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Weltgeschichten unserer Korrespondenten

Weltgeschichte Eine beunruhigend stille Stadt – Rom in Zeiten von Corona

In der Hauptstadt ist das Virus später angekommen als im Norden Italiens. Seitdem sind Leben und Arbeiten völlig verändert. Ein persönlicher Einblick.
11.03.2020 - 15:18 Uhr Kommentieren

Coronavirus: „Italien ist nicht mehr das Land, das es gestern war“

Rom Ein Busfahrer mit schwarzen Gummihandschuhen? Das war das erste Zeichen, dass etwas anders ist in Rom. Als nächstes standen große Flaschen mit Desinfektionsmitteln am Eingang einer Bankfiliale. Simone, der Besitzer des Zeitungskiosks um die Ecke, trug plötzlich eine Gesichtsmaske. Und es war leer auf den Straßen. Zu leer. Keine der Touristengruppen, über die Römer und Möchtegern-Römer gerne lästern.

Danach kamen die Absagen. „Annullato“, gestrichen, ist das Wort, das in diesen Tagen am häufigsten fällt. Es steht in Betreffzeilen von E-Mails, es hängt auf Zetteln an Theatern und Kinos.

Kongresse, Konzerte, Fußballspiele und der Marathon von Rom, alles ist gestrichen. Auch die tägliche Korrespondentenarbeit leidet: Pressekonferenzen werden abgesagt, Interviews verschoben, Hintergrundgespräche fallen aus, große Veranstaltungen und Messen sind auf den Winter verlegt. An Dienstreisen ist gar nicht erst zu denken.

Aber vielleicht ist das besser so. Zumindest mit dem Wissensstand von heute, zweieinhalb Wochen nach dem Ausbruch und der rasenden Verbreitung des Coronavirus im Norden des Landes. Hätten die seit langem geplanten Interviews in Mailand und der Unternehmensbesuch in Varese Anfang März wie geplant stattgefunden, wäre ich vielleicht noch so gerade zurück nach Rom gekommen, auch wenn die Frecciarossa-Verbindung ein paar Tage lang nicht richtig funktionierte.

Aber ich hätte in eine zweiwöchige Quarantäne zu Hause gemusst. So ist es zwei US-Kollegen ergangen. Einer war in Mailand, der andere hatte es trotz des Verbots mitten in die „rote Zone“ nach Codogno geschafft, einer der Städte, die bis Sonntag unter Quarantäne standen. Beide waren nach der Rückkehr schwer erkältet und hatten Fieber und haben sich deshalb den Auflagen des Hausarztes gebeugt. Positiv auf Corona getestet worden sind sie nicht. In Heim-

Eine beunruhigend stille Stadt – Rom in Zeiten von Corona Quelle: Reuters
Spanische Treppe in Rom

Die sonst bestens gefüllten Touristen-Hot-Spots sind derzeit fast menschenleer.

(Foto: Reuters)

Quarantäne muss aber jeder, der in den betreffenden Gebieten war.

Nur: Nicht alle sprechen von ihren Reisen und Kontakten. In der Auslandspresse in der Via dell’Umiltà herrscht Misstrauen gegenüber Kollegen, meist Fotografen und Kameramännern, die im Norden waren. Wer kann, arbeitet lieber von zu Hause.

Jetzt, mehr als zwei Wochen nach dem Ausbruch, mit ständig steigenden Zahlen von Infizierten und Toten, werden die drastischen Maßnahmen der Regierung auch plausibel. Denn wenn nicht jeder so ehrlich ist wie die beiden Kollegen und zugibt, in der Krisenzone gewesen zu sein, gibt es keinen Stopp für die Ausbreitung. Wer weiß, wie hoch die Dunkelziffer ist. Ganz gezielt appellierte Premier Giuseppe Conte an Selbstverantwortung und Bürgersinn, die in normalen Zeiten nicht sonderlich verbreitet sind in Italien.

Trotz allem ist das Netz noch voll mit Filmchen und Fotos großer Partys in Skiorten oder Diskotheken. Reine Verantwortungslosigkeit.

Aber in Rom hat sich etwas geändert in den letzten Tagen: In der Metro hält beim Sitzen und beim Stehen jeder mindestens zwei Meter Abstand vom nächsten.

Und die Begrüßungsküsschen fallen weg ebenso wie das Händeschütteln. Jetzt lacht keiner mehr über die Aufforderung, sich so oft wie möglich die Hände zu waschen.   

Es hat seine Zeit gedauert, bis die aufgeklärten Kreise in der Hauptstadt den Ausbruch des Coronavirus ernstgenommen haben. Erst wurden nur Zeitungsverkäufer, Marktfrauen und Friseurinnen unruhig, jedoch keineswegs, weil sie besser informiert waren, sondern weil sie auch sonst jede Fake-Meldung aus dem Netz glauben. „Hier, die Chinesen essen lebendige Fledermäuse“, sagte mir einer und zeigte ein dubioses Video.

Dann waren die Chinesen weg. Und auch alle anderen Touristen. Die Restaurants leer, die Verkäuferinnen langweilten sich in den Boutiquen. Plötzlich war die Stadt still. Beunruhigend still.

Von Tag zu Tag wurde es beunruhigender, mit dem Virus und seinen Folgen. Die Schulen wurden geschlossen, und viele Freundinnen, arbeitende Mütter, erzählten, dass sie nicht wissen wohin mit den Kindern. Mittlerweile ist alles zu, von Fitnesszentren über die Oper und den Konzertsaal bis zu den Vatikanischen Museen. Und auch die große Raffael-Ausstellung in Rom schloss nach nur drei Tagen.

Handelsblatt Morning Briefing - Corona Spezial

Man kann dem Ganzen positive Seiten abgewinnen. Die Wege sind kürzer geworden, seit der Verkehr abgenommen hat, die Busse sind nicht so voll und bei Frühlingsspaziergängen zeigt sich die Ewige Stadt von ihrer schönsten Seite. Wäre da nicht die lauernde Angst, natürlich völlig irrational, gegen die man sich aber nur schwer wehren kann. Dieses schleichende Gefühl von einer drohenden, unsichtbaren Katastrophe.

Das Leben in Rom hat sich geändert seit Februar. Jetzt wurde auch ein Spitzenpolitiker der PD positiv getestet und ist zu Hause in Quarantäne. Ich hatte ihn bei einer Buchvorstellung im kleinen Kreis gesehen und ihm die Hand geschüttelt. Wann war das? Länger als zwei Wochen her? Außerhalb der Inkubationszeit?

Eine Freundin war als Reporterin im Iran. Danach haben wir zusammen gegessen. Lässt sie sich testen? Ihre anderen Bekannten zittern. Es ist im Moment nicht leicht, in der um sich greifende Psychose cool zu bleiben.  

Mehr: Norditaliens Wirtschaft im Ausnahmezustand – „Maßnahmen sind radikal, aber richtig“.

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