Historisches Urteil Kataloniens Separatistenführer wegen Aufruhrs zu langen Haftstrafen verurteilt
Ausschreitungen nach Urteilsverkündung gegen katalanische Separatisten
Madrid Das oberste spanische Gericht hat am Montag ein Urteil gesprochen, das viele Juristen als das wichtigste in Spaniens jüngerer Demokratie werten und auf das auch das Ausland genau schaut. Gemeint ist das Verfahren gegen neun katalanische Separatisten, die im Herbst 2017 mit einem illegalen Unabhängigkeitsreferendum und der Ausrufung der Katalanischen Republik für eine institutionelle Krise in Spanien gesorgt haben.
Das Gericht verurteilte sie zu hohen Haftstrafen: Der ehemalige Vizechef der katalanischen Regierung, Oriol Junqueras, muss 13 Jahre ins Gefängnis, die acht anderen Angeklagten neun bis zwölf Jahre. „Niemand steht über dem Gesetz“, sagte der spanische geschäftsführende Ministerpräsident Pedro Sánchez als Reaktion auf das Urteil. Zudem werde niemand „für seine Ideen oder seine politischen Projekte verurteilt, sondern für Straftaten, die das spanische Gesetz definiert“. Der katalanische Regierungschef Quim Torra sieht das freilich anders und erklärte, das Urteil sei „ein Akt der Rache und nicht des Rechts“. Die katalanische Regierung sprach von einem „Fehler historischen Ausmaßes, der das Problem nicht löst, sondern verschärft“.
Der Konflikt zwischen Katalonien und dem spanischen Staat schwelt seit Jahren. Im Herbst 2017 organisierte die damalige separatistische katalanische Regierung trotz eines Verbots des Verfassungsgerichts ein Unabhängigkeitsreferendum, bei dem es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen der spanischen Polizei und Wählern kam. Die spanische Staatsanwaltschaft klagte die Organisatoren wegen Rebellion an, worauf bis zu 25 Jahre Haft stehen. Die Anklage war international und in Spanien umstritten, weil der Tatbestand der Rebellion die Anwendung von Gewalt voraussetzt.
Das Gericht stellt nun in seinem Urteil klar: „Obwohl es unbestreitbar zu Gewalt kam, reicht dies nicht aus, um das Verbrechen der Rebellion zu erkennen.“ Es verurteilte die Angeklagten wegen Aufruhrs sowie der Veruntreuung öffentlicher Gelder.
Die spanische Regierung kann die Verurteilten begnadigen. Die spanische Finanzministerin María Jesús Montero erklärte im Gespräch mit dem Handelsblatt jedoch: „Das haben wir nicht vor. Wir akzeptieren das Urteil und appellieren jetzt an alle politischen Kräfte, dass sie gemeinsam nach vorn schauen.“
Blockaden in Barcelona
Das Urteil markiere das Ende des gescheiterten politischen Projekts der Separatisten. Die hätten ihren Anhängern „etwas versprochen, von dem sie vom ersten Moment an wussten, dass es unerreichbar ist“. So kenne weder die spanische noch eine andere europäische Verfassung ein Recht zur territorialen Selbstbestimmung. Madrid werde den Katalanen nun wieder die Hand reichen und den Dialog suchen.
Aus Protest gegen die Strafen begannen Unabhängigkeitsbefürworter in Katalonien damit, Straßen, Bahnsteige und einen Terminal des Flughafens von Barcelona zu blockieren. Das Urteil dürfte sie zumindest kurzfristig wieder in ihrem Protest stärken. „Die Bewegung hat zuletzt an Kraft verloren, weil niemand weiß, wie es jetzt weitergehen soll“, erklärt Oriol Bartomeus, Politologe von der Autonomen Universität Barcelona. „Das Urteil ist das letzte Datum, das noch ausstand.“
Es führt auch dazu, dass der spanische Untersuchungsrichter den internationalen Haftbefehl gegen den ehemaligen katalanischen Regierungschef Carles Puigdemont aktiviert und ihn nun ebenfalls wegen Aufruhr und Veruntreuung öffentlicher Gelder sucht. Puigdemont war nach der Ausrufung der katalanischen Republik ins Ausland geflohen und mit einem ersten internationalen Haftbefehl wegen Rebellion in Deutschland festgenommen worden. Das Oberlandesgericht Schleswig wollte ihn jedoch nur wegen Veruntreuung ausliefern, weil es ähnlich wie nun das oberste spanische Gericht keine Grundlage für eine Rebellion sah. Daraufhin zog der spanische Richter den internationalen Haftbefehl zurück. Mit dem nun gesprochenen Urteil rechnet er sich größere Chancen aus, dass Puigdemont wegen der in Spanien erhobenen Vorwürfe ausgeliefert wird.
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Interessant wie Bruessel mit dem europaeischen Haftbefehl gegen Puigdemont umgehen
wird. Immerhin ist er der Raedelsfuehrer.