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Lebensmittel Das Mindesthaltbarkeitsdatum könnte aus Europas Supermärkten verschwinden

Weil zu viele Lebensmittel weggeworfen werden, will die EU-Kommission die Kennzeichnungspflicht reformieren. Es gibt bereits mehrere konkrete Vorschläge.
18.10.2021 - 15:42 Uhr 1 Kommentar
Die Abschaffung des Haltbarkeitsdatums könnte dazu beitragen, die Verschwendung von Lebensmitteln zu bekämpfen. Quelle: dpa
Gekennzeichnete Milch

Die Abschaffung des Haltbarkeitsdatums könnte dazu beitragen, die Verschwendung von Lebensmitteln zu bekämpfen.

(Foto: dpa)

Brüssel Pro Jahr werden in der EU etwa 80 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen, ein Fünftel der gesamten Produktion, pro Person etwa 170 Kilogramm. Ließe sich diese Menge reduzieren, könnte das Lebensmittel günstiger machen und gleichzeitig den Produktionsdruck von der Landwirtschaft nehmen.

Ein möglicher Ansatz dazu ist, die Kennzeichnungen auf Lebensmitteln zu verändern. Bisher steht auf den meisten Lebensmitteln ein Mindesthaltbarkeitsdatum, auf anderen ein Verbrauchsdatum und auf manchen gar kein Datum. Die EU-Kommission hat mehrere Vorschläge erarbeitet, wie sich diese Angaben ändern könnten. Bald wird sie ein Konsultationsverfahren dazu starten, also um die Meinung von Bürgern, Unternehmen und Verbänden bitten.

Um die Vorschläge zu verstehen, ist es wichtig, die bisherige Rechtslage zu kennen. Denn schon jetzt ist nicht jedes Lebensmittel mit einem Datum versehen.

  • Die meisten Lebensmittel tragen ein Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD), bis zu dem der Hersteller garantiert, dass die Ware bei richtiger Aufbewahrung ihre Eigenschaften behält. Oft ist es unproblematisch, Lebensmittel nach Ablauf des Datums noch zu essen. Es darf dann sogar noch verkauft werden. Es kommt eher darauf an, ob das Produkt noch frisch aussieht und riecht.
  • Leicht verderbliche Waren wie Fisch, Fleisch oder geschnittene Salate tragen ein Verbrauchsdatum. Dieses Datum sollte ernst genommen werden, weil der Verzehr nach dem Datum krank machen kann.
  • Viele unverpackte Lebensmittel wie Obst und Gemüse tragen gar kein Datum, genauso wie besonders lange haltbare Lebensmittel wie Salz oder Wein.

Welche Daten für Verbrauch und Mindesthaltbarkeit angegeben werden, ist Sache der Hersteller. Viele Gesetze rund um die Produktion und den Verkauf von Lebensmitteln sollen in den kommenden Monaten überarbeitet werden.

Die Strategie dahinter heißt „Vom Hof auf den Tisch“ beziehungsweise „From Farm to Fork“. Es soll um die Sicherheit in der Versorgung gehen, um die Reduktion von Pestiziden und Düngemitteln, Maßnahmen gegen Betrug, besseren Tierschutz und eben auch um die Verringerung von Verschwendung. Eine Änderung bei den Haltbarkeitsdaten ist einer der wenigen Hebel, die die EU hat, um Lebensmittelverschwendung zu verringern.

Folgende Vorschläge stellt die EU-Kommission zur Diskussion:

1. Das Mindesthaltbarkeitsdatum wird auf lange haltbaren Produkten abgeschafft, also Nudeln, Reis, Kaffee und Tee.

2. Das Mindesthaltbarkeitsdatum wird auch für alle anderen Lebensmittel abgeschafft. Übrig bliebe dann nur das Verbrauchsdatum. Offen bleibt bei dem Vorschlag, ob dieses Datum dann auf mehr Produkten als bislang aufgedruckt würde.

3. Die Daten werden auf andere Weise präsentiert. An die Stelle von „Mindestens haltbar bis“ und „Zu verbrauchen bis“ könnten andere Begriffe treten oder sie könnten mit Symbolen oder weiteren Angaben ergänzt werden. In englischer Sprache wird als Beispiel die Bezeichnung „best before, often good after“ angegeben.

Beim dritten Vorschlag kommt es sehr auf die Übersetzung in die 24 Amtssprachen der EU an. Das zeigt eine Eurobarometer-Untersuchung von 2015. Demnach gibt es große Unterschiede, wie gut die Bürger der EU verstehen, was die Daten aussagen.

Das Mindesthaltbarkeitsdatum verstehen demnach je nach Land 12 bis 68 Prozent der Bürger korrekt. Die Botschaft des Verbrauchsdatums verstehen 71 Prozent der Griechen, aber nur 13 Prozent der Deutschen.

Obst und Gemüse werden seit jeher ohne Verfallsdatum angeboten. Andere Lebensmittel könnten bald folgen. Quelle: imago images/Westend61
Obsttheke

Obst und Gemüse werden seit jeher ohne Verfallsdatum angeboten. Andere Lebensmittel könnten bald folgen.

(Foto: imago images/Westend61)

Ein weiterer Vorschlag kommt vom Centrum für europäische Politik (CEP) in Freiburg. In einer Studie schlägt das Institut vor, auf möglichst vielen Produkten beide Daten anzugeben. „Dies würde Verbraucher über beide Aspekte – Lebensmittelqualität und Lebensmittelsicherheit – informieren und, mindestens ebenso wichtig, die Verwirrung der Verbraucher über die Bedeutung der beiden Datumsangaben erheblich verringern“, heißt es darin. „So kann am besten vermieden werden, dass es zu Missverständnissen kommt und Lebensmittel zu früh weggeworfen werden“, sagt Studienautor Patrick Stockebrandt.

Dass die bisher geltenden Regeln ohne Änderung bestehen bleiben, schließt die EU-Kommission explizit nicht aus.

Das erscheint derzeit aber nicht besonders wahrscheinlich. Fachpolitiker sehen den Bedarf für eine Neufassung: „Eine Veränderung der Farbe oder der Konsistenz oder ein untypischer Geruch von Lebensmitteln sind Signale dafür, dass ein Produkt nicht mehr verzehrt werden sollte“, sagt die CDU-Europaabgeordnete Christine Schneider. „Das gilt für die Zeit vor und nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums. Produkte werden nicht am Tag nach Ablauf einfach schlecht.“ Es brauche kein Datum, „das keinem etwas bringt“.

Schneider bemängelt auch, dass Supermärkte Produkte wegwerfen, nur weil das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist. „Die Situation, in der sich Menschen verzehrbare Lebensmittel aus Containern holen, zeigt, wie dringend wir handeln müssen.“

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  • Als kleine Studenten-Wohngemeinschaft in den 60iger Jahren hatten wir keinen Kühlschrank, aber auch aus finanziellen Gründen wurde nur das Notwendige gekauft und i.d.R. zügig verzehrt. Das einzige Mal einer Magenverstimmung, an die ich ich erinnern kann, war der Verzehr von gegrillten grünen Äpfeln, die nach dem Ende des Grillguts in schon etwas angeheiterten Zustand gepflückt und ersatzweise auf den Grill gelegt wurden.
    Als vor einigen Jahren mich ein Nahestehender auf die seit 3 Monaten überschrittene MHD eines schokoladen-überzogenen Baumkuchens auf Vergiftungsabsicht ansprach, habe ich ihm das Internet-statement einer Schweizer Gesundheitsorganisation gegeben, wo die menschlichen Fähigkeiten: zu sehen, riechen und schmecken als letztliche Entscheidungsbasis zu nutzen sind.
    Kühl- und Gefrier-Möbel bieten heutzutage vielfältige Möglichkeite, zumindest auf das MHD verzichten zu können, ohne dass gleich eine "Magen-/Darm"-Welle aufreten muss. Eingesparte Energie bei Produktion, Verteilung, Vorhaltung und Beschaffung käme neben dem Klima auch dem Geldbeutel zugute.
    Bei dieser Gelegenheit: "Brot gehört nicht in den Kühlschrank" - diese Mär gilt nur für Großfamilien, wo der baldige Verzehr gewährleistet ist. Eine längere Aufbewahrung in Oma´s Brotkasten hatte nur einen Sinn, solange es noch keine technischen Kühlmöglichkeiten gab. Als Dampfsperre - Vertrocknungsverhinderung - dient die Einlagerung im Poly-Beute im Kühlmöbel – möglichst evakuiert (eingedeutscht: vakuummiert); bei uns ist noch kein Brot schimmelig geworden. Brötchen - sofort nach Kauf tiefgefroren - ebenfalls im Poly-Beutel - schmecken frisch aufgetaut und getoastet meist besser (knuspriger) als vor einigen Stunden gekaufte!

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