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Impftourismus Dubai und Moskau locken Europäer zum Impfen

Europa steckt in Lockdown und Impfbürokratie fest. Doch ganz in der Nähe bieten sich Staaten an, um Ausländer schnell gegen Covid immunisieren zu lassen.
06.04.2021 - 19:05 Uhr Kommentieren
Dubai lockt digitale Nomaden an, die ihren Wohnsitz in die Emirate verlagern wollen und dann als Bewohner eine Covid-19-Spritze bekommen. Quelle: AFP
Hafen in Dubai

Dubai lockt digitale Nomaden an, die ihren Wohnsitz in die Emirate verlagern wollen und dann als Bewohner eine Covid-19-Spritze bekommen.

(Foto: AFP)

Moskau, Jerusalem Silvio R. hat eine Weile mit sich gerungen, ehe er sich für „Sputnik V“ entschied. Als Versuchskaninchen wollte er schließlich nicht dienen, sagt er. Aber schließlich hatte er es satt, ständig mit der Furcht vor Ansteckung zu leben. So meldete er sich beim Arzt an. Nach weniger als einer Woche hatte der Unternehmer aus Brasilien seinen Impftermin in Moskau.

Ende Februar bekam Silvio, der seinen vollständigen Namen nicht veröffentlicht sehen will, die erste Spritze. Anfang März die zweite Dosis. „Beim ersten Mal habe ich mich ein bisschen schlapp gefühlt, beim zweiten Mal gab es überhaupt keine Nebenwirkungen“, sagt er.

Für Silvio war die Prozedur unbürokratisch, der viel gereiste Geschäftsmann hat eine russische Aufenthaltsgenehmigung. Doch auch Ausländer, die keinen Wohnsitz in Russland haben, können sich inzwischen mit Sputnik V impfen lassen. Prinzipiell ist die Impfung für alle im Land kostenlos. Auch für Ausländer.

Der Impftourismus ist kein neues Phänomen – auch Israel und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) empfehlen sich als Destinationen für Impftouristen. Und da ganz Europa unter akutem Impfstoffmangel leidet oder in der Impfbürokratie feststeckt, machen immer mehr Menschen auch Gebrauch von dieser umstrittenen Praxis. Wer nur genug Geld zur Verfügung hat, der kommt an seine Impfung.

Auch aus Deutschland haben in dieser Woche die Impftouren nach Moskau begonnen. Das norwegische Reisebüro World Visitor etwa organisiert Flüge von Berlin und Frankfurt aus. Unterstützt wird die Firma in Russland von der „Gesamtrussischen Volksfront“ (ONF), einer von Staatspräsident Wladimir Putin gegründeten politischen Bewegung, die die Unterstützung für den Kreml über die Regierungspartei „Einiges Russland“ hinaus erweitern soll und daher eine starke Lobby in Moskau besitzt.

Russland nutzt Impftourismus für Propagandazwecke

Im derzeit laufenden Testbetrieb richtet sich das Angebot in erster Linie an Deutsche, die auch einen russischen Pass haben. In dem Paket sind Unterbringung, Untersuchung und zwei Impfungen in Moskau im Abstand von drei Wochen enthalten.

Der Chef von World Visitor, Albert Sigl, warnte Impfwillige, dass ONF sich an der Organisation der Tour beteilige und diese in russischen Medien zu PR-Zwecken verwendet werde. Tatsächlich berichten kremlnahe Medien ausführlich von den ersten Impfreisenden aus Europa, wobei das Impfchaos in Europa und die Probleme mit dem Vakzin von Astra-Zeneca dabei natürlich prominent erwähnt werden.

Sputnik V habe sich ein „makelloses“ Image erarbeitet, sodass entsprechende Initiativen inzwischen auch von ausländischen Partnern an Russland herangetragen würden, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow.

Während es beim bis zu 3000 Euro teuren Gesamtpaket mit Unterkunft derzeit noch Probleme mit der Visabeschaffung gibt, hat World Visitor auch ein „Super-Sparangebot“, das prinzipiell auch Ausländer ohne russischen Pass oder ohne Visum nutzen können. Für 1200 Euro soll nämlich demnächst die Möglichkeit einer Impfung im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo, drei Flugstunden von Berlin entfernt, geschaffen werden.

Impfreisen ans Mittelmeer oder den Persischen Golf

Auch in Israel hat sich inzwischen eine Art Blitzbesuch im Transferbereich etabliert – allerdings vorerst nur für israelische Staatsbürger, die im Ausland leben. Wenige Stunden nach der ersten Impfung am Tel Aviver Flughafen geht es wieder heimwärts. Drei Wochen später wird das Ganze wiederholt.

Das Außenministerium hat zudem für rund 700 Diplomaten und Botschaftsangestellte Flüge nach Tel Aviv organisiert. In Israel herrscht derzeit eine strenge Quarantänepflicht für Einreisende. Ausländer, die bei keiner der vier Krankenkassen registriert sind, können sich allerdings nicht impfen lassen. Zudem sind wegen Corona die Einreisebestimmungen für Touristen derzeit fast schon prohibitiv.

Auch in den Emiraten können Ausländer unter gewissen Bedingungen eine Covid-19-Impfung erhalten. So lockt Dubai zum Beispiel digitale Nomaden an, die ihren Wohnsitz in die Emirate verlagern wollen und dann als Bewohner eine Covid-19-Spritze bekommen. Zudem bietet der britische Knightsbridge Circle, ein exklusiver „Reise- und Lifestyleservice“, Impftrips in die Emirate an, falls die Impfwilligen über 65 Jahre alt sind und über das nötige Kleingeld verfügen. Denn das Ganze kostet mehrere Tausend Pfund.

Außer der Impfung wird ein Luxusaufenthalt im Hotel geboten, wie der „Telegraph“ berichtete. Pfizer-Dosen erhalte aber nur, wer eine Aufenthaltsgenehmigung in den VAE habe. Sonst müsse man sich mit dem chinesischen Impfstoff von Sinopharm begnügen.

In den vergangenen Monaten seien Manager, Politiker und Adelige in die Emirate gereist, wo ihnen Freunde in hohen Positionen geholfen hätten, sich Zugang zu Impfstoffen zu sichern, berichtete kürzlich die „Financial Times“. Man rechne aber damit, dass die VAE „irgendwann“ ein offizielles Impftourismusprogramm einrichten würden.

Mehr: Die EU sollte den russischen Impfstoff Sputnik V kaufen – und zwar jetzt

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