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Impfhilfe aus Berlin Bundesregierung stellt in Vietnam Impfdosen für deutsche Expats bereit

Der Druck der Wirtschaft zeigt Wirkung: In Vietnam arbeitende deutsche Staatsbürger erhalten nun doch Impfhilfe aus Berlin. Das Pilotprojekt könnte Signalwirkung haben.
30.09.2021 - 06:07 Uhr Kommentieren
Straßenbarrieren zählen zu den rigiden Mitteln, mit denen Vietnams Regierung den Lockdown durchsetzt. Quelle: AP
Ho-Chi-Minh-Stadt

Straßenbarrieren zählen zu den rigiden Mitteln, mit denen Vietnams Regierung den Lockdown durchsetzt.

(Foto: AP)

Bangkok Angeordnete Fabrikschließungen, ein akuter Mangel an Arbeitskräften und gestörte Transportwege: In Vietnam sorgt eine Coronawelle seit mehr als zwei Monaten für Chaos in den Lieferketten internationaler Konzerne wie Nike, Apple und Adidas.

Deutsche Investoren erhalten in dem Land nun Unterstützung aus Berlin, die die Corona-Not zumindest ein Stück weit lindern soll: Die Bundesregierung hat nach Handelsblatt-Informationen ein spezielles Impfstoffkontingent für aus Deutschland entsandte Konzernmitarbeiter und andere deutsche Staatsbürger nach Vietnam geschickt – ein absolutes Novum. Bislang hatte sich die Bundesregierung beim Impfen von Auslandsdeutschen für nicht zuständig erklärt.

Die Kehrtwende in Vietnam folgt auf den Druck der deutschen Wirtschaft. Ihm fehle das Verständnis dafür, dass die Bundesregierung nicht bereit sei, deutschen Unternehmen und deren Mitarbeitern mit Impfstoffen zu helfen, hatte der Vorsitzende der German Business Association in Vietnam, Alexander Götz, Ende Juli im Gespräch mit dem Handelsblatt geklagt.

Impfstoffe sind in dem 100-Millionen-Einwohner-großen Schwellenland nach wie vor rar: Weniger als zehn Prozent der Bevölkerung sind vollständig geimpft.

Vor wenigen Tagen lenkte die Bundesregierung dann ein: Am vergangenen Sonntag traf in Vietnam eine Spende von 2,6 Millionen Impfdosen aus Deutschland ein. Wie das Handelsblatt erfuhr, sind davon 100.000 Impfdosen für deutsche Staatsangehörige und deren Familienmitglieder vorgesehen. Das Auswärtige Amt bestätigte dies auf Nachfrage. Begründet wurde die Aktion mit der „schwierigen pandemischen Lage“ in dem Land.

Der Einparteienstaat galt lange als einer der erfolgreichsten Pandemiebekämpfer der Welt. Mit einer „Null Covid“-Strategie gelang es dem Land, die Gesamtzahl der Infektionen bis Anfang Juli auf 20.000 zu begrenzen. Doch die Delta-Variante konnte Vietnam nicht mehr stoppen: Die Infektionszahlen haben sich in weniger als drei Monaten vervierzigfacht.

Unternehmen verlegen Produktion in andere Länder

An der Spitze lag die Sieben-Tage-Inzidenz zwar bei einem vergleichsweise geringen Wert von 100 Infektionen pro 100.000 Einwohnern innerhalb einer Woche. Die Behörden reagierten dennoch mit Restriktionen, die zu den strengsten der Welt zählen: In Virus-Hotspots wie Ho-Chi-Minh-Stadt konnten die Einwohnerinnen und Einwohner über Wochen ihre Wohnungen nicht einmal zum Einkaufen verlassen.

Reisebeschränkungen behinderten den Warenverkehr. Fabriken dürfen vielerorts nur mit einem Bruchteil ihrer Belegschaft weiterarbeiten – und müssen die Beschäftigten dabei rund um die Uhr am Fabrikgelände unterbringen. Kommt es zu Ansteckungen, werden die Werke von den Behörden geschlossen.

Die Restriktionen sorgen laut Medienberichten unter anderem für Lieferverzögerungen bei Apples neuem iPhone-Modell, für das der Konzern Komponenten aus Vietnam bezieht. Auch in der personalintensiven Mode- und Schuhindustrie ließen sich die Coronamaßnahmen kaum sinnvoll umsetzen, klagten Unternehmervereinigungen, darunter die Europäische Handelskammer EuroCham, Mitte September in einem Protestbrief an Premierminister Pham Minh Chinh.

Sie seien nicht nachhaltig – sowohl finanziell als auch logistisch nicht und mit Blick auf die Gesundheit und die seelische Verfassung der Beschäftigten. „Mehr als 20 Prozent unserer produzierenden Mitglieder haben bereits einen Teil ihrer Produktion ins Ausland verlegt“, warnten die Unternehmervereinigungen. Vietnam steht aus ihrer Sicht damit vor einem langfristigen Problem: „Ist die Produktion einmal abgewandert, ist es schwer, sie wieder zurückzuholen“, hieß es in ihrem Schreiben.

Der deutsche Sportartikelhersteller Adidas gab diese Woche bekannt, eine vorübergehende Produktionsverlagerung von Vietnam in andere Länder zu erwägen. Der Konzern aus Herzogenaurach rechnet damit, dass Lieferprobleme den Umsatz in der zweiten Jahreshälfte um eine halbe Milliarde Euro drücken werden. Auch die Konkurrenten Puma und Nike leiden darunter, dass ihre vietnamesischen Zulieferer zum Teil wochenlang komplett ausfielen und auch derzeit vielfach nur mit geringer Kapazität weiterarbeiten können. „Wir haben bereits zehn Wochen Produktion verloren“, sagte Nike-Finanzchef Matt Friend vergangene Woche.

Forderung an US-Präsident Joe Biden

Die Sportartikelhersteller-Vereinigung SFIA forderte US-Präsident Joe Biden vergangene Woche auf, mehr Impfdosen nach Vietnam zu schicken, um der Branche eine baldige Rückkehr zur Normalität zu ermöglichen. Auch vonseiten der Handelskammern in Vietnam heißt es: „Impfstoffe sind der Schlüssel für eine sichere Wiedereröffnung und wirtschaftliche Erholung.“

Die von der Bundesregierung bereitgestellten Impfdosen für deutsche Staatsbürgerinnen und -bürger sollen im Verlauf des Oktobers durch die vietnamesischen Gesundheitsbehörden verimpft werden. Sollte dies wie gewünscht klappen, können sich auch deutsche Expats in anderen Ländern mit schlechter Impfstoffversorgung Hoffnungen auf Unterstützung aus Berlin machen: „Basierend auf den Erfahrungswerten aus Vietnam wird die Bundesregierung prüfen, ob eine Ausweitung dieses Pilotprojektes auf andere Länder möglich ist“, heißt es aus dem Auswärtigen Amt.

In Vietnam zeigen sich unterdessen die enormen wirtschaftlichen Schäden durch die Infektionswelle und die harten Lockdowns: Im dritten Quartal brach die Wirtschaftsleistung im Vergleich zum Vorjahr um 6,2 Prozent ab, wie das Statistikamt in Hanoi am Mittwoch bekannt gab. Einen so heftigen Rückgang hat das Land noch nie verzeichnet. Das offizielle Wachstumsziel der kommunistischen Führung von 6,5 Prozent in diesem Jahr ist damit unerreichbar. Die Behörden gehen nun von nur noch einer 2,5-prozentigen Wachstumsrate aus.

Der für die Industrie zuständige Chefstatistiker Pham Dinh Thuy sagte, 94 Prozent der Unternehmen stünden derzeit angesichts von Lieferkettenproblemen und Personalmangel vor Schwierigkeiten. „Die Regierung arbeitet an mehreren Maßnahmen, um schnell wieder den Normalbetrieb zu ermöglichen.“ Nach den vielen Hindernissen der vergangenen Wochen räumt er aber offen ein: „Die Unternehmen sind erschöpft.“

Mehr: Impfstoffmangel bremst Wachstum in Asien deutlich

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