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Ifo-Umfrage Kein Ende der Globalisierung: Deutsche Wirtschaft setzt weiter auf weltweite Lieferketten

Im Zuge der Pandemie fürchteten viele einen Rückbau der Globalisierung. Doch trotz schlechter Erfahrungen wollen deutsche Unternehmen an ihrem internationalen Kurs wenig ändern.
14.07.2021 - 23:33 Uhr Kommentieren
Während der Pandemie kam es auch auf dem Seeweg zu Lieferengpässen. Quelle: Reuters
Hamburger Hafen

Während der Pandemie kam es auch auf dem Seeweg zu Lieferengpässen.

(Foto: Reuters)

Berlin Die deutsche Wirtschaft will ihre globale Ausrichtung trotz der Erfahrungen aus der Corona-Pandemie beibehalten. So zeigt es eine Umfrage des Münchener Ifo-Instituts im Auftrag der Konrad-Adenauer-Stiftung, die dem Handelsblatt vorliegt. Viele Experten haben das anders erwartet. Sie waren sich sicher: Die Pandemie wird langfristige Folgen haben, die jeden Einzelnen viel Wohlstand kosten werden.

Denn auf Corona werde ein Rückbau der Globalisierung, die Deglobalisierung, folgen. Unternehmen würden nach den Lieferproblemen während der Pandemie die Risiken der Globalisierung in Zukunft stärker berücksichtigen und zumindest teilweise ihre Lieferketten renationalisieren.

Doch nur eine Minderheit der befragten Unternehmen plant laut Ifo-Institut überhaupt, ihre internationale Beschaffungsstrategie anzupassen. Und schaut man genauer hin, fällt die Bilanz noch deutlicher aus. So plant kaum ein Unternehmen, Produktionsstätten nach Deutschland zurückzuholen. Lediglich in der Industrie gaben sieben Prozent der Firmen an, dies anzustreben.

„Für eine große Mehrheit der deutschen Unternehmen scheint das Modell der globalen Arbeitsteilung weiterhin gut zu funktionieren“, sagt Jan Cernicky, zuständig für internationalen Handel und Wirtschaft bei der Konrad-Adenauer-Stiftung. „Auch die Erfahrungen während der Pandemie haben dies offenbar nicht substanziell verändert.“

Schon vor Corona war eine schleichende Rückabwicklung der Globalisierung unter Ökonomen und in der Wirtschaft ein heiß diskutiertes Thema. Grund waren geopolitische Anspannungen sowie neue Handelskonflikte zwischen den USA und China, aber auch zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland. Diese hatten die Frage aufgeworfen, ob die deutsche Exportwirtschaft und ihre globalen Lieferketten vielleicht zu störanfällig sind – und die weltweite Ausrichtung der deutschen Wirtschaft in dieser neuen Welt vielleicht in Teilen mehr kostet als Kosten einspart.

Bessere Lagerhaltung statt weniger internationale Ausrichtung

Corona hat diesen Effekt noch verstärkt. Die Pandemie unterbrach viele Lieferketten durch Grenzkontrollen, Exportverbote und Lockdowns. Der Ausfall einiger Zulieferer legte ganze Wertschöpfungsketten lahm. Viele Branchen waren davon betroffen, vom Autobauer bis zum Netzwerkausrüster.

Doch die deutsche Wirtschaft hat diese Erfahrung offenbar nicht nachhaltig geschockt, wie die Ifo-Umfrage zeigt. Im verarbeitenden Gewerbe geben nur etwa 41 Prozent an, ihre Beschaffungsstrategie anzupassen. Im Großhandel sind es 35 Prozent, im Einzelhandel 27 Prozent und in den wenig beschaffungsintensiven Dienstleistungen nur zehn Prozent.

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„Und auch Unternehmen, die Änderungen planen, stellen die grundsätzliche Strategie, Vorprodukte weltweit zu beziehen, kaum infrage“, heißt es in der Ifo-Studie. In allen vier befragten Wirtschaftssektoren sind die meistgenannten Anpassungen höhere Lagerhaltung, eine bessere Überwachung der Zulieferketten und eine Diversifikation der Beschaffung, das heißt die Suche nach zusätzlichen Lieferanten.

Produkte stärker auf dem Heimatmarkt oder in EU-Staaten zu beschaffen „werde relativ selten als bevorzugte Änderung der Beschaffungsstrategie genannt und meist von nicht mehr als jedem zehnten Unternehmen in Betracht gezogen“, sagt Ifo-Handelsexpertin Lisandra Flach.

Rückbau der Globalisierung würde viel Wohlstand kosten

Man höre aktuell aus fast allen politischen Richtungen, dass die Wirtschaft vor Abhängigkeiten in den Wertschöpfungsketten geschützt werden müsse, sagt Cernicky von der Adenauer-Stiftung. „Die Ergebnisse der Umfrage belegen eher das Gegenteil. Es gibt hier offenbar kein Problem, das politischer Intervention bedarf.“

Dass so wenige Unternehmen Änderungen planen, ist daher gleich eine doppelt gute Nachricht. Zum einen sinkt die Gefahr weiterer Handelskonflikte. Schließlich muss die Politik Unternehmen gar nicht schützen, wenn diese gar nicht geschützt werden wollen, weil sie weiterhin auf dem internationalen Markt agieren wollen. Zum anderen würde es die Welt viel Wohlstand kosten, würde die Globalisierung in Teilen zurückgedreht werden.

So haben verschiedene Studien durchgespielt, was die Abschottungstendenzen im Zuge der Pandemie kosten würden. Die Prognos AG hatte für den im Auftrag der Bertelsmann Stiftung erstellten „Globalisierungsreport 2020“ errechnet, dass die Abschottungsmanöver jeden Deutschen zwischen 100 und 500 Euro 2020 gekostet haben dürften.

Würden die Abschottungsmaßnahmen fortgesetzt, wären die Folgen noch dramatischer. Laut Ifo-Forscherin Flach würde das deutsche Bruttoinlandsprodukt durch den Covid-Schock und eine einhergehende Deglobalisierung auf den Stand von 1996 zurückgeworfen.

Mehr: Das Coronavirus wird die Deglobalisierung beschleunigen

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