Libanon Nach Hariris Rücktritt könnte im Libanon das Chaos ausbrechen

Im Zuge der anhaltenden Proteste im Libanon gegen Korruption und Misswirtschaft hat der Ministerpräsident seinen Rücktritt angekündigt.
Beirut Nach den seit Tagen anhaltenden Protesten gegen die Regierung hat Premierminister Saad Hariri am Dienstag seinen Rücktritt eingereicht. Der libanesische Regierungschef zieht damit die Konsequenzen aus den Vorwürfen gegen sein Kabinett und die Elite des Landes, sie seien korrupt und hätten das Land an den Rande des Wirtschaftskollaps geführt. Die Protestbewegung fordert die Erneuerung der politischen Klasse.
Hariri hatte deshalb in den vergangenen Tagen versucht, Minister auszuwechseln, um den Demonstranten wenigstens teilweise entgegen zu kommen. Doch er scheiterte damit im Kabinett, das davon nichts wissen wollte. Auch hätten sich die Demonstranten damit nicht beruhigen lassen.
Parallel dazu hatte das Kabinett Hariri Maßnahmen verabschiedet, um die Protestwelle zu beruhigen. Zum Reformpaket gehörte der Verzicht auf neue Steuern, die zur Protestwelle geführt hatten. Die Reformen wurden zwar vom Kabinett bewilligt, bisher aber nicht umgesetzt.
Zudem hatte sich Hariri in der letzten Woche mit Botschaftern der USA, Russlands und Chinas getroffen, um internationale Unterstützung für die Reformen seiner Regierung zu erhalten. Aber seine Hilfsappelle fanden kein Gehör. Er sei „in einer Sackgasse“ sagte Hariri, kurz bevor er bei Präsident Michel Aoun seinen Rücktritt einreichte.
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Jetzt setzt sich Hariri über eine Warnung des mächtigen Hisbollah-Chefs Hassan Nasrallah hinweg. Nasrallah hatte in den vergangenen Tagen zwei Mal vor einem gefährlichen Vakuum gewarnt, sollte die Regierung zurücktreten.
Nasrallahs Wort hat Gewicht. Er spielt im Libanon eine Doppelrolle. Seine Partei stellt einerseits Minister im Kabinett und ist Teil des politischen Systems. Anderseits kontrolliert die Hisbollah mit ihren Terrormilizen Teile der Hauptstadt und unterstützt in Syrien das Regime von Baschar al-Assad. Ein Machtkampf mit der Hisbollah könnte das Land erneut zu einem Bürgerkrieg führen.
Demonstrationen werden gewalttätig
Vielleicht sind die jüngsten Scharmützel in Beirut ein Vorgeschmack auf eine martialische Entwicklung: Die anfänglich friedlich verlaufenden Demonstrationen wurden am Dienstag gewalttätig.
Anhänger der schiitischen Milizen gingen gegen die Demonstranten vor und zwangen sie, eine Straßensperre in Beirut zu räumen. Kabinettskollegen sollen Hariri vorgeworfen haben, mit den Demonstranten gemeinsame Sache zu machen und den Sicherheitskräften zu verbieten, die Demonstranten von den Straßen und Plätzen räumen zu lassen.
Reformpaket bringt Bevölkerung nicht zur Ruhe
Ein Chaos kann sich das Land nicht leisten. Noch am Montag hatte Notenbankchef Riad Salameh gewarnt, dass eine politische Lösung der Krise „innerhalb von Tagen“ notwendig sei, um die Ökonomie des Landes zu retten. Er forderte eine Änderung der Regierung, um das Vertrauen der Bürger und der internationalen Kapitalmärkte wieder herzustellen.
Die Ratingagentur S&P hatte in der vergangenen Woche die finanzielle Lage des Libanon als „alarmierend“ bezeichnet. Banken sind seit zehn Tagen geschlossen. Hariri, dessen Vermögen von Forbes auf 1,9 Milliarden Dollar geschätzt wird, ist der Sohn von Rafik Hariri, der im Jahr 2005 in Beirut ermordet wurde.
Mehr: Warum im Libanon Religionsfeinde zusammen auf die Straße gehen.
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