John Roberts Stimme der Vernunft: Der Oberste US-Richter setzt ein denkwürdiges Signal

Der 64-Jährige ist ein unabhängiger Konservativer.
Washington Für einen Richter müssen sie eine Zumutung sein: Republikaner, die zum Fanklub ihres Präsidenten degeneriert sind und von einem sachlichen Diskurs nichts halten. Demokraten, die sich während des Verfahrens geradezu religiös ereifern, wohl wissend, dass es ihnen am Ende womöglich mehr schadet als Donald Trump. Dann ein Präsident, der das Ganze aus Davos per Twitter kommentiert und droht, er werde sich im Senat in die erste Reihe setzen und „in die korrupten Gesichter der Demokraten starren“.
Mehr als zwölf Stunden hat die Debatte am Tag eins des Amtsenthebungsverfahrens gegen Donald Trump im Senat gedauert. Im Streit über Verfahrensfragen bezichtigten sich die Kontrahenten der „Lüge“, der „Lächerlichkeit“ und vieles mehr. Es war alles andere als eine Sternstunde der Demokratie.
Und es war nur eine Frage der Zeit, bis John Roberts intervenieren würde: „Ich halte es zum jetzigen Zeitpunkt für angemessen, Ankläger und Verteidiger des Präsidenten gleichermaßen zu ermahnen“, sagte der Oberste Richter des Landes und gleichsam Oberaufseher des Senatsprozesses.
Beide Seiten sollten sich bewusst sein, dass sie in der „großartigsten Parlamentskammer der Welt“ redeten. Die Versammlung habe sich den Titel verdient, weil sie für zivile Diskurse stehe. Roberts sagte dies ruhig im Ton, aber hart in der Sache. Das saß.
Der 64-jährige Roberts – aufgewachsen in Indiana, ausgebildet in Harvard und vom ehemaligen Präsidenten George W. Bush 2005 zum Vorsitzenden des Supreme Courts ernannt – ist ein unabhängiger Konservativer. Er urteilte gegen Abtreibungsrechte und die gleichgeschlechtliche Ehe, setzte aber auch Akzente gegen den republikanischen Mainstream, indem er etwa 2012 als einziger konservativer Richter für die Verfassungsmäßigkeit der Gesundheitsreform Barack Obamas stimmte – und damit den Ausschlag gab.
Wiederholt geriet er mit Trump aneinander. Als der Präsident neulich die „Obama-Richter“ attackierte, entgegnete er: „Es gibt weder Obama- noch Trump-Richter, wir sollten dankbar sein für die unabhängige Justiz.“
„Noch nie gab es eine derart feindselige Behinderung eines Amtsenthebungsverfahrens“
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