Justizärger: Berlusconi in Korruptionsfall Mills vor Gericht
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JustizärgerBerlusconi in Korruptionsfall Mills vor Gericht
Berlusconi steht wegen Korruptionsvorwürfen vor Gericht. Und kann sich nur mit Mühe wach halten - so „extrem schwierig“ sei die Materie. Diesmal ging es um die Bestechung seines ehemaligen britischen Anwalts Mills.
Mailand Der Dauerärger mit der italienischen Justiz will für Silvio Berlusconi kein Ende nehmen. Gut zwei Wochen nach seinem Rücktritt erschien der 75-jährige Medienzar am Montag erneut vor dem Richter in Mailand. Dort sollte sein ehemaliger Anwalt David Mills, der für Falschaussagen Geld bekommen haben soll, in einer Videoschaltung befragt werden. Dazu kam es aber nicht, weil sich Anwälte und Verteidiger in London und Mailand über die Zulässigkeit der Mills-Aussage nicht einig wurden. Der Prozess wurde auf den 19. Dezember vertagt.
Entscheidender Streitpunkt war italienischen Medienberichten zufolge, ob und als welche Art von Zeuge Mills aussagen soll. Als einfacher Zeuge ohne Assistenz eines Anwalts wäre Mills zur Wahrheit verpflichtet und könnte vom Recht, die Aussage zu verweigern, keinen Gebrauch machen. „Es war extrem schwierig, überhaupt wach zu bleiben“, erklärte Berlusconi schon nach dem ersten Teil der Verhandlung am Mittag.
Steckbrief Silvio Berlusconi - der „Cavaliere“
Geburtstag: 29. September 1936
Geburtsort: Mailand
Vater: Bankangestellter Luigi Berlusconi (1908-1989)
Mutter: Rosa Bossi (1911-2008)
Familienstand: getrennt lebend, seit 2009 in Scheidung
Kinder: drei Töchter und zwei Söhne aus zwei Ehen
1961 Jura-Examen mit Bestnote der Universität Mailand
1,64 Meter
„Cavaliere“ (Ritter, Kavalier)
1994 Gründung der Forza Italia, 2008 neue Partei Popolo della Libertà (Volk der Freiheit)
Von Mai 1994 bis Januar 1995, dann von 2001 bis 2006, erneut zum Ministerpräsidenten gewählt am 8. Mai 2008. Im November 2011 trat Berlusconi nach einer langen Reihe von Skandalen zurück.
Rund 150 Firmen, darunter der Fußballverein AC Mailand
Geschätzt auf mehr als sechs Milliarden Euro
„Mit mir kann sich keiner vergleichen, nicht in Europa und nicht in der Welt.“
Berlusconi wird vorgeworfen, dem Briten für Falschaussagen in Prozessen in den 1990er Jahren 600.000 Dollar (knapp 449.000 Euro) gezahlt zu haben. Mills war in dem Korruptionsfall bereits 2009 von einem Mailänder Gericht zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das Kassationsgericht in Rom entschied jedoch 2010 auf Freispruch wegen Verjährung.
Auch für Italiens ehemaligen Skandalpremier ist das Verfahren in der Schlussphase. Eine Verurteilung Berlusconis ist nicht ausgeschlossen, sollten die Staatsanwälte und Richter das Verfahren rechtzeitig bis zur Verjährung im März 2012 zu Ende bringen. Das ist bislang unklar.
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Die Skandale um Silvio Berlusconi - Eine Chronologie
Die spanische Zeitung „El País“ veröffentlicht Bilder halb nackter Frauen auf Berlusconis Anwesen in Sardinien.
Ein Mailänder Gericht verurteilt Berlusconis Holding Fininvest wegen eines „gekauften Urteils“ beim Erwerb des Verlags Mondadori zu einem Schadenersatz in Höhe von 750 Millionen Euro an den Konkurrenten Cir SpA.
Berlusconi setzt sich für die minderjährige „Ruby“ ein, nachdem sie unter Diebstahlsverdacht von der Polizei festgenommen wurde. Viele sehen darin einen Fall von Machtmissbrauch.
Das Gericht der Europäischen Union entscheidet, dass Berlusconis Medienkonzern Mediaset und weitere Fernsehsender und Kabelbetreiber staatliche Beihilfen in Millionenhöhe zurückzahlen müssen. Mediaset soll bei der Umstellung von analogem auf digitales Fernsehen 2004 von der italienischen Regierung bevorzugt worden sein.
Nach nur knapp drei Wochen im Amt erklärt der Minister für die Verwirklichung des Föderalismus, Aldo Brancher, vor Gericht, wo er sich wegen Hehlerei in einem Bankenskandal verantworten muss, seinen Rücktritt aus der italienischen Regierung. Berlusconi hatte seinen langjährigen Vertrauten und einstigen Manager seiner Firma Fininvest ins Kabinett geholt, um ihn damit der Justiz zu entziehen. Am 28. Juli wird Brancher wegen Hehlerei zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt.
Die Zeitung „La Repubblica“ veröffentlicht einen Bericht über merkwürdige Finanztransfers von Berlusconi. Er soll zwischen 2005 und 2009 mehr als 20 Millionen Euro über eine schweizerische Bank an die Offshore-Gesellschaft Flat Point in Antigua überwiesen haben, wobei der Zweck der Zahlungen als suspekt gilt.
Vor einem Gericht in Mailand beginnt der Prozess gegen Berlusconi wegen einer Sexaffäre mit einer Minderjährigen und wegen Amtsmissbrauchs. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Ministerpräsidenten vor, in 13 Fällen Sex gegen Bezahlung mit der damals 17-jährigen Marokkanerin „Ruby“ gehabt und später seinen Einfluss geltend gemacht zu haben, um den Fall zu vertuschen.
Ein Berufungsgericht in Mailand verurteilt das Familienunternehmen von Berlusconi wegen Korruption zur Zahlung von 560 Millionen Euro an eine Konkurrenzfirma. Bei der Übernahme des Verlags Mondadori sollen Mitarbeiter von Berlusconis Fininvest-Holding einen Richter bestochen haben. Mit seiner Entscheidung bestätigt das Berufungsgericht ein Urteil von 2009 aus einer niedrigeren Instanz. Die Richter reduzieren jedoch den Schadenersatzanspruch von ursprünglich 750 Millionen Euro.
Der Geschäftsmann Gianpaolo Tarantini wird wegen mutmaßlicher Erpressung von Berlusconi festgenommen. Der Unternehmer hatte eingeräumt, Prostituierte für Partys im Anwesen des Politikers engagiert zu haben. Nun wird er verdächtigt, Schweigegeld für seine Kooperation bei laufenden Ermittlungen gefordert zu haben.
Am selben Tag wird bekannt, dass der Regierungschef in einem abgehörten Telefongespräch über sein Land herzog. „In ein paar Monaten verschwinde ich aus diesem Scheißland, von dem mir schlecht wird“, soll der Regierungschef gepoltert haben. Das sei eines dieser Dinge, die man am späten Abend mit einem Lächeln sage und nicht ernst meine, wurde er kurz darauf von italienischen Medien zitiert.
Oppositionspolitiker fordern Aufklärung darüber, ob Berlusconi tatsächlich Prostituierte in Regierungsflugzeugen zu seinen Privatpartys eingeflogen habe. Italienische Medien veröffentlichten Mitschriften aus abgehörten Telefonaten, die aus Ermittlungen gegen Tarantini stammen. Dieser soll Frauen für Sex mit Berlusconi bezahlt haben. Den Mitschriften zufolge prahlte Berlusconi damit, in einer Nacht „nur mit acht Frauen“ geschlafen zu haben, als elf vor seiner Zimmertür Schlange gestanden hätten.
Die Nachrichtenagentur ANSA berichtet, dass Tarantini auf freien Fuß gesetzt wurde. Tarantini war zuvor unter dem Verdacht festgenommen worden, er habe Berlusconi erpresst. Wie ANSA meldet, sah es ein Gericht in Neapel als erwiesen an, dass es sich umgekehrt verhielt und Berlusconi den Unternehmer für Falschaussagen bezahlte.
Wegen zu geringen Rückhalts unter den Abgeordneten tritt Berlusconi von seinem Amt als Regierungschef zurück.
Ruby erklärt vor den Toren des Gerichts: „Ich hatte nie Geschlechtsverkehr gegen Geld und ich hatte nie Geschlechtsverkehr mit Silvio Berlusconi“. Sie fordert, im Prozess aussagen zu dürfen. Ihre Befragung war mehrfach verschoben worden.
Die Staatsanwaltschaft fordert für den Ex-Regierungschef eine Haftstrafe von sechs Jahren. Zudem soll ihm lebenslang verboten werden, öffentliche Ämter zu bekleiden.
In einem Nebenverfahren sagt Ruby aus, sie habe sich bei den „Bunga-Bunga-Partys“ als 19-jährige Verwandte des damaligen ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak ausgegeben. Berlusconi hatte erklärt, er habe bei der Polizei angerufen, um diplomatische Probleme mit Kairo zu vermeiden.
Im Nebenverfahren fordert die Anklage sieben Jahre Haft für drei Vertraute Berlusconis. Diese hätten die Frauen für die Feste organisiert und sich der Herbeiführung und Begünstigung der Prostitution Minderjähriger schuldig gemacht.
Das höchste Gericht des Landes bestätigte die vierjährige Haftstrafe der unteren Instanz gegen den Unternehmer und Politiker. Das Ämterverbot für Berlusconi muss allerdings neu verhandelt werden. Der 77-jährige hat Berufung eingelegt.
Erneuter Vorwurf gegen Berlusconi. Um seinen Vorgänger Romano Prodi zu stürzen, soll der Ex-Premier Senatoren bestochen haben. Das Ergebnis der Verhandlungen steht noch aus.
Berlusconi bezeichnete das Verfahren als „paradox“, da die Verjährung „sicher“ sei, und es daher aus „ökonomischen Gründen“ keinen Sinn mache, den Prozess weiterzuführen. Wie italienische Medien berichteten, hatten seine Verteidiger Niccolò Ghedini und Piero Longo noch versucht, die Anhörung am Montag zu verschieben.
Berlusconi muss sich außer im Mills-Prozess noch in drei weiteren Verfahren vor der Justiz verantworten. Dazu zählt unter anderem der Prozess wegen angeblicher sexueller Beziehungen zu dem damals minderjährigen Callgirl Ruby. Im Mediaset-Prozess um Steuervergehen beim Verkauf von Film- und Fernsehrechten war der Medienmogul bereits am vergangenen Dienstag - erstmals nach seinem Rücktritt - im Gerichtssaal erschienen.
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