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José Antonio Kast Sohn eines Wehrmachtsoffiziers: Ein Rechtsaußen könnte Chiles neuer Präsident werden

Der deutschstämmige Kandidat José Antonio Kast liegt nach der ersten Runde der Präsidentschaftswahl vorne. Im Wahlkampf äußerte er sich zunehmend radikaler.
22.11.2021 - 15:54 Uhr 1 Kommentar
Chile: José Antonio Kast - Der Aufsteiger unter den Rechtsaußen Quelle: dpa
José Antonio Kast

Die Nähe zum Pinochet-Regime stellt für den Präsidentschaftskandidaten kein Problem dar – im Gegenteil.

(Foto: dpa)

Salvador Anders als Ex-US-Präsident Donald Trump hetzt er nicht gegen Minderheiten. Er hat keinen militärischen Hintergrund wie Jair Bolsonaro in Brasilien. Und er ist auch kein überdrehter Libertärer wie Javier Milei in Argentinien. Doch der 55-jährige deutschstämmige Anwalt José Antonio Kast ist eindeutig der neue Aufsteiger unter den Rechtsaußenkandidaten auf dem amerikanischen Kontinent.

Bei den Präsidentschaftswahlen in Chile am Sonntag schnitt er im ersten Wahlgang mit rund 28 Prozent der Stimmen am besten ab, vor dem linken Gegenkandidaten Gabriel Boric (26 Prozent). „Wir müssen uns jetzt entscheiden zwischen Demokratie und Kommunismus“, rief Kast in der Diktion der globalen Rechten noch am Abend in die Kameras. Sein Kontrahent Boric mache gemeinsame Sache mit Kommunisten und Terroristen.

Kast, der die deutsche Sprache beherrscht, verdankt den Erstrundensieg seiner Radikalisierung in den vergangenen Wochen. Noch im September hatte er abgeschlagen auf dem vierten Platz gelegen.

Der konservativ auftretende Anwalt ist bekannt in Chiles Politik. Zwei Mal schon wollte er Präsident des Landes werden. Vier Mal war er Abgeordneter, bevor er dann vor zwei Jahren seine Republikanische Partei nach dem Vorbild der USA unter Trump gründete. Kast ist verwurzelt in der internationalen katholischen Schönstattbewegung, er ist ein Familienmensch, hat neun Kinder.

Nun hat er begonnen, sich radikaler zu äußern: Ja, er sei rechts, aber ohne Komplexe, erklärte er plötzlich. „Was ist daran rechtsradikal, wenn ich stolz bin auf Chiles Erfolge der letzten 30 Jahre?“, fragte er.

Kast warnte die Chilenen vor einer Linksdiktatur wie unter den Castros in Kuba. Er will Migranten mit einem Graben an der Nordgrenze des Landes aufhalten, er will Militär gegen die rebellischen indigenen Mapuche im Süden einsetzen und die Gesetze abschaffen, die Abtreibung in wenigen Fällen erlauben.

Mit diesen rechtspopulistischen Sprüchen ist es Kast gelungen, die Stimmen der Chilenen einzusammeln, die zunehmend verunsichert sind über die latenten sozialen Unruhen und die steigende Gewaltbereitschaft in der Bevölkerung. Auch die derzeitige Neuformulierung der Verfassung sehen viele Chilenen argwöhnisch.

Wählerbasis unter den Pinochet-Sympathisanten am rechten Rand

Noch im April hatten die Menschen für eine mehrheitlich linke Verfassungsversammlung gestimmt – doch was dort an gesellschaftlich progressiven Thesen diskutiert wird, dafür haben viele Chilenen kein Verständnis. Entscheidend für Kasts gutes Abschneiden ist jedoch seine traditionelle Wählerbasis unter den Pinochet-Sympathisanten am rechten Rand.

Dass er in den letzten Wochen immer wieder positiv über den Diktator gesprochen hat, hat ihm nicht geschadet – im Gegenteil. Bei vielen Chilenen aus der Mittelschicht und der Wirtschaft ist der General, der von 1973 bis 1990 Chile regierte, wegen seiner liberalen Wirtschaftsreformen bis heute populär.

Stichwahl um chilenisches Präsidentschaftsamt

Die ideologische Nähe zu Augusto Pinochet kann Kast überzeugend ausspielen: Sein Vater war ein ehemaliger deutscher Wehrmachtsoffizier, der nach dem Zweiten Weltkrieg mit einem Ausweis des Roten Kreuzes nach Chile gekommen ist, nachdem er seine Wehrmachtspapiere verbrannt hatte.

Das erklärten seine Eltern einmal in einem Interview. Der chilenische Journalist Javier Rebolledo hat das zudem in einem Buch über die Verwicklungen und die Nähe der Familie Kast zur Diktatur beschrieben.

Demnach war Miguel, der älteste der insgesamt zehn Geschwister, der noch in Deutschland geboren wurde, Minister und Zentralbankpräsident unter Pinochet. Er gehörte zur Truppe der liberalen Ökonomen, der Chicago-Boys, die Milton Friedmans neoliberale Lehre erstmals im Andenland in der Praxis anwenden sollten.

Ein anderer Bruder, der heute das familieneigene Lebensmittelunternehmen „Cecinas Bavaria“ südlich von Santiago leitet, soll einst dem chilenischen Geheimdienst DINA nach dem Putsch vom 11. September 1973 bei Verhören und Ermittlungen geholfen haben.

Die Verbindungen zu den dunklen Kapiteln der chilenischen Geschichte haben Kast bisher nicht geschadet. Doch nun muss er versuchen, die politische Mitte zu erobern, um bei den Stichwahlen am 19. Dezember zu überzeugen. Das könnte ihm leichter fallen als dem Linken Boric, in dessen Parteienkoalition die Kommunistische Partei jedes Signal an die Mitte verhindern wird. „Trau dich, Chile!“ (Atrévete Chile), lautet Kasts Wahlslogan.

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1 Kommentar zu "José Antonio Kast: Sohn eines Wehrmachtsoffiziers: Ein Rechtsaußen könnte Chiles neuer Präsident werden"

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  • Kast ist Sohn eines Wehrmachtsoffiziers. Ja undd? Seine Eltern kann sich doch niemand aussuchen.
    Sippenhaftung, oder was?
    Vielleicht gelingt es ihm, nach den vielen verlorenen Jahren, wieder etwas Struktur in die chilenische Politik zu bringen.
    Dieses extrem schöne Land, mit seinen wunderbar freundlichen Menschen, hätte es verdient.

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