Kritik der Europäer Wie China seine 167.000 Staatsunternehmen bevorzugt

Staatliches Wachstum statt privater Wettbewerb.
Peking Die Führung der Kommunistischen Partei (KP) Chinas überlässt in diesen Tagen nichts dem Zufall. Am 1. Oktober feiert sie die Gründung der Volksrepublik – und vor allem sich selbst. In der Hauptstadt Peking rollten in der Nacht zum Montag Panzer für die Militärparade ein, Straßen werden seit Wochen immer wieder probeweise gesperrt, Zugänge zum freien Internet blockiert und die chinesischen Medien sind voll mit Lobeshymnen auf die KP.
„Die historischen Errungenschaften Chinas in den letzten sieben Jahrzehnten und die historischen Veränderungen, die es erfahren hat, zeigen eindeutig, dass nur die Kommunistische Partei China anführen kann“, sagte Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping am Montag. Die KP nutzt den 70. Jahrestag, um ihren absoluten Machtanspruch zu unterstreichen und zu betonen, dass sie es ist, die das Land nach vorne bringt.
Doch ausländische Unternehmen sind unzufrieden mit dem, was in China in den vergangenen Jahren erreicht wurde. In einem am Dienstag veröffentlichten Positionspapier fordert die Europäische Handelskammer in China die Regierung in Peking auf, ihren Versprechen Taten folgen zu lassen und endlich die unfaire Bevorzugung von Staatsunternehmen gegenüber privaten Unternehmen zu beenden.
„Die staatseigenen Unternehmen drücken die Privatunternehmen an die Wand“, warnte Kammerpräsident Jörg Wuttke bei der Vorstellung des Papiers. So bekämen sie etwa bevorzugten Zugang zu Kapital oder zu Lizenzen. In den vergangenen Jahren hatte es zwar immer wieder so ausgesehen, als würde Chinas Staatsführung die Bevorzugung der staatseigenen Unternehmen zurückfahren wollen. Doch das Gegenteil ist der Fall.
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Laut einem Bericht der Weltbank stieg die Zahl der staatseigenen Unternehmen außerhalb des Finanzsektors von 2008 bis 2015 um 52 Prozent. In ganz China gibt es demnach 167.000 solcher Staatsunternehmen. Durch Zusammenlegungen wie etwa im Fall des Schienenfahrzeugkonzerns CRRC sind chinesische Staatsunternehmen sogar noch gestärkt worden.
China hätte seine staatseigenen Unternehmen auf eine überschaubare Größe reduzieren und auf einzelne Branchen zuschneiden können, so EU-Kammerpräsident Wuttke. Andere Unternehmen hätte man privatisieren können. Das Ziel der Führung sei es jedoch gewesen, die Staatsunternehmen „stärker, besser und größer“ zu machen.
Hoffnung auf Reformen
Die Europäische Wirtschaft in China hofft nun, dass durch die schwächelnde Wirtschaft die Pekinger Regierung unter Druck gerät, Reformen anzugehen. Das Wirtschaftswachstum Chinas hatte sich auch unter dem Einfluss des Handelsstreits mit den USA verlangsamt. Im August hatte sich der Anstieg der Industrieproduktion, der Einzelhandelsumsatz und die Investitionen in Sachanlagen noch stärker als erwartet weiter verlangsamt.
Der stellvertretende Chef der nationalen Entwicklungs-Kommission, Ning Jizhe, deutete am Dienstag Stützungsmaßnahmen für die Konjunktur an. Die Behörden würden die Arbeiten an Investitions-Projekten beschleunigen und die Auflagen für Auto-Käufe lockern.
In ihrem Positionspapier schreibt die EU-Handelskammer von einem „entscheidenden Moment für China“. „Wenn die Reform der staatseigenen Unternehmen nicht angegangen wird und die wirtschaftliche Liberalisierung voranschreitet, wird der Markt durch einen aufgeblähten und ineffizienten staatlichen Sektor belastet, der das Land behindert“, heißt es darin.
Erste Anzeichen, dass China zu Reformen bereit ist, gibt es. So hatte Premierminister Li Keqiang im März angekündigt, dass das Land dem „Grundsatz der Wettbewerbsneutralität folgen“ werde, „sodass Unternehmen aller Eigentumsformen beim Zugang zu Produktionsfaktoren, Marktzugang und Lizenzen, Geschäftsbetrieb, öffentlichem Beschaffungswesen, öffentlichen Ausschreibungen usw. gleichberechtigt behandelt werden“.
Der Begriff der Wettbewerbsneutralität wurde von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) geprägt und bedeutet, dass staatliche und private Unternehmen auf einem Level Playing Field, also zu gleichen Bedingungen, miteinander im Wettbewerb stehen.
Auch in der Europäischen Kommission und innerhalb der Bundesregierung sieht man die Rolle der staatlich gestützten Unternehmen aus China zunehmend kritisch. Bei einem Gipfel im März hatten sich die Staats- und Regierungschef der EU darauf verständigt, dass bei öffentlichen Ausschreibungen innerhalb der EU künftig stärker berücksichtigt werden soll, wenn sich staatlich gestützte Unternehmen um die Aufträge bewerben.
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