Klimaschutz Wie die EU den Kahlschlag der Wälder verhindern will

Die Europäer sind zu 10 Prozent für den Verbrauch der Waldbestände verantwortlich.
Brüssel Der Kahlschlag der Wälder soll bis 2030 ein Ende finden, so hat es die Weltgemeinschaft gerade erst auf der Klimakonferenz in Glasgow beschlossen. Doch die EU gibt sich mit dieser Absichtserklärung nicht zufrieden. An diesem Mittwoch will die Kommission ein Gesetz vorlegen, das Produkte aus Entwaldungsgebieten vom europäischen Binnenmarkt verbannen soll. Ein Entwurf liegt dem Handelsblatt vor.
Importeure von Rindfleisch, Kaffee, Kakao, Palmöl, Soja und Holz müssen demnach künftig dokumentieren können, dass ihre Produkte nicht aus entwaldeten Gebieten stammen.
Der Schritt ist weitreichend, aber aus der Sicht von Umweltschützern dringend erforderlich. Denn die Abholzung hat global dramatische Ausmaße angenommen: Seit 1990 sind 1,3 Millionen Quadratkilometer Wald verloren gegangen – eine Fläche, die größer ist als Südafrika. Vor allem in Brasilien, im Kongo, Indonesien und Peru schwinden die Wälder. Das hat auch Folgen für das Klima: Aufgrund von Brandrodungen stößt der brasilianische Regenwald mittlerweile mehr CO2 aus, als er bindet.
Das Vorgehen ähnelt dem Lieferkettengesetz
Die EU will nun ihre Marktmacht nutzen. Ihr Gesetzentwurf folgt einer ähnlichen Logik wie das Lieferkettengesetz zum Schutz von Menschenrechten.
Produkte, die auf dem europäischen Binnenmarkt gehandelt werden, sollen weder zu moderner Ausbeutung von Arbeitnehmern noch zur Entwaldung beitragen. „Mit seinem auf Entwaldungs-Sorgfaltspflichten basierenden Ansatz bietet der Kommissionsvorschlag eine sehr gute Verhandlungsgrundlage“, lobt die SPD-Europaabgeordnete Delara Burkhardt. Ganz zufrieden ist sie allerdings noch nicht.
Es müssten noch weitere Produkte in den Anwendungsbereich aufgenommen werden, zudem ließe der Fokus auf Waldschutz „andere für das Klima und den Artenschutz wichtige Ökosysteme außer Acht“, kritisiert Burkhardt, die das Gesetzesvorhaben auf Parlamentsseite federführend betreut.
Grünen-Politikerin Anna Cavazzini, Vorsitzende des Binnenmarktausschusses, sieht die Sache ähnlich: „Schon viel zu lange tragen wir mit unserer Handelspolitik, unseren Einfuhren und unserem Konsum zur Entwaldung, zur Zerstörung der biologischen Vielfalt und zum Landraub bei“, mahnt sie. „Wir müssen sicherstellen, dass dieses neue Gesetz so viele Waren, Unternehmen und Ökosysteme wie möglich abdeckt.“
Europäer gehören zu den großen Schädigern
Etwa zehn Prozent der weltweiten Entwaldung sind nach Berechnungen des EU-Parlaments auf den Verbrauch der Europäer zurückzuführen. Vor allem sind dafür Palmöl, Fleisch, Soja, Kakao, Eukalyptus, Mais, Holz, Leder und Kautschuk verantwortlich. Der Umweltorganisation WWF zufolge ist die EU nach China der zweitgrößte Importeur von Produkten, denen die Waldflächen zum Opfer fallen.
In der europäischen Wirtschaft werden die Pläne der EU jedoch mit Sorge verfolgt: Sollte die Regelung zu restriktiv ausfallen, könnte sie die Materialmängel verschärfen, unter denen Unternehmen derzeit leiden. Die Kommission wischt diese Argumentation nicht beiseite. Der Import von Kautschuk und Mais soll nach ihren Plänen von der Verordnung ausgeklammert werden. Die Behörde kam bei ihrer Folgenabschätzung zu dem Schluss, dass Kautschuk und Mais nur so geringfügig zur Entwaldung beitragen, dass weitreichende Sorgfaltspflichten für Importeure unverhältnismäßig wären.
Dass die Kommission die Anti-Entwaldungs-Verordnung vorantreibt, entspringt auch einem politischen Kalkül: Sie will das Handelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten retten, dessen Ratifizierung bisher auch aufgrund von ökologischen Bedenken nicht vorankommt. Bevor die Verordnung in Kraft treten kann, muss sie noch mit den Vorstellungen von Parlament und Mitgliedstaaten in Einklang gebracht werden.
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Irgendwie wird alles zu Lasten der Europäer gerechnet.
Wenn wir Produkte aus dem Ausland kaufen, sind wir für den Resourcenverbrauch verantwortlich.
Wenn wir Waren produzieren und dabei CO2 ausstoßen, wird uns der Verbrauch zugerechnet, auch wenn das Produkt ins Ausland verkauft wird.
Frage: Wenn in Deutschland eine medizinische Anlage unter Ausstoß von CO2 produziert wird, die dann in Gretas Heimatstadt in einem Krankenhaus zur Behandlung kranker Menschen genutzt wird, wem wird der CO2 Ausstoß zugerechnet?