Israelischer Soldat muss ins Gefängnis: Palästinenser erschossen – eineinhalb Jahre Haft
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Israelischer Soldat muss ins GefängnisPalästinenser erschossen – eineinhalb Jahre Haft
Ein israelischer Soldat erschießt einen palästinensischen Attentäter, der verletzt am Boden liegt. Die Tat löst in Israel eine heftige öffentliche Kontroverse aus. Jetzt muss der 21-Jährige ins Gefängnis.
Tel Aviv Ein israelischer Soldat muss wegen Totschlags an einem verletzten palästinensischen Attentäter für eineinhalb Jahre ins Gefängnis. Ein Militärgericht in Tel Aviv verurteilte den 21-jährigen Elor Asaria am Dienstag außerdem zu 18 Monaten Haft auf Bewährung. Der Dienstgrad des Unteroffiziers soll zudem auf die niedrigste Stufe herabgesetzt werden. Seine Haft beginnt am 5. März. Asaria war im vergangenen Monat schuldig gesprochen worden. Seine Rechtsanwälte wollen das Urteil anfechten.
Asaria hatte im März 2016 in Hebron im Westjordanland einen verletzt am Boden liegenden Attentäter mit einem Kopfschuss getötet. Er habe sich damit „zum Richter und zum Henker gemacht“, hieß es im Urteil des Militärgerichts. Die Richterin sagte, Asaria habe mit seiner Tat den Wert menschlichen Lebens missachtet. Die Anklage hatte drei bis fünf Jahre Haft gefordert, die gesetzliche Höchststrafe liegt bei 20 Jahren.
Die radikal-islamische Palästinenserorganisation Hamas
Die radikal-islamische Hamas ist die zweitgrößte Palästinenserorganisation. Die 1987 gegründete Gruppe bestreitet das Existenzrecht Israels und fordert die gewaltsame Errichtung eines islamischen Palästinas vom Mittelmeer bis zum Jordan. Ihr militärischer Arm, die Kassam-Brigaden, hat in der Vergangenheit Dutzende tödliche Anschläge auf Israelis verübt.
Seit 2007 herrscht die Hamas im palästinensischen Gazastreifen. Damals vertrieb sie die gemäßigtere Fatah-Organisation von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas gewaltsam aus dem Küstenstreifen.
Seither haben die militanten Palästinenser mehr als 17.000 Raketen und Mörsergranaten auf Israel abgefeuert, wie die israelische Armee sagt. Die Fatah herrscht seit 2007 nur noch in den nicht von Israel verwalteten Teilen des Westjordanlandes. Es gibt jedoch auch im Westjordanland aktive Hamas-Zellen.
Die Hamas und ihre Milizen werden unter anderem von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuft.
Nach 2007 änderte die Hamas ihre Strategie und zeigte grundsätzlich Bereitschaft zu einer langfristigen Waffenruhe mit Israel. Diese ist jedoch nicht in Sicht. Bis zu einer solchen Vereinbarung setzt die auch im Sozialbereich engagierte Organisation weiter auf den „bewaffneten Widerstand“.
Die palästinensische Politikerin Hanan Aschrawi beschrieb das Strafmaß als „Hohn auf die Gerechtigkeit“. Es beweise, dass palästinensisches Leben als wertlos angesehen werde. Israels Verteidigungsminister Avigdor Lieberman sagte nach Verhängung der Haftstrafe: „Das Sicherheitssystem muss dem Soldaten und seiner Familie zur Seite stehen.“ Gleichzeitig rief er dazu auf, die Entscheidung des Gerichts zu respektieren. Erziehungsminister Naftali Bennett von der Siedlerpartei forderte eine sofortige Begnadigung Asarias im Sinne der Sicherheit Israels. Dutzende Anhänger Asarias demonstrierten während der Verkündung des Strafmaßes vor dem Militär-Hauptquartier in Tel Aviv und forderten dessen Freilassung. „Tod den Terroristen“, riefen einige in Sprechchören.
Asaria gab während des Prozesses an, er habe aus Sorge gehandelt, der 21-jährige Attentäter könnte einen Sprengstoffgürtel tragen und diesen zur Explosion bringen. Das Gericht schenkte dieser Darstellung jedoch keinen Glauben. Es urteilte vielmehr, Asaria habe Rache für einen bei dem Anschlag verletzten Kameraden nehmen wollen. Die Tat wurde von einem Mitarbeiter der Menschenrechtsorganisation Betselem gefilmt. Der Vorfall ereignete sich während einer Welle palästinensischer Anschläge auf Israelis.
Der aufsehenerregende Fall spaltet Israel. Von einigen wird Asaria als Held gefeiert, andere sehen ihn als Mörder. Anhänger des Soldaten hatten den zuständigen Richtern wegen der Verurteilung mit Mord gedroht, diese wurden daher unter Schutz gestellt. Mehrere Politiker, darunter auch Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, haben sich noch während des Prozesses für eine Begnadigung des Soldaten ausgesprochen.
Nach seiner Verurteilung wegen Totschlags hatte Asarias Familie den israelischen Rechtsanwalt Joram Scheftel angeheuert, damit dieser das Verteidigungsteam anführt. Scheftel wurde international bekannt, als er 1993 vor Israels Höchstem Gericht eine Aufhebung des Todesurteils gegen den NS-Verbrecher John Demjanjuk erreichte. Es konnte damals nicht einwandfrei nachgewiesen werden, dass Demjanjuk mit dem berüchtigten SS-Wachmann „Iwan der Schreckliche“ identisch war. Israel schob Demjanjuk danach in die USA ab.
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