert ist. So bietet die Wirtschaft in Wissenschaft, Technik, Ingenieur- und Programmierwesen pro Jahr 136.000 offene Stellen. „Aber die Hochschulen liefern nur 97.000 Absolventen“, rechnet Wang vor.

In der Halbleiterindustrie ist der Wettbewerb dabei besonders stark, und dies in der Chipproduktion wie im Design der Schaltkreise. TSMC allein stellt pro Jahr zwei Drittel der 15.000 Jungtalente an, die von den technischen Fakultäten kommen. Und zusätzlich zu taiwanischen Arbeitgebern werben immer mehr ausländische Konzerne um den kleinen Expertenpool.

ASML, der weltweit führende Hersteller von Chip-Produktionsanlagen aus den Niederlanden, will beispielsweise sein Personal in Taiwan um 600 auf 3400 Ingenieure aufstocken, um die boomende Nachfrage zu bedienen. Gleichzeitig locken verwandte Disziplinen taiwanische IT-Talente. Alphabet und Microsoft gehören zu den globalen Riesen, die inzwischen auf den demokratischen Inselstaat als wichtigen Knotenpunkt für Entwicklung und Datendienste setzen.

China umwirbt Taiwans Chipdesigner

Für TSMC und andere Topunternehmen wie die Chipdesignfirma Media Tek sei der Engpass dabei noch kein großes Problem, sagt William Farrell, Managing Partner des Personalvermittlers Boyden auf Taiwan. „Sie sind die bevorzugten Arbeitgeber in Taiwan und daher in der Lage, die besten Fachkräfte zu rekrutieren“, erklärt der Personalexperte. „Die Unternehmen der zweiten Reihe haben allerdings mehr zu kämpfen, um ihren Personalbedarf zu decken.“

Für Taiwans Regierung ist die gute Lage der Topkonzerne allerdings ein schwacher Trost. Mit Sorge beobachtet sie, wie China, die USA, Europa und Japan versuchen, eigene Lieferketten für wichtige Halbleiter aufzubauen. Dies droht Taiwans Rolle zu untergraben. 

Als Gegenmaßnahme fördert die Regierung die Branche, damit die Unternehmen alle Teilbereiche vom der Produktion über Design bis zum Programmieren abdecken und anbieten können. Und bei dieser Strategie spielen auch kleinere Unternehmen eine wichtige Rolle.

Umso schwerer wiegt dabei, dass sich die Strategie der chinesischen Konkurrenz verschoben hat. Zwar wirbt China nach wie vor in der Chipproduktion um Fachkräfte. Aber Chinas Interesse habe sich geändert, erklärt Wang. „Der Fokus liegt nun auf dem Design von Schaltkreisen.“ Denn auch dort spielen Taiwans Hersteller in der Weltspitze mit. Die führenden chinesischen Smartphonehersteller Xiaomi und Oppo beispielsweise haben Topexperten des taiwanischen Konzerns Media Tek eingestellt, um wie Apple mit selbst entworfenen Chips ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.

Ein neuer Trend im Wissenstransfer ist es allerdings, dass chinesische Interessenten taiwanische Fachleute nicht mehr nach China holen, was trotz der politischen Spannungen bislang problemlos war. Reisen sind derzeit pandemiebedingt zwar nicht möglich. Vorher, 2019, lebten rund 400.000 Taiwaner in der Volksrepublik China. Nun gehen chinesische Firmen dazu über, die Fachkräfte in Taiwan selbst zu beschäftigen, erzählt Cybersecurity-Experte Wang. „Das ist ein schlauer Zug“, meint Wang, „die Gehälter in Taiwan liegen inzwischen unter denen in China.“

Mehr: Auf der Jagd nach dem Superchip – Wie Europas Halbleiterbranche gegen Asien und die USA bestehen kann

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