Klimawandel wird das Leben in Europa massiv umwälzen, sagt Geowissenschaftler Costas Synolakis
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Interview mit Costas SynolakisExperte für Naturkatastrophen: „Europäische Klimaziele sind ein letzter verzweifelter Versuch, das Klima zu stabilisieren“
Nach Ansicht des Geowissenschaftlers Costas Synolakis kippt das Klima derzeit schneller als prognostiziert. Dennoch sieht er Wege aus der Krise.
Athen Flutkatstrophen in Mitteleuropa, Flammenhölle am Mittelmeer: Der griechische Geowissenschaftler Costas Synolakis sieht in diesen extremen Wetterereignissen einen weiteren Beweis für die globale Erwärmung. „Das Muster passt leider zu einigen der konsequentesten Vorhersagen für den Klimawandel“, sagte der Wissenschaftler im Interview mit dem Handelsblatt.
Synolakis, der als Professor der Naturwissenschaften an der University of Southern California lehrt und als einer der weltweit renommiertesten Experten für Naturkatastrophen gilt, zeigt sich aber überrascht, dass diese Wetterphänomene schon jetzt in so massiver Form auftreten. Solche Extremereignisse habe man erst nach 2040 erwartet, sagte Synolakis.
„Unser Klima kippt“, befürchtet der Wissenschaftler und warnt: „Wir müssen unsere Vorstellungen, was ein Extremereignis ist, drastisch überarbeiten – extrem ist extremer, als wir dachten.“ Covid-19 habe gezeigt, „was passiert, wenn ein natürliches System einen Kipppunkt überschreitet: Dann wird es ziemlich unvorhersehbar und chaotisch“, sagte Synolakis. „Das ist die große Lehre aus der Pandemie.“
Vita
Costas Synolakis ist Inhaber des Lehrstuhls für Geowissenschaften an der Akademie von Athen und lehrt Naturkatastrophen an der University of Southern California. Er ist weltweit bekannt für seine bahnbrechenden Feldarbeiten, die die Auswirkungen von Tsunamis auf der ganzen Welt dokumentieren – er hat über 30 Tsunamis in aller Welt untersucht. Diese Feldarbeit half ihm bei der Entwicklung des Modells MOST, das jetzt von der US-amerikanischen National Oceanic and Atmospheric Administration für operative Tsunami-Warnungen verwendet wird.
Seit 2006 arbeitet er daran, die Auswirkungen des Meeresspiegelanstiegs auf Naturstrände zu verstehen. Synolakis ist ein anerkannter Experte für Krisenmanagement, mit Dutzenden von Zitaten in Fachzeitschriften, in der New York Times, der Washington Post und dem Wall Street Journal. 2014 wurde er von der European Geophysical Union mit der Sergei Solowjow-Medaille für seine Forschungen über Naturkatastrophen ausgezeichnet.
Das Ziel der EU, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen, hält Synolakis für „realistisch und wirtschaftlich machbar“. Er sieht darin aber nur „einen letzten, verzweifelten Versuch, das Klima zu stabilisieren“. Synolakis: „Wir haben den Punkt überschritten, an dem wir die bereits stattgefundene Erwärmung umkehren können.“
Herr Professor Synolakis, Dauerregen und Überschwemmungen in Mitteleuropa, Saharahitze und Feuerstürme am Mittelmeer – was passiert mit unserem Klima? Keine Frage: Wir erleben eine globale Erwärmung. Wir können zwar kein bestimmtes extremes Wetterphänomen schlüssig allein dem Klimawandel zuordnen. Aber das Gesamtmuster passt leider zu einigen der konsequentesten Vorhersagen für den Klimawandel.
Haben Sie eine solche Entwicklung erwartet? Nein. Ich hatte nicht erwartet, diese besondere Abfolge von Ereignissen so schnell zu sehen. Die Klimamodelle, die ich kenne, deuteten darauf hin, dass solche Folgen von Extremereignissen nach 2040 stattfinden würden.
Wir müssen also umdenken? Ja, aber das hat es in der Menschheitsgeschichte schon früher gegeben. Nehmen Sie das Erdbeben und die Tsunamis von 1755, die Lissabon fast dem Erdboden gleichgemacht, über 60.000 Menschen getötet und Portugals koloniale Ambitionen zerstört haben.
Was bewirkte diese Naturkatastrophe? Voltaire fragte sich damals, wie der gütige Gott so viel menschliches Leid zulassen konnte. Rousseau antwortete, dass Gott nicht für schlechte Baupraktiken verantwortlich sei. Die Korrespondenz der beiden veränderte die Philosophie. Und sie veränderte unser Denken über das Schicksalhafte von Katastrophen.
Costas Synolakis
Der Wissenschaftler untersucht Klimafolgen – hier Strand-Erosionen auf Kreta.
(Foto: Gerd Höhler)
Auf heute übertragen … … hoffe ich, Überschwemmungen, Hitzewellen und die damit verbundenen Feuerstürme werden ein ähnlich tief greifendes Umdenken über unsere gemeinsame Zukunft auslösen.
Müssen wir von jetzt an häufiger mit solchen Extremwettersituationen rechnen? Ja. Unser Klima kippt. Wir müssen unsere Vorstellungen, was wir ein Extremereignis nennen, drastisch überarbeiten. Darauf aufbauend müssen wir eine neue Infrastruktur entwerfen. Aber das ist natürlich schwierig, ohne genau zu wissen, was auf uns zukommt. Sicher ist: Extrem bedeutet nicht, was wir uns bisher darunter vorstellten. Extrem ist extremer, als wir dachten.
Griechenland erlebt gerade verheerenden Waldbrände. Hätten sie verhindert werden können? Es ist sehr schwierig, eine Naturkatastrophe zu verhindern, aber wir können ihre Auswirkungen reduzieren. Griechenland hat sein Krisenmanagement drastisch verändert. Evakuierungsbefehle werden über das Mobilfunknetz gesendet. So werden Bewohner in Risikogebieten gezielt gewarnt und über Evakuierungen informiert. Diese Woche hat das System geholfen, Leben zu retten. Bisher gab es keine Todesopfer bei den drei Großbränden in Euböa, Attika und Olympia. Hoffen wir, dass die Menschen weiterhin den Evakuierungsbefehlen folgen, denn die nächsten Tage werden außergewöhnlich schwierig.
Welche Konsequenzen hat dieser Klimatrend für die Wirtschaft und den Lebensstil der Mittelmeerländer? Abgesehen von Naturkatastrophen sind die Mittelmeerländer insofern privilegiert, als ihr Klima relativ gemäßigt bleibt. Mit einem angemessenen Ressourcenmanagement werden einige Länder zu Nettoexporteuren von Strom in das übrige Europa, und ihre Wirtschaftslage wird sich verbessern.
Wie kann das konkret aussehen? Nordafrikanische Länder könnten zum Beispiel Dubai-ähnliche Megastädte entwickeln, deren Wirtschaft auf Entsalzung und Solarenergie basiert. Das würde dazu beitragen, den klima- und armutsbedingten Migrationsdruck auf Europa zu verringern.
Ist der Tourismus für Länder wie Griechenland ein Geschäftsmodell mit Zukunft? Das griechische Tourismusmodell muss sich weiterentwickeln, um nachhaltig zu sein. Die Verbraucher werden bald Urlaub mit minimalem CO2-Fußabdruck bevorzugen. Nehmen wir an, Biokraftstoffe oder andere Netto-Null-Technologien lösen das Problem der Emissionen in der Luftfahrt- und Kreuzfahrtindustrie. Das reicht aber nicht.
Es muss auch vor Ort etwas passieren? Genau. Die derzeitige Infrastruktur in Griechenland kann die Besucherdichte in Bezug auf Recycling und Abfallmanagement nicht aufrechterhalten. In der Kohlenstoffbilanz der einzelnen Wirtschaftssektoren wird der ökologische Fußabdruck der Tourismusbranche in den nächsten Jahrzehnten immer größer.
Mit welcher Konsequenz? Die Tourismusbranche muss in großem Stil mit der Energiereduzierung und dem Recycling beginnen. Hier, fürchte ich, wird das Problem bei den Familienhotels liegen, die größer als ein Airbnb, aber kleiner als die Ketten sind. Sie werden den Druck der Verbraucher und Reiseveranstalter zu spüren bekommen.
Wird es in 100 Jahren überhaupt noch Sandstrände geben, die jetzt so viele Urlauber am Mittelmeer anziehen? Sie werden weniger und kleiner. Flache Sandstrände sind der Erosion durch den steigenden Meeresspiegel besonders stark ausgesetzt, viel mehr als Kieselstrände.
Können wir dem Klimawandel noch entgegenwirken? Wir haben den Punkt überschritten, an dem wir die globale Erwärmung in den nächsten hundert Jahren umkehren können. Wir können allenfalls hoffen, das Klima zu stabilisieren und schlimmere Folgen wie Dürren, lange Hitzewellen und häufige extreme Sturzfluten zu vermeiden, wie Deutschland sie gerade erlebt hat.
Also müssen wir mit dem Klimawandel leben? Natürlich können wir uns anpassen. Der Mensch ist sehr opportunistisch, unsere Lebensräume reichen von den äquatorialen Tropen bis zum Polarkreis. Die Frage ist, welche Lebensqualität zukünftige Generationen haben werden und wie invasiv die Gegenmaßnahmen sein werden. Naturbasierte Lösungen wie Wiederaufforstung, richtiges Strandmanagement, restaurative Landwirtschaft und die Umstellung von Betonbau auf Holz werden einen großen Beitrag leisten. Gegenmaßnahmen sind gut für die Volkswirtschaften und kosten weniger, wenn sie frühzeitig geplant werden. Das hat auch Covid-19 gezeigt.
Welchen Zusammenhang gibt es da? Die Pandemie hat uns gezeigt, was passiert, wenn ein natürliches System einen kritischen Punkt überschreitet. Dann werden die Ergebnisse ziemlich unvorhersehbar und chaotisch. Ich kenne niemanden, der im März 2020 trotz Hunderter mathematischer High-End-Simulationen eine vierte Covid-Welle vorhergesagt hat. Auch das Klima der Erde hat Kipppunkte. Wenn sie einmal überschritten werden, sind die Folgen unvorhersehbar. Das ist die große Lehre aus Covid-19.
Nach dem Unwetter in Rheinland-Pfalz
„Überschwemmungen, Hitzewellen und die damit verbundenen Feuerstürme werden ein ähnlich tief greifendes Umdenken über unsere gemeinsame Zukunft auslösen.“
Sind die Klimaziele der Europäischen Union realistisch? Es gibt Wirtschaftsprognosen von Wissenschaftlern und Unternehmensberatungen, die zeigen, dass die Klimaneutralität bis 2050 für die gesamte EU realistisch und wirtschaftlich machbar ist. Mir gefällt, was Deutschland gemacht hat, nämlich sich das Jahr 2045 als Ziel zu setzen.
Reichen diese Klimaziele denn aus? Wahrscheinlich nicht, wenn wir wollen, dass unsere Urenkel in einem Europa leben, dessen Klima sich so darstellt wie heute. Die europäischen Klimaziele bis 2050 sind ein letzter verzweifelter Versuch, das Klima zu stabilisieren, nicht die bereits stattgefundene Erwärmung umzukehren.
Wagen Sie eine Prognose: Wie werden Mittelmeerländer wie Griechenland in 100 Jahren aussehen? Eine interessante Frage. Der Anstieg des Meeresspiegels und die damit verbundene Erosion werden die meist hässlichen Konstruktionen an den Stränden beseitigen. Andererseits ist zu befürchten, dass die meisten Mittelmeerküsten von Felswänden geprägt sein werden oder von Deichen, die das Land schützen.
Welche gesellschaftlichen Veränderungen erwarten Sie? Wälder werden sorgsamer bewirtschaftet. Holz und Naturstein werden Beton als primären Baustoff ersetzen, denn Beton hat eine extrem schlechte Kohlenstoffbilanz. Ich gehe davon aus, dass die Bevölkerung der Städte am Mittelmeer nicht wachsen wird. Viele Menschen werden für einen besseren Lebensstil aufs Land zurückkehren und dort eine nachhaltige Landwirtschaft betreiben. Die Zeit wird zurückgespult.
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Herr Younes Lahmer
Die Warnung vor Wetterextremen und daraus folgenden Katastrophen besteht bereits seit über 20Jahren und wurde zuletzt auch auf dem letzten WEF in Davos im Januar 2020 stark verkündet. Wir müssen Umdenken und UMRÜSTEN. Die innovative Neutrino-Technologie wird eine grüne, weltweite Ära der Energienutzung ankurbeln. Der einstige BundesVerkehrsminister a.D., Prof. KRAUSE veröffentlichte dazu kürzlich: "Das ewige Licht - Der Beginn eines neuen Zeitalters" Er begründet eindringlich, die günstigste und sauberste Variante der Energienutzung basiert auf Neutrino Technologie. Eine mobile und dezentrale Energienutzung über die Neutrinovoltaic kann jetzt möglich werden, denn sie wird die Photovoltaik ergänzen und ablösen, denn sie kann auch in vollkommener Dunkelheit Energie wandeln. Die Patente der Berliner Neutrino Energy Group sind bereit. Die Einführung der Neutrinovoltaik zur Gewinnung von elektrischem Strom unter dem Einfluss verschiedener elektromagnetischer Strahlung, einschließlich hochenergetischer kosmischer Neutrinos basiert auf neueste Forschungsergebnisse. Die auf Neutrinovoltaik-Technologie basierenden DC-Neutrinoquellen sind sehr kompakt und wetterunabhängig, erzeugen in einem Grundmodus 24h x 365 Tage Strom und können in Gerätegehäuse oder sogar in Elektroautos eingebaut werden. Mobile, dezentrale Haushaltsenergie und unendliche Reichweite für die Elektromobilität. Die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften hatte bereits im Januar 2021 in einer von Daimler Benz beauftragten Studie die Effizienz der Technologie und die im Patent deklarierten Eigenschaften der "Neutrino-Voltaik" bestätigt. Allerdings wird die Neutrino Energy Group keine Mehrheitsaktien an religiöse und politisch agierende Regierungen oder Käufer veräussern, damit weltweit in Unabhängigkeit von alten Mächten die Märkte wachsen.
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Die Warnung vor Wetterextremen und daraus folgenden Katastrophen besteht bereits seit über 20Jahren und wurde zuletzt auch auf dem letzten WEF in Davos im Januar 2020 stark verkündet. Wir müssen Umdenken und UMRÜSTEN. Die innovative Neutrino-Technologie wird eine grüne, weltweite Ära der Energienutzung ankurbeln. Der einstige BundesVerkehrsminister a.D., Prof. KRAUSE veröffentlichte dazu kürzlich: "Das ewige Licht - Der Beginn eines neuen Zeitalters" Er begründet eindringlich, die günstigste und sauberste Variante der Energienutzung basiert auf Neutrino Technologie. Eine mobile und dezentrale Energienutzung über die Neutrinovoltaic kann jetzt möglich werden, denn sie wird die Photovoltaik ergänzen und ablösen, denn sie kann auch in vollkommener Dunkelheit Energie wandeln. Die Patente der Berliner Neutrino Energy Group sind bereit. Die Einführung der Neutrinovoltaik zur Gewinnung von elektrischem Strom unter dem Einfluss verschiedener elektromagnetischer Strahlung, einschließlich hochenergetischer kosmischer Neutrinos basiert auf neueste Forschungsergebnisse. Die auf Neutrinovoltaik-Technologie basierenden DC-Neutrinoquellen sind sehr kompakt und wetterunabhängig, erzeugen in einem Grundmodus 24h x 365 Tage Strom und können in Gerätegehäuse oder sogar in Elektroautos eingebaut werden. Mobile, dezentrale Haushaltsenergie und unendliche Reichweite für die Elektromobilität. Die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften hatte bereits im Januar 2021 in einer von Daimler Benz beauftragten Studie die Effizienz der Technologie und die im Patent deklarierten Eigenschaften der "Neutrino-Voltaik" bestätigt. Allerdings wird die Neutrino Energy Group keine Mehrheitsaktien an religiöse und politisch agierende Regierungen oder Käufer veräussern, damit weltweit in Unabhängigkeit von alten Mächten die Märkte wachsen.