Hochrechnung Vucic-Partei mit haushohem Sieg bei Parlamentswahl in Serbien

Vucic ist seit 2017 Präsident von Serbien.
Belgrad Unter mäßiger Beteiligung der Bürger hat die Partei von Präsident Aleksandar Vucic die Parlamentswahl in Serbien einer Hochrechnung zufolge haushoch gewonnen. Nach den Zahlen der Belgrader Wahlforschungsgruppe Cesid kam die rechtsnationale Präsidentenpartei SNS (Serbische Fortschrittspartei) am Sonntag auf eine absolute Mehrheit von 63 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag demnach bei unter 50 Prozent. Vor vier Jahren hatte sie noch bei 56 Prozent gelegen.
Die Wahl nach Ablauf der letzten Legislaturperiode hätte am 26. April stattfinden sollen, wurde aber wegen der Corona-Pandemie verschoben. Ein wesentlicher Teil der Opposition boykottierte den Urnengang. Ihre Vertreter sahen die Voraussetzungen für freie und faire Wahlen nicht gegeben.
Vucic regiert seit 2014 als Ministerpräsident und seit 2017 als Präsident zunehmend autoritär über das Balkanland. Die meisten Medien werden von ihm und seinen Geschäftsfreunden kontrolliert. Mit dem Zugriff auf die staatlichen Ressourcen sichern sich Vucic und die seit 2012 regierende SNS eine übermächtige Präsenz in der Öffentlichkeit.
Um eine zu monotone Zusammensetzung der neuen Volksvertretung abzuwenden, hatte der Gesetzgeber die Sperrklausel für den Parlamentseinzug von fünf auf drei Prozent herabgesetzt. Der Cesid-Hochrechnung vom Sonntagabend zufolge dürften dennoch nur noch zwei weitere Parteien den Einzug in die Volksvertretung geschafft haben.
Eine von ihnen, die Sozialistische Partei Serbiens (SPS), kommt demnach auf etwas mehr als zehn Prozent der Stimmen. Sie ist aber seit 2012 ohnehin in einer Koalition mit der SNS und stellt mit Ivica Dacic den Außenminister. Einziger Nutznießer der abgesenkten Sperrklausel dürfte die Partei Spas (Rettung) des Reformpolitikers und ehemaligen Wasserballers Aleksandar Sapic sein. Sie steht laut Cesid bei knapp vier Prozent. Darüber hinaus sind einigen ethnischen Minderheiten Parlamentssitze zugesichert.
Vucic spricht von einem „historischen Triumph“
Die Wahlnacht dominierten nicht die Erklärungen der Wahlsieger und Wahlverlierer, sondern die des Super-Siegers und der boykottierenden Opposition. Vucic, dessen Partei nicht mit ihrem Namen, sondern mit der blumigen Listenbezeichnung „Aleksandar Vucic – Für die Zukunft unserer Kinder“ auf den Stimmzetteln stand, sprach am späten Sonntagabend von einem „historischen Triumph“ seiner SNS. „Von 3,3 Millionen Stimmen haben wir mehr als zwei Millionen gewonnen“, gab er sich euphorisch. Wahlberechtigt waren rund 6,6 Millionen Bürger.
„Serbien hat heute unzweideutig Nein gesagt zum Regime von Aleksandar Vucic“, sagte der Oppositionsführer Dragan Djilas, früher Bürgermeister von Belgrad. „Der Boykott hat sein Ziel erreicht, er hat das Regime bloßgestellt, den Irrsinn, dem wir seit Jahren ausgesetzt sind.“
Zugleich war die serbische Wahl am Sonntag der erste Urnengang in einem europäischen Land, seit sich die Corona-Pandemie über den Kontinent ausgebreitet hat. In den fast 8400 Wahllokalen herrschte für das Wahlpersonal Maskenpflicht, den Wählern war das Tragen einer Maske empfohlen worden. Gewählt wurden am Sonntag auch die Abgeordnetenkammer der halbautonomen Nordprovinz Vojvodina sowie Gemeindevertretungen im ganzen Land.
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