Interview Ökonom Wolff: „500 Milliarden Euro wären eine bedeutsame Größe“

Der Direktor des Thinktanks Bruegel schlägt einen Investmentfonds vor, der kleineren Firmen Eigenkapital zur Verfügung stellt.
Berlin Im Interview plädiert der Ökonom Guntram Wolff für ein gemeinsames Verständnis, welche Staatshilfen nötig sind.
Doch bei den Hilfspaketen gelte es, genau hinzusehen. Es wäre „problematisch, wenn einige Länder ihre Unternehmen großzügig subventionierten und diese dann im gemeinsamen Markt Konkurrenten übernähmen“, sagt der Direktor des Thinktanks Bruegel im Gespräch mit dem Handelsblatt.
Lesen Sie hier das gesamte Interview:
Herr Wolff, wie viel Geld sollte die EU mobilisieren, um den Weg aus der Rezession zu finden?
100 oder 200 Milliarden Euro in dem Wiederaufbaufonds würden wenig bewirken. Wenn die EU aber 500 Milliarden Euro mobilisieren würde, die besonders in die hart getroffenen Mitgliedstaaten als Kredit fließen, wäre das schon eine bedeutsame Größe.
Konkret?
Italien ist heute Nettozahler: Es überweist 0,2 Prozent seiner Wirtschaftsleistung mehr ins EU-Budget, als es zurückerhält. Wenn das Land zum Nettoempfänger in gleicher Höhe würde, entspräche das einer Entlastung um 0,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Damit ließen sich sicherlich die steigenden Zinskosten ausgleichen, die Rom für neue Schulden zur Finanzierung der Pandemiebekämpfung aufbringen muss. Das wäre eine echte Hilfe.
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Die EU-Staaten streiten darüber, wie viel Geld als Transfer fließen soll und wie viel als Darlehen, die zurückgezahlt werden müssen. Was raten Sie?
Die Kommission wird voraussichtlich vorschlagen, mit Garantien der Mitgliedstaaten im Rücken zinsgünstig Geld am Finanzmarkt aufzunehmen und an diese weiterzureichen. Nach den EU-Verträgen kann es sich dabei nur um zurückzuzahlende Kredite handeln. Transfers werden hingegen aus dem EU-Haushalt fließen müssen. Ich würde zusätzlich für einen Investmentfonds plädieren, der kleineren Firmen Eigenkapital zur Verfügung stellt.
Einige Länder fürchten, die üppigen Rettungspakete für deutsche Unternehmen könnten den Wettbewerb im Binnenmarkt verzerren. Zu Recht?
Natürlich kann die EU Deutschland nicht vorschreiben, schlecht aus der Krise zu kommen. Aber es wäre problematisch, wenn einige Länder ihre Unternehmen großzügig subventionierten und diese dann im gemeinsamen Markt Konkurrenten übernähmen, die keine Unterstützung erhalten. Wir zeigen ja nicht umsonst mit dem Finger auf chinesische Unternehmen, die mit staatlicher Hilfe auf Einkaufstour gehen. In den nächsten Monaten sollten Kommission und EU-Staaten daher ein gemeinsames Verständnis entwickeln, welche Interventionen nötig sind. Dazu gehören die gesellschaftlichen Ziele wie die Bekämpfung des Klimawandels und eine Antwort auf die Frage: Wollen wir, dass der Staat zum Unternehmer wird und die Geschäftsstrategie bestimmt?
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