Italien und Griechenland EU-Rechnungshof: Millionenhilfen für Südeuropa zeigen kaum Wirkung

Die Bedingungen für unbegleitete Minderjährige auf den griechischen Inseln ist laut Europäischem Rechnungshof katastrophal. Vor allem wegen der hohen Überkapazitäten in den Lagern.
Düsseldorf Griechenland und Italien brauchen nach Einschätzung von Experten des Europäischen Rechnungshofes bessere Unterstützung bei der Bewältigung der Folgen der Migrationskrise. „Auch wenn die Kapazitäten der griechischen und italienischen Behörden erhöht wurden, ist die Durchführung der Asylverfahren in Griechenland und Italien weiterhin von langen Bearbeitungszeiten und Engpässen geprägt“, heißt es in einem am Mittwoch veröffentlichten Sonderbericht.
Die EU hat von 2014 bis 2019 für beide Länder mehr als 800 Millionen Euro an Soforthilfen bereitgestellt, mit denen Asylverfahren, die Umsiedlung von Flüchtlingen in andere EU-Länder oder die Rückführung in die Herkunftsländer organisiert werden sollten. Nur ein Drittel der mit dem Geld finanzierten Projekte, die von den Prüfern im Rahmen einer Stichprobe untersucht wurden, hätten ihre Ziele erreicht.
Zwar hätten sich die Verfahren zur Registrierung und Abnahme von Fingerabdrücken von Migranten in den Aufnahmezentren erheblich verbessert. Die Zielvorgaben der zeitlich befristeten Notfall-Umsiedlungsregelungen seien allerdings nicht erreicht worden.
Grund ist nach Einschätzung der Rechnungshof-Experten, dass die Behörden beider Länder anfangs nicht in der Lage waren, alle für die Regelung in Betracht kommenden Personen zu ermitteln und erfolgreich dazu zu bringen, sich für eine Umsiedlung zu bewerben. So seien lediglich 21 999 Migranten aus Griechenland und 12 706 Migranten aus Italien in andere EU-Staaten umgesiedelt worden, obwohl es eigentlich mehr als 98 000 Plätze gegeben hätte.
Der Rechnungshof vermeidet es allerdings, einzelne Behörden oder Staaten für die Diskrepanzen verantwortlich zu machen. Zu vielschichtig seien die Probleme, schreiben die Prüfer.
Überkapazitäten und katastrophale Bedingungen für Kinder
Die italienischen Aufnahmezentren seien entweder leer oder fast leer, sauber und gut ausgestattet. Im krassen Gegensatz dazu sind die Lebensbedingungen in griechischen Hotspots, insbesondere auf Lesbos und Samos, aufgrund von Überfüllung, Ärztemangel und unzureichender Sicherheit mangelhaft.
Die Flüchtlingszentren auf Lesbos und Samos, die über eine Kapazität von 3.100 beziehungsweise 640 Migranten verfügen, beherbergten zum Zeitpunkt des Prüfbesuchs durch den Rechnungshof im Februar 2019 je 5.096 bzw. 3.745 Menschen. Viele von ihnen lebten in Zelten außerhalb des offiziellen Aufnahmezentrums.
Eine rasche Verbesserung der Situation sei auch nicht in Sicht, heißt es im Bericht. Schuld seien langsame Auftragsvergabeverfahren, die verzögerte Durchführung von Instandhaltungs- und Modernisierungsprojekten, der anhaltende Zustrom neuer Migranten und langwierige Asylverfahren.
Die Bedingungen für unbegleitete Minderjährige auf den griechischen Inseln seien zudem katastrophal. „Die Kapazität jedes Containers in Samos war offiziell für acht bis zehn Minderjährige ausgelegt, aber in jedem Container lebten rund 16 unbegleitete Minderjährige, die sogar auf dem Boden schliefen“, schreiben die Prüfer.
Zudem kritisieren die Experten, dass Migranten ohne Bleiberecht auch von Italien und Griechenland nicht konsequent genug in ihre Heimatländer zurückgeführt werden. Als Ursachen nennen sie unter anderem unzureichende Kapazitäten der Gewahrsamseinrichtungen, die schwierige Zusammenarbeit mit dem Herkunftsland der Migranten oder das Abtauchen von Flüchtlinge nach Ergehen der Rückkehrentscheidung.
Um die Defizite zu beheben, empfiehlt der Rechnungshof, die EU-Unterstützung für Asylverfahren zu verbessern und effizientere Unterstützung bei Rückführungsaktionen zu leisten – zum Beispiel durch den Einsatz von mehr EU-Experten.
Zudem sollte die Verwaltung der EU-Hilfen und EU-Programme verbessert werden. Griechenland hat allein bis 2019 rund 703 Millionen Euro an Soforthilfe-Mitteln aus dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) der EU erhalten. Italien bekam 122 Millionen Euro.
Mehr: Um sich auf eine neue „Migrationswelle“ vorzubereiten, hat Tschechien die Überwachung seiner Grenzen geprobt. Von der Flüchtlingskrise 2015 war das Land kaum betroffen.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.