Japans Ministerpräsident Diese Bewerber bringen sich für Shinzo Abes Nachfolge in Stellung

Japans Premier gab seinen Rücktritt aus gesundheitlichen Gründen bekannt.
Tokio Kämpfe um die Parteipräsidentschaft in Japans Liberaldemokratischen Partei (LDP) sind immer eine bunte Kandidatenschau. Um dem Wahlvolk Transparenz zu demonstrieren, schickt die Partei immer wieder viele Bewerber in den Ring. So sind auch wenige Tage nach dem Rücktritt von Ministerpräsident Shinzo Abe schon etliche Namen als mögliche Nachfolger im Gespräch. Dabei wird es ein undankbarer Job, besonders dieses Mal.
Schon Japans Geschichte lehrt, dass in den Jahren nach starken Ministerpräsidenten das Amt einer Drehtür gleicht. Nachdem der Reformpremier Junichiro Koizumi nach fünf Amtsjahren abtrat, folgten sechs Regierungschefs in sechs Jahren. Abe war damals eine der politischen Einjahresfliegen, bevor er sich im zweiten Anlauf fast acht Jahre auf der Position hielt. Nun erschwert er seinem Nachfolger das Wirken durch sein großes Vorbild.
Die besten Chancen dürfte sein Kabinettsamtschef Yoshihide Suga haben. Er gilt als Abes Favorit. Denn der 71-Jährige hat dem Regierungschef fast acht Jahre lang treu als Einpeitscher gedient, der sowohl die Partei als auch die Bürokratie auf Abes Linie brachte. Damit gilt er besonders in der derzeitigen Krise als ein Garant für wirtschaftspolitische Kontinuität.
Die Unterstützung von LDP-Generalsekretär, Toshihiro Nikai, hat sich Suga jedenfalls schon gesichert. Gleichzeitig dürften flügelunabhängige Kandidaten und der Koalitionspartner, die Neue Gerechtigkeitspartei, ebenfalls für Suga sein. Die Tageszeitung „Asahi“ erwartet daher, „dass Suga nach Abwägung der öffentlichen Meinung und anderer Faktoren eine endgültige Entscheidung treffen wird“.
Ein ernsthafter Gegner könnte Abes Dauerrivale Shigeru Ishiba werden, den Abe politisch kaltgestellt hatte. Der Sicherheitsexperte der LDP hätte am ehesten das Zeug, eine Wende zu wollen. Immerhin hatte er sich bereits Anfang Juli als einer der ersten Politiker öffentlich mit Kritik am Chef in Stellung gebracht: In einer Web-Konferenz der Wirtschaftszeitung „Nikkei“ kritisierte er unverhohlen Abes autoritären Führungsstil, der von Vorwürfen der Vetternwirtschaft begleitet wurde.
„Macht sollte bescheiden ausgeübt werden“, sagte der 63-Jährige damals. „Wir müssen eine wirkliche Demokratie wiederaufbauen.“Abe allerdings wird seine Restmacht einsetzen, um Ishiba zu verhindern.
Ehemalige Innenministerin geht als Außenseiterin ins Rennen
Ein weiterer Kandidat aus Abes Dunst- und Alterskreis könnte der ehemalige Außenminister Fumio Kishida werden. Wie Abe stammt der 63-Jährige aus einer alten Politikerdynastie und ist ebenfalls – wenn auch entfernter – mit einem früheren Ministerpräsidenten verwandt. Abe hat ihn jüngst zum Politikchef der LDP ernannt. Dort sollte sich Kishida als politischer Ideengeber beweisen, um sich für die ursprünglich für 2021 geplante Nachfolge Abes zu empfehlen – ohne Erfolg.
„Kishida ist zwar pazifistischer als der Nationalist Abe, aber gilt als führungsschwach“, meint der Politologe Hideaki Ohta von der Ritsumeikan-Universität. Die Wirtschaftszeitung „Nikkei“ sieht es ähnlich. Der 63-Jährige habe beim Kampf gegen die Pandemie zu wenig geführt und damit viel Rückhalt in der Partei verloren.
Als klare Außenseiterin im Rennen um Abes Nachfolge gilt die ehemalige Innenministerin Seiko Noda. Sie gab vergangene Woche an, erneut nach den notwendigen 20 Unterstützern unter den Unter- und Oberhauskandidaten der LDP suchen zu wollen, die für eine Nominierung notwendig sind. An dieser Eintrittshürde ist sie bisher immer gescheitert. Dabei gilt die 59-Jährige als mögliche zukünftige Ministerpräsidentin, seitdem sie im Alter von 37 Jahren Japans jüngste Ministerin wurde.
Zuletzt gilt auch der langjährige Finanzminister Taro Aso als möglicher Bewerber, der ab 2008 schon mal für ein Jahr Ministerpräsident war. Der Manga-Comic-Fan führte die LDP 2008 zwar in eine historische Wahlniederlage gegen die Demokraten und ist mit 79 Jahren kein Kandidat für die Zukunft. Aber er wäre zumindest ein möglicher Übergangskandidat bis zu Neuwahlen des Unterhauses, die bis Oktober 2021 stattfinden müssen.
Nach bisherigen Informationen will die Regierung am 17. September im Unterhaus Abes Nachfolger wählen. Die bunte Kandidatenschau würde damit zumindest ein schnelles Ende finden.
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