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Japan Japans Regierungschef Yoshihide Suga kündigt seinen Rücktritt an – kurz vor den Parlamentswahlen

Suga war erst vor einem Jahr angetreten, um die Abenomics fortzuführen. Doch Pandemie, Skandale und seine Wette auf die Olympischen Spiele kosten ihn nun das Amt.
03.09.2021 Update: 03.09.2021 - 10:09 Uhr Kommentieren
Der Premier kündigt den Rückzug von der Parteispitze an. Quelle: via REUTERS
Yoshihide Suga

Der Premier kündigt den Rückzug von der Parteispitze an.

(Foto: via REUTERS)

Tokio Nach weniger als einem Jahr schmeißt Japans Ministerpräsident Yoshihide Suga kurz vor Parlamentswahlen im Herbst sein Amt hin. Nach konstant schlechten Umfragewerten und  monatelanger Kritik an seinem Umgang mit der Corona-Pandemie kündigte er am Freitag überraschend an, bei der zu Ende dieses Monats geplanten Neuwahl des Parteivorsitzes seiner Liberaldemokratischen Partei (LDP) nicht zu kandidieren und sein Regierungsamt niederzulegen.

Der 72-Jährige begründete seinen Entschluss mit den stark steigenden Corona-Infektionszahlen, die derzeit Japans Gesundheitssystem zu überwältigen drohen. Er wolle sich auf die Eindämmung der Corona-Pandemie konzentrieren, sagte Suga am frühen Nachmittag in Tokio. „Die Corona-Bekämpfung und der Wahlkampf kosten beide enorm viel Energie. Ich kann nicht beides machen.“

Der eigentliche Grund ist allerdings der tiefe Absturz seiner Popularität. In Umfragen stimmen konstant unter 30 Prozent der Befragten für sein Kabinett. Dies hat bei der LDP Angst ausgelöst, bei den Parlamentswahlen im Herbst nach neun Jahren gegen die Demokratische Verfassungspartei und andere Oppositionsgruppen zu verlieren.

Spätestens im November wählen die Japaner ein neues Unterhaus, die wichtigere der zwei Kammern des Parlaments. Nun kann die LDP frei von dem pandemischen Ballast aus Sugas Amtszeit einen neuen Parteichef wählen und damit die Chancen erhöhen, mit ihrem Koalitionspartner, der buddhistischen Neuen Gerechtigkeitspartei, ihre absolute Mehrheit zu verteidigen.

Jubel an den Aktienmärkten

Die Aktienmärkte reagierten prompt auf die unerwartete Aussicht auf Stabilität. Der Nikkei-225-Aktienindex zog nach der Nachricht um zwei Prozent an. „Die Fortsetzung der Regierung Suga galt als negativ für den Aktienmarkt“, erklärte Toshihiro Nagahama, der Chefvolkswirt des Wirtschaftsforschungsinstituts der Daiichi-Lebensversicherung.

Viele Anleger hoffen offenbar, dass die derzeitige Koalitionsregierung ihre wachstums- und industriefreundliche Wirtschaftspolitik weiterführen kann. Doch noch ist nicht absehbar, ob dies nach Sugas tiefem Sturz vom Hoffnungsträger zum Sympathiekiller gelingen kann.

Vor einem Jahr trat Suga überraschend die Nachfolge von Shinzo Abe an, der seit Ende 2012 die Regierung leitete. Mit seiner wachstumsfreundlichen „Abenomics“ hatte Abe zu einer rasanten Erholung der Aktienkurse und Gewinne der Japan AG beigetragen. Als Kabinettamtschef brachte Suga die Partei und Bürokratie für Abe erfolgreich auf Linie.

Als Abe offiziell aus gesundheitlichen Gründen zurücktrat, galt Sugas Beförderung zum Regierungschef als Garant für Kontinuität. In Meinungsumfragen wurde sein Kabinett mit Zustimmungsraten von 70 Prozent begrüßt. Und Suga selbst setzte politische Akzente.

Zuerst gab er das Ziel aus, das Japan bis 2050 kohlendioxidneutral wirtschaften wolle. Außerdem setzte er die Digitalisierung der Verwaltung und Unternehmenswelt auf seine Reformagenda, eine wichtige Aufgabe, die unter Abe kaum vorangekommen war.

Aber Skandale seines Vorgängers, seine unklare Politik gegen die immer wieder aufflammenden Virenwellen, ein extrem langsamer Start des Impfprogramms und der öffentliche Widerstand gegen die Austragung der Olympischen Spiele inmitten einer Virenwelle zehrten seine Popularität auf.

Suga hatte darauf gehofft, mit einem Medaillenrausch des japanischen Olympia-Teams die Öffentlichkeit zurückerobern zu können. Aber das Gegenteil war der Fall. Seine Popularitätswerte sanken immer weiter.

Doch als im August ein Oppositionskandidat in Sugas politischer Heimat, der Millionenmetropole Yokohama, gewann, witterten Suga-Gegner ihre Chance, den Regierungschef in den LDP-Präsidentschaftswahlen zu verdrängen.

Offenes Rennen um Japans Spitzenamt

Mehrere ernstzunehmende Rivalen kündigten bereits ihre Kandidatur an. Suga wollte eigentlich noch mit einer Kabinettsumbildung zurückschlagen. Er wollte den Mann, der ihn als Regierungschef durchgebracht hatte, LDP-Generalsekretär Toshihiro Nikai, opfern, um sich zu retten. Nikai hätte den Posten des LDP-Generalsekretärs abgeben sollen, und im Gegenzug hätte Suga einen neuen ernannt. Die Hoffnung war, dass mit dem Personalwechsel in Partei und Regierung die Umfragewerte wieder steigen würden. Diese Mittel hatten sich in der Vergangenheit schon öfter bewährt. Aber der innerparteiliche Widerstand wurde zu stark.

Mit seinem Rücktritt öffnet der Regierungschef nun das Feld für zu einem wirklichen Wettbewerb. Denn nun können auch Suga-getreue Politiker antreten, die bei den Präsidentschaftswahlen nicht gegen ihn kandidieren wollten.

Noch ist allerdings offen, wer zu den Präsidentschaftswahlen am 29. September als Kandidat antreten und vor allem die größte Zustimmung unter den sieben großen Machtgruppen der Partei erhalten wird.

Sugas Vorgänger Abe sowie der Finanzminister Taro Aso gelten dabei neben Nikai als die wichtigsten Königsmacher. Sie haben viel Einfluss bei der Kandidatenkür – und wer siegen will, muss nun mal die Mehrheit der Parteiflügel auf sich vereinen.

In vielen Umfragen führt Taro Kono, der derzeit als Minister für Verwaltungsreform auch Japans Impfprogramm zu einem der schnellsten der Welt aufgebaut hat. Kono hatte zuvor als Außen- und Verteidigungsminister gedient und durch schwierige Entscheidungen Pluspunkte gesammelt.

An zweiter Stelle rangiert Shigeru Ishiba, der sich vor allem in der Verteidigungspolitik einen Namen gemacht hat und in vielen regionalen Parteigliederungen beliebt ist. Aber er ist bisher bei jeder seiner Kandidaturen gescheitert. Als andere Interessenten werden der ehemalige Außenminister Fumio Kishida und die rechtskonservative ehemalige Innenministerin Sanae Takaichi gehandelt.

Nur eines ist jetzt schon klar: Nach der rekordlangen Amtszeit von Suga-Vorgänger Abe kehrt Japan damit wieder zu einer alten Tradition zurück – politische Wechselfreude an der Spitze. Während die LDP seit ihrer Gründung in den 1950er-Jahren bis auf wenige Jahre regierte, hielten sich viele ihrer Ministerpräsidenten kaum länger als ein Jahr.

Mehr: Regierungschef Suga hat den Japanern „sichere Spiele“ versprochen. Doch nun fordern erste Experten einen Abbruch – wegen einer heimischen Corona-Welle.

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