Impfstoff Biontech zieht Lieferung an Europa vor – EU verhandelt über 1,8 Milliarden Dosen bis 2023

Die EU-Kommissionchefin betonte, man wolle sich auf Technologien konzentrieren, die ihren Wert unter Beweis gestellt hätten. So etwa die mRNA-Technologie.
Brüssel, Berlin Es ist ein Lichtblick im Kampf gegen die Pandemie: Die Europäische Union erhält im zweiten Quartal 50 Millionen Dosen des Impfstoffs von Biontech und Pfizer zusätzlich. Die Lieferungen waren eigentlich erst für das vierte Quartal vorgesehen, werden nun aber vorgezogen. Das hilft, die Engpässe bei der Impfstoffversorgung zu verringern.
Die vorgezogenen Dosen sollen je nach Bevölkerungsanteil auf die Mitgliedstaaten verteilt werden, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Brüssel. Zuletzt gab es großen Streit darüber, ob zusätzliche Dosen eher jenen Staaten zugutekommen sollten, die in der ersten Runde der Verteilung weniger bestellt hatten als andere und darum mit ihrem Impftempo zurückfallen.
Die Coronakrise bleibe „eine ernste Bedrohung“, sagte von der Leyen. „Wir führen ein Rennen gegen die Zeit.“ Je schneller es gelinge, etwa 70 Prozent der erwachsenen Bevölkerung zu impfen, desto besser stünden die Chancen, die Pandemie zu besiegen.
Die Gesamtlieferung von Biontech/Pfizer im zweiten Quartal steigt damit auf 250 Millionen Dosen an. Insgesamt erwartet die EU in den nächsten drei Monaten 410 Millionen Dosen. Darunter sind 55 Millionen Dosen von Johnson & Johnson, deren Auslieferung das Unternehmen aber kurzfristig unterbrochen hat, nachdem die US-Arzneimittelbehörde FDA am Dienstag zu einer Aussetzung der Impfungen geraten hatte.
Hintergrund sind seltene Thrombosefälle bei geimpften Personen in den USA. Ähnliche Nebenwirkungen sowie seltene Sinusvenenthrombosen sind in der EU beim Impfpräparat des Herstellers Astra-Zeneca aufgetreten.
Die vorgezogene Biontech-Lieferung könnte dazu beitragen, eine Verzögerung bei Johnson & Johnson auszugleichen. Allerdings sind die Impfstoffe nicht eins zu eins vergleichbar. Bei Biontech/Pfizer sind pro Person zwei Impfungen nötig, bei Johnson & Johnson reicht eine.
1,8 Milliarden Dosen Biontech/Pfizer ab 2022
Außerdem verkündete von der Leyen, dass die EU-Kommission mit Biontech/Pfizer über weitere 1,8 Milliarden Dosen verhandelt. Die ersten Dosen dieser Bestellung sollen zum Jahresende ausgeliefert werden, die restlichen in den Jahren 2022 und 2023. Die EU will sich damit gegen Mutationen des Coronavirus wappnen und Vorräte für Auffrischimpfungen anlegen.
Für den weiteren Kampf gegen das Coronavirus will sich die EU auf die Beschaffung von mRNA-Impfstoffen konzentrieren, da bei diesen bisher keine Diskussionen über gefährliche Nebenwirkungen aufgekommen sind und sich die mRNA-Technologie im Kampf gegen Virusmutationen als besonders flexibel erweist. Von der Leyen beschrieb insbesondere die Unternehmen Biontech und Pfizer als sehr zuverlässig.
Zu den mRNA-Mitteln gehören die Präparate von Biontech/Pfizer, Moderna und Curevac. Moderna liefert bisher allerdings nur in geringen Mengen, der Curevac-Impfstoff ist noch nicht zugelassen.
In den Verhandlungen mit Biontech/Pfizer dringt die Kommission darauf, nicht nur die Produktion, sondern die Lieferkette insgesamt in das Gebiet der Europäischen Union zu verlagern. Damit will die EU sicherstellen, dass sie gegen Handelsstreitigkeiten gerüstet ist. In den vergangenen Monaten hat sich gezeigt, dass weder die USA noch Großbritannien Impfstoffe exportieren.
Zudem will die EU künftig monatliche Lieferungen festschreiben und damit von den bisherigen Quartalszusagen loskommen. Dies soll verhindern, dass die Hersteller die Lieferungen so weit wie möglich hinauszögern.
Hoffnung für deutsche Impfkampagne
Die zusätzlichen Impfdosen werden in Deutschland dringend gebraucht. Unter anderem ist noch offen, welche Folgen der Impfstopp mit dem Vakzin von Johnson & Johnson in den USA für die Impfkampagne haben könnte. Thomas Mertens, Chef der Ständigen Impfkommission (Stiko), erklärte auf Handelsblatt-Anfrage, dass es für Aussagen dazu zu früh sei. „Zunächst müssen die Daten aus den USA verfügbar sein, um dann bewertet zu werden“, sagte er. Es sei die Aufgabe der europäischen Arzneimittelbehörde Ema, die erfolgte Zulassung zu prüfen.
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach nannte die zusätzlichen Lieferungen von Biontech hingegen bereits „eine sehr gute Nachricht“. Damit könnten eventuell ausfallende Impfdosen von Johnson & Johnson fast komplett durch Biontech ausgeglichen werden, schrieb Lauterbach auf Twitter.
Biontech liefert 50 Millionen zusätzliche Impfdosen ab April an die EU
Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (ZI) warnt hingegen, dass die zusätzlichen Lieferungen dafür nicht ausreichen würden. „Damit könnte eine deutliche Verspätung der Lieferungen von Johnson & Johnson nicht einmal zu 50 Prozent ersetzt werden“, sagte ZI-Chef Dominik von Stillfried dem Handelsblatt. „Denn davon erwarten wir 10,1 Millionen Dosen, die bereits bei einmaliger Impfung vollständigen Schutz geben.“
Der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, Carsten Watzl, hatte bereits vor der Nachricht aus Brüssel von der Bundesregierung schnelle Nachbestellungen von mRNA-Impfstoffen im nationalen Alleingang gefordert. Die Bundesregierung müsse jetzt reagieren und sowohl mit Biontech als auch mit Curevac in neue Verhandlungen treten und mehr Impfdosen für Deutschland sichern, sagte er der „Augsburger Allgemeinen“.
In Deutschland wächst die Sorge, dass die Impfkampagne ins Stocken gerät. Das Land Brandenburg kündigte am Mittwoch an, vorerst keine Termine mehr für Impfungen mit den Vakzinen von Biontech und Moderna zu vergeben. Hintergrund ist eine Entscheidung der Gesundheitsminister von Bund und Ländern, unter 60-Jährigen bei der Zweitimpfung kein Astra-Zeneca mehr zu verabreichen.
„Wir müssen in den kommenden drei, vier Wochen rund 60.000 Biontech-Impfdosen kompensieren, die nun für die Zweitimpfung nach einer Astra-Zeneca-Impfung für unter 60-Jährige nötig sind“, sagte Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen.
Zudem kommt Kritik von den Hausärzten an der Verteilung der Impfstoffe zwischen Praxen und Impfzentren. Den Praxen würden in den kommenden Wochen viel weniger Biontech-Dosen zugewiesen als versprochen, weil der Impfstoff offensichtlich vorrangig an die Impfzentren gehe, sagte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. „Die Zuteilung für die Hausärzte wurde halbiert. Daher wächst bei den niedergelassenen Ärzten die Sorge, dass sie in den kommenden Wochen eher weniger als mehr am Impfgeschehen teilhaben können.“
Das Bundesgesundheitsministerium wies die Kritik zurück. „Anders als von manchem behauptet, werden die Impfstofflieferungen an die Arztpraxen nicht halbiert“, teilte ein Sprecher mit. Die Impfstoffmenge steigere sich vielmehr stetig. „Außerdem war immer klar, dass nach zwei Wochen die Praxen Impfstoffe unterschiedlicher Hersteller bekommen.“
Mehr: Nach Stopp in den USA: Johnson & Johnson verzögert Impfstoff-Auslieferungen in Europa
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Honk, im Sinne von, ein wenig „blauäugig“ oder von mir aus auch „unbedarft“. Keineswegs bösartig.
@ Peter Michael
Ich finde das auch alles so peinlich, dass es schon wieder verdächtig ist.
Ich glaube ja, wir werden total verarscht.
Außerdem erwarte ich von unserer Politik, dass in Zukunft auch alles dafür getan wird, damit kein Mensch mehr in Armut leben muss. Denn es ist erwiesen, dass Armut und die damit einhergehenden Ängste und Sorgen lebensverkürzend sind. Und das kann doch keiner wollen, oder doch?
@Herrn Andre Peter
Ich verstehe Herrn von Hagen so, dass er keinen persönlich beleidigt. Er fragt doch eher, welcher Depp den Schmarrn glaubt - um es mal bajuwarisch zu übersetzen. Im Bayrischen ist "Depp" auch nicht so beleidigend gemeint, außer jemand ist empfindlich, was aktuell einen Nachteil darstellt. Ich finde in Zeiten wie diesen, in denen die Regierungen mit der Keule um sich schlagen, darf man ruhig auch mal etwas drastischer in der Wortwahl werden. Sonst wird man am Ende gar nicht verstanden.
Erst kommt man mit den Impfstoffen und dem Verimpfen nicht in die Gänge und schmeißt das Geld für Lockdowns raus, jetzt haut man die Kohle raus für Impfdosen die wir in dieser Menge in Europa nie brauchen werden. Es sei denn man geht davon aus, dass für jede Mutation wieder neue geimpft werden muss.
So lief es mit den 150 Mio. Impfdosen für die Schweinegrippe vor Jahren auch - die so fürchterlich angekündigte Pandemie fiel schlicht aus, war also wohl doch nicht so gefährlich und im letzten sind die Haltbarkeitsdaten überschritten und alles wurde entsorgt.
Übrigens - auch damals war der Alleswisser und Einflüsterer der Regierung, Prof. Droste der Hysteriker und zugleich Nutznießer seines PCR-Tests.
Das ganze ist schlicht nur peinlich.
@Herr Francis von Hagen
Können Sie "Honk" definieren - sagt mir in diesem Zusammenhang nichts. Die Annahme, die EU verhandele über die Vakzine der nächsten Generation hört sich schlüssig an, jedoch ist insgesamt die Coroana Politik nicht schlüssig.
Laut wikipedia: Honk ist eine umgangssprachliche und abwertende Bezeichnung für einen dummen Menschen im Sinne von Dummkopf oder Idiot
Das haben Sie aber sicher nicht gemeint, Sie wollen bestimmt niemanden beleidigen.
Mit der Angst, die permanent geschürt wird, lässt sich eben gutes Geld verdienen. Wahrscheinlich sollten wir dankbar sein, dass wir "kostenlos" geimpft werden können. Und gibt es eigentlich auch einen Impfstoff gegen zunehmende Verblödung? Das wäre mal wirklich ein Meilenstein!
Die EU verhandelt hier schon über die Vakzine der nächsten Generation. Welcher Honk glaubt denn ernsthaft, daß es mit den 2Impfdosen p.P. getan sein wird. Wirkstoffe und Vakzination müßen zyklisch angepasst werden.
Moment mal, die Einwohnerzahl der EU-27 liegt lt. Statistischem Bundesamt bei 447,7 Mio., d.h. bei zwei Piksern pro Person würden rund 900 Mio. Impfdosen benötigt, richtig?!
Dass jetzt allein mit Biontech/Pfizer angeblich über mehr als das Doppelte verhandelt wird, sollte nachdenklich machen - zumindest jene die das selbständige Denken noch nicht vollständig eingestellt haben...