Kollaps der Staatseinnahmen Ölpreiskrise: Saudi-Arabien muss Steuern drastisch anheben
Berlin Saudi-Arabien reagiert mit drastischen Sparmaßnahmen und einer Verdreifachung der Mehrwertsteuer auf die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise. Vor allem der massive Einbruch des Ölpreises hat massive Lücken in den Haushalt des weltweit größten Ölexporteurs gerissen.
Die erst 2018 eingeführte Mehrwertsteuer werde vom 1. Juli an von fünf auf 15 Prozent heraufgesetzt, kündigte Finanzminister Mohammed Al-Jadaan, an diesem Montag in Riad an. Zudem würden Staatsausgaben von 26,6 Milliarden Dollar gestrichen. Al-Jadaan hatte vorige Woche „sehr schmerzhafte, aber dringend nötige Maßnahmen“ angekündigt.
Zu den am Montag verkündeten drastischen Sparmaßnahmen gehört, dass die erst 2018 im Zuge der vorigen Ölpreiskrise eingeführten üppigen Lohnzuschläge für öffentlich Bedienstete gestrichen werden. Al-Jadaan begründete die Sparmaßnahmen damit, dass möglicherweise die Hälfte der Öleinnahmen wegfallen, was etwa 70 Prozent der Staatseinnahmen ausmachen würde.
Die Ölpreise sind seit Jahresbeginn um zwei Drittel gefallen. Die Sparmaßnahmen werden indes nicht reichen, um den Etat zu sanieren. Saudi-Arabien plant daher, in diesem Jahr ergänzend 60 Milliarden Dollar an Krediten aufzunehmen.
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Auch bisher geplante Mega-Infrastrukturprojekte würden „überprüft, geschoben oder gestrichen“, sagte der Finanzminister – ohne konkret zu erklären, wie stark die vom ebenso mächtigen wie umstrittenen Kronprinz Mohammed bin Salman in seiner „Vision 2030“ geplanten Prestigeprojekte betroffen sind. Mit dem Aufbau hunderte Milliarden Dollar teurer Entertainment-Städte, luxuriöser Rotmeer-Ressorts und der futuristischen Industriestadt Neom will der Kronprinz sein Land aus der Abhängigkeit des Öls befreien.
Unklarer Kurs des Ölriesen Aramco
Durch das im April angeschobene Milliarden-Stimuluspaket zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise würde das Haushaltsdefizit im Gesamtjahr mit 112,5 Milliarden Dollar auf 15,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ansteigen. Davor warnten Analysten der saudischen Bank Jadwa Investments. Der Internationale Währungsfonds erwartet einen Rückgang der saudischen Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um 2,3 Prozent.
Schon im ersten Quartal, und damit zum größten Teil noch vor Ausbruch der Coronakrise am Golf, sanken die saudischen Staatseinnahmen gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 22 Prozent auf 51,2 Milliarden Dollar, die Öleinnahmen sogar um 24 Prozent auf 34,4 Milliarden Dollar – während die Staatsausgaben um vier Prozent auf 60,3 Milliarden Dollar anstiegen.
Während die Kurse an Riads Börse Tadawul deutlich nachgaben, machte der Ölriese Saudi-Aramco, der am frühen Dienstag seine Geschäftszahlen für das erste Quartal vorlegt, der Bevölkerung eine Freude: Aramco senkte die Benzinpreise im Land um fast die Hälfte. Wie prekär die Finanzlage des Landes ist, zeigte am Montag ein Gerücht: Es hieß, die 69 Milliarden Dollar Kaufpreis für 70 Prozent des saudischen Petrochemiekonzerns Sabic würden nun verspätet an den Staatsfonds PIF gezahlt.
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