Konfliktforscherin Amrita Narlikar „Nordkorea lässt China schlecht aussehen“

„China vollführt einen Balanceakt.“
Amrita Narlikar leitet das German Institute of Global and Area Studies in Hamburg. Sie ist Expertin für die Machtverschiebung durch den Aufstieg Chinas, Indiens und anderer Schwellenländer.
Professor Narlikar, ausgerechnet während China Brasilien, Russland, Indien und Südafrika zum BRICS-Gipfel empfängt, zündet Nordkorea eine gewaltige Testbombe. Wie groß ist die Blamage für Peking?
Dieses Maß an Destabilisierung in Chinas unmittelbarer Nachbarschaft lässt China schlecht aussehen. Wenn man die Ambition hat, die dominante Macht im asiatischen Raum zu sein, aber einen Unruhestifter wie Nordkorea nicht unter Kontrolle bringen kann, beschädigt das die eigene Glaubwürdigkeit.
Was ist die chinesische Strategie?
China vollführt einen Balanceakt: Einerseits ist das Misstrauen, das der Atomkonflikt zwischen den USA, Japan und Südkorea sät, willkommen. Andererseits hat China kein Interesse, dass die Situation weiter eskaliert.
Doch genau das geschieht. Sollte China Ölausfuhren an Nordkorea stoppen?
Das würde die Armen am härtesten treffen. Dessen sollte man sich bewusst sein. Aber die Bedrohung durch Nordkorea ist sehr ernst. Daher: Ja, China sollte über eine Verhängung eines Ölembargos nachdenken. Nur glaube ich nicht, dass die Chinesen das von sich aus tun werden. Viel hängt davon ab, wie Washington und Peking kooperieren; ob die USA in der Lage sind, China zu überzeugen, dass nun die Zeit zum Handeln gekommen ist.
US-Präsident Trump versucht, China mit aggressiven Tweets zur Kooperation zu drängen. Kann das gelingen?
Hier prallen kulturelle Differenzen aufeinander, unterschiedliche Verhandlungsstile. Ich glaube nicht, dass China so mit sich reden lässt. China würde sich viel eher bewegen, wenn man sich die Mühe machte, es zu überzeugen. Je mehr man China provoziert oder unter Druck setzt, desto mehr Widerspenstigkeit wird man erfahren.
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