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Kritik an MBA-Rankings UN-Report stellt Ranglisten für Business-Schools infrage

Immer wieder wird Kritik an den Rankings für Business-Schools laut. Deutsche Hochschulen hoffen nun auf eine Anpassung der Kriterien zu ihren Gunsten.
25.04.2019 - 14:12 Uhr Kommentieren
Nur wenige deutsche Anbieter schaffen es in die internationalen Business-School-Rankings. Quelle: PR
Mannheim Business School

Nur wenige deutsche Anbieter schaffen es in die internationalen Business-School-Rankings.

(Foto: PR)

Berlin An der Schulich School of Business herrschte 2015 so richtig dicke Luft. Die kanadische Hochschule mit Sitz in Toronto war gerade überraschend aus dem Ranking der besten 100 Business-Schools der „Financial Times“ geflogen – und Rektor Dezsö J. Horváth wollte die Degradierung nicht einfach auf sich beruhen lassen.

Er vermutete System dahinter: „Alle kanadischen Business-Schools, die vorher in den Top 50 waren, sind in diesem Jahr abgerutscht“, schrieb er in einem offenen Brief an die Verantwortlichen des Rankings, das als das wichtigste der Branche gilt. In einem verbalen Rundumschlag kritisierte er dann die Business-School-Ranglisten insgesamt – und die Kriterien, nach denen sie erstellt werden.

Rankings sind so etwas wie der Goldstandard für die Wirtschaftshochschulen. Eine gute Platzierung in den Ranglisten, insbesondere bei renommierten Medienmarken wie „FT“, „Bloomberg Businessweek“ oder „Economist“, bringt nicht nur Prestige, sie lockt auch zahlungskräftige Kunden an, die für einen Master of Business Administration (MBA) von einer Topuniversität bis zu 100.000 Euro und mehr ausgeben. Eine Herabstufung wie bei Schulich tut daher weh, unter Umständen auch finanziell.

Kritik an den Rankings gibt es seit Jahren, ohne dass sich an der Bewertungspraxis viel geändert hätte. Doch seit einigen Wochen gewinnt die Debatte an Fahrt. Grund ist eine Studie zweier Wissenschaftler der Universität Cambridge, die unter der Schirmherrschaft der UN-Initiative United Nations Global Compact die wichtigsten Ranglisten auf ihre Stärken und Schwächen untersucht haben.

Das Fazit: Business-Schools lassen sich von den Rankings enorm beeinflussen – allerdings spielten Inhalte, Lehrqualität und Nachhaltigkeit bei der Erstellung kaum eine Rolle. Die wichtigsten Kriterien seien stattdessen der zu erwartende Gehaltsanstieg und die Karrierechancen. Auch sei die zugrunde liegende Methodologie oft nur schwer nachvollziehbar.

Während manche Rankings die Business-School als Ganzes bewerten, konzentrieren sich andere auf einzelne MBA-Programme. Oft werden Studierende, Mitarbeiter oder Alumni per Fragebogen interviewt, oder es werden Kriterien wie der Gehaltsanstieg nach fünf Jahren zugrunde gelegt.

Die Gewichtung der verschiedenen Kriterien ist je nach Medium sehr unterschiedlich. So spielt das zukünftige Gehalt bei der „FT“ eine entscheidende Rolle, beim „Economist“ ist wichtiger, ob sich durch das Studium neue Karrieremöglichkeiten ergeben haben (siehe Tabelle), „US News“ und „Bloomberg Businessweek“ befragen zudem Unternehmen, von welchen Hochschulen sie ihren Führungsnachwuchs rekrutieren.

Die Rohdaten stellen nur wenige Anbieter zur Verfügung, der ganze Bewertungsprozess bleibt ziemlich intransparent. Neu sind die Vorwürfe des UN-Reports nicht, insbesondere die Kritik an der mangelnden Berücksichtigung der Lehrinhalte gibt es seit Jahren. Doch diesmal scheint sie einen Nerv getroffen zu haben – vielleicht auch, weil sie erstmals mit einem „Gütesiegel“ der Vereinten Nationen versehen ist.

Die „Financial Times“ jedenfalls reagierte prompt und kündigte an, ihre Standards überarbeiten zu wollen. „Die Business-Schools verändern sich immer wieder, das müssen auch wir bei unserer Berichterstattung abbilden“, schrieb die verantwortliche Ressortleiterin Isabel Berwick anlässlich der Veröffentlichung des diesjährigen Rankings Ende Januar.

Dazu gehöre auch, den Wert von Unternehmertum und dem öffentlichen Sektor anzuerkennen, die beim reinen Fokus auf Gehälter bisher benachteiligt worden seien. Round-Table-Gespräche mit diversen Hochschulen hätten bereits stattgefunden, eine Prognose, bis wann der Prozess abgeschlossen sein könnte, gibt es allerdings nicht.

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Eine Anpassung der Bewertungskriterien dürfte insbesondere an deutschen Business-Schools auf Begeisterung stoßen. Denn im Gegensatz zu vielen angelsächsischen Hochschulen, die nach wie vor hauptsächlich Manager für den Finanz- und Beratungssektor ausbilden, arbeiten deutsche Hochschulen auch intensiv mit Ministerien und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zusammen; die Absolventen deutscher MBA-Programme gelten als breiter aufgestellt, viele arbeiten nach ihrem Abschluss in der Industrie oder gründen eigene Unternehmen.

In den weltweiten Rankings schneiden die deutschen Anbieter daher tendenziell weniger gut ab. Nur wenige Schulen schaffen es überhaupt auf die globalen Bestenlisten, darunter die Mannheim Business School, die ESMT Berlin oder die WHU Otto Beisheim School of Management in Vallendar bei Koblenz.

Mannheim schneidet dabei von allen deutschen Anbietern am besten ab, die Business-School taucht in den vier wichtigsten Rankings auf: Bei der „Financial Times“ belegt die Managerschmiede Platz 77, bei „Forbes“ sogar Platz acht, bei „Bloomberg Businessweek“ Platz 55 und beim „Economist“ Platz 42 – jeweils im internationalen Vergleich.

„Der Markt ist stark umkämpft, deshalb werden Rankings sehr ernst genommen“, sagt Ralf Bürkle von der Mannheim Business School. Er zieht den Vergleich zu Sternerestaurants: Nur wer erwiesenermaßen zur Spitzenklasse gehöre, erreiche auch das entsprechende Publikum. Die Vergleichslisten böten Interessenten eine erste Orientierung.

„Allerdings halte ich es nicht für sinnvoll, die Rankings bis ins letzte Detail zu analysieren oder aus geringfügigen Unterschieden in der Gesamtplatzierung auf einen Qualitätsunterschied zu schließen. Dazu sind die Abstände zu marginal.“ Er würde sich wünschen, dass Prozesse und Auswertungen transparenter würden. So könne die Datenerhebung zentralisiert durch eine unabhängige Organisation stattfinden.

Was ist ein MBA und für wen lohnt er sich?

„Für Studenten und Alumni ist es ein beträchtlicher Aufwand, an den verschiedenen Befragungen teilzunehmen und den Überblick zu behalten, wenn eine Business-School in mehreren Rankings gelistet wird“, so Bürkle. Auch den allzu starken Fokus mancher Rankings auf Gehaltsdaten bemängelt er: „Das ist ein Ansatz, der heute etwas überholt wirkt.“

Henning Zülch, Prorektor an der HHL Leipzig Graduate School of Management, bemängelt, dass die Bewertungskriterien der Rankings nicht zum deutschen System passen. Die HHL sieht sich als Start-up-Schmiede und hat sich Prinzipien wie Nachhaltigkeit und ethisches Handeln auf die Fahne geschrieben.

„Entrepreneure verdienen am Anfang nicht viel. Damit können wir bei den Rankings nur verlieren. Wir müssten unsere strategische Ausrichtung ändern und mehr auf die Beraterbranche abzielen“, sagt der Wirtschaftsprofessor. Zwar schätzt er die Rankings für den Überblick, den sie Interessenten bieten, „wir wollen diese Sichtbarkeit aber nicht um jeden Preis erreichen“. Er wünscht sich, dass Rankings künftig die internationale Realität widerspiegeln – nicht nur die angelsächsisch-amerikanische.

Markus Rudolf, Rektor der WHU, kann der Vorgehensweise bei der Erstellung der Bestenlisten auch Gutes abgewinnen. „Rankings sollten die Strategie einer Hochschule nicht beeinflussen“, sagt zwar auch er. „Allerdings gibt es manche Kategorien, die für eine vernünftige Hochschulstrategie wichtig sind.“ Damit meint er vor allem das Einbeziehen guter Karrierechancen und Gehälter der Absolventen in die Bewertung.

Für Business-Schools, die hier gut abschnitten, sei das ein echter Mehrwert, wenn es darum geht, Talente anzulocken. Aber: „Man muss auch den Mut haben, die Rankings, die nicht gut sind oder die nicht zur Strategie passen, aktiv zu ignorieren.“

Für Laurent Ortmans, Quality Assurance and Rankings Manager an der ESMT Berlin, fehlt es genau hier allerdings an einem verlässlichen Überblick: Bei vielen Rankings sei die Methodologie nicht klar, die Datenbasis sei zu dünn, eine Strategie in den Fragebögen nicht zu erkennen. „Wenn Rankings gut gemacht sind, sind sie Werkzeuge, die viele Informationen liefern, die man nutzen kann“, erklärt Ortmans.

Er muss es wissen: Bis September 2018 war er bei der „Financial Times“ für das MBA-Ranking zuständig. Die Kritik an der starken Gewichtung des Gehalts versteht er nicht. „Viele Leute gehen doch gerade an eine Business-School, um ihr Gehalt zu verbessern. Ein MBA ist teuer, das ist ein Investment, das man auch ausbezahlt bekommen möchte.“

Trotz der gegenteiligen Ankündigung erwartet er nicht, dass sich die Kriterien der FT-Rankings grundlegend ändern werden. „Es wird keine Revolution“, sagt er. „Vielleicht drehen sie an ein paar Stellschrauben.“ Die Schulich School of Business in Toronto hat es seit dem Brandbrief ihres Rektors übrigens nie wieder auf die Liste geschafft.

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