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Italien Ökonomen kritisieren Italiens Haushaltsplan für 2020

Das Parlament in Rom verabschiedet den Haushalt 2020. Ökonomen sehen den Plan skeptisch. Doch immerhin droht dieses Jahr kein Strafverfahren aus Brüssel.
22.12.2019 - 16:15 Uhr Kommentieren
2020 plant die Regierung mit einem Haushaltsdefizit in Höhe von 2,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Quelle: AP
Premierminister Giuseppe Conte

2020 plant die Regierung mit einem Haushaltsdefizit in Höhe von 2,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

(Foto: AP)

Rom Kein Shoppen, kein Feiern, die italienischen Parlamentarier müssen Sonderschichten machen. Früh am vierten Adventssonntag trat die Abgeordnetenkammer zur abschließenden Debatte über den Haushalt 2020 zusammen. Das Votum ist für Montag angesetzt.

In der zweiten Kammer, dem Senat, war der Haushalt vor ein paar Tagen mit 166 Ja- und 128 Neinstimmen durchgegangen. Er muss laut Gesetz bis Jahrsende vom Parlament verabschiedet werden. Doch der heftige Streit der Parteien dauerte bis zur letzten Abstimmung. Immerhin war das Kapitel Haushalt dieses Jahr vor Weihnachten abgeschlossen.

Im vergangenen Jahr war das anders. Da konnte der Haushalt nach den Feiertagen erst auf die allerletzte Minute verabschiedet werden. Denn die EU-Kommission hatte dem chronischen Schuldenmacher Italien wegen überhöhter Neuverschuldung mit einem Strafverfahren wegen der Überziehung des Defizits gedroht. Erst nach wochenlangen Verhandlungen mit der damals noch regierenden Populistenkoalition von Lega und Fünf Sternen kam es zur Einigung.

Italien gab nach und sagte zu, das Staatsdefizit 2019 auf 2,04 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu begrenzen. Ursprünglich hatte die Regierung 2,4 Prozent in Aussicht gestellt – dreimal so viel wie ihre Vorgängerregierung. Die Regierung sagte eine Ausgabenüberprüfung und eine Überprüfung der Steuervergünstigungen zu, um den Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts entsprechende strukturelle Verbesserungen herbeiführen.

Dann kam im Sommer das Ende der Populisten. Seit September regiert die neue, europazugewandte Koalition in Rom. 2020 plant die Regierung mit einem Haushaltsdefizit in Höhe von 2,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Bis 2022 soll es auf 1,4 Prozent sinken. Brüssel hat bereits mitgeteilt, dass dieses Mal kein Strafverfahren droht. Aber Italien bliebt mit seinen rund 135 Prozent Staatsschulden auch im Visier der neuen EU-Kommission.

Man habe nicht viel Zeit für die Aufstellung des Haushalts gehabt, sagte Wirtschafts- und Finanzminister Roberto Gualtieri. Und eine schwierige Situation von den Vorgängern geerbt. „Deshalb kann man diesen Haushalt als ein kleines Wunder betrachten.“

Der Haushalt hat ein Volumen von 32 Milliarden Euro, von denen allein 23,1 Milliarden benötigt werden, um eine in den Jahren zuvor beschlossene automatische Erhöhung der Mehrwertsteuer zu vermeiden. Die Bekämpfung der Steuerhinterziehung habe Priorität, so Gualtieri.

Laut Schätzungen gehen jährlich rund 100 Milliarden Euro am Fiskus vorbei. Der Minister rechnet bei erfolgreicher Bekämpfung mit Einnahmen von sieben Milliarden Euro für die Staatskasse. Außerdem werde die Steuerlast gesenkt, „um 7,1 Milliarden im Vergleich zum Vorjahr“, so Gualtieri.

Über andere Maßnahmen wie Steuererleichterungen für Angestellte, eine Plastiksteuer und eine Zuckersteuer, deren Einführung schließlich weit in die zweite Jahreshälfte verschoben wird, gab es tagelang erbitterten Streit innerhalb der Koalition.

Ökonomen halten das Haushaltsgesetz für keinen großen Wurf. Der Spielraum sei allerdings auch sehr eingeengt durch die Altlasten der Vorgängerregierung und durch die Wachstumsschwäche des Landes, sagte Pier Carlo Padoan von der PD, ehemaliger Wirtschafts- und Finanzminister der Regierung Gentiloni.

Kein Spielraum für expansiven Haushalt

„Der Steuer-Spielraum des vorhergehenden Haushaltsgesetzes wurde zum großen Teil erschöpft, um Maßnahmen wie das Grundeinkommen und die vorgezogenen Renteneintritt zu finanzieren“, kritisiert er. Deren Auswirkungen auf das Wachstum sei gering gewesen. Beide werden nicht angetastet.

„Dieser Haushalt dient bloß dazu, um über der Wasseroberfläche zu bleiben”, meint ironisch der Mailänder Ökonom Carlo Cottarelli. „Es gibt viele kleine Maßnahmen, ein paar Steuern mehr, ein bisschen mehr Ausgaben, aber die Dimension des Defizits, das heißt das Geld, das der Staat in die Wirtschaft steckt, ist im Prinzip unverändert.“

Dass die Regierung nur das Mindestmögliche getan habe, sagt auch der römische Ökonom Pietro Reichlin. Sie habe allerdings auch die Ausgabenerhöhungen durch das Grundeinkommen und die Rentenreform geerbt, die durch künftige Steuern finanziert worden seien. Diese Rechnung habe früher oder später bezahlt werden müssen.

„Der einzige substanzielle Vorteil des Haushalts ist es, dass sich die Finanzmärkte beruhigt haben und das hat den Höhenflug des Risikoaufschlags gestoppt“, so Reichlin. Es habe keinen Spielraum für einen expansiven Haushalt gegeben.

Immerhin, nach Berechnungen des Beratungsunternehmens Prometeia von Dezember wird dieser Haushalt das Bruttoinlandsprodukt im nächsten Jahr um 0,1 Prozent nach oben treiben. Doch das Problem Italiens bleibt das fehlende Wachstum. „Die Wirtschaftspolitik erscheint ungewiss und die Verbesserung, die sich aus den Konjunkturindikatoren ergibt, könnte ohne strukturierte Maßnahmen für mehr Wachstum verpuffen”, heißt es in dem Bericht.

Wirtschafts- und Finanzminister Gualtieri bleibt optimistisch. „Es gibt erste ermutigende Signale“, sagte er bei seiner Anhörung in der Abgeordnetenkammer. Mit dem Haushalt 2020 schlage das Land eine neue Seite auf und gehe auf Kurs für mehr Wachstum und sozialen Zusammenhalt.

Mehr: Schon wieder rettet die italienische Regierung ein Geldhaus mit Staatsgeldern. Zur bitter nötigen Glaubwürdigkeit Italiens trägt so ein Vorgehen nicht bei.

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