Liz Truss Die Brexit-Missionarin kommt zu schwierigen Handelsgesprächen nach Washington

Die britische Handelsministerin (hier in einer Videoschalte mit Japan) will Freihandelsabkommen in aller Welt abschließen.
London Lächelnd auf einem englischen Brompton-Klapprad, über sich einen Union-Jack-Regenschirm – so inszenierte sich Liz Truss im vergangenen September vor der berühmten Oper in Sydney. Das Foto sollte das Selbstverständnis der britischen Handelsministerin zeigen: Die gut gelaunte Optimistin, die neue Freihandelsabkommen außerhalb der EU abschließt.
Diese Woche ist die 45-Jährige wieder unterwegs, doch die Realität bei den Handelsgesprächen in Washington sieht anders aus. Die britische Regierung hat ihre Hoffnung aufgegeben, noch in diesem Jahr ein Freihandelsabkommen mit den USA zu erreichen.
Der Brexit-Fan im Weißen Haus, Präsident Donald Trump, hatte die Briten stets mit diesem Preis geködert. In den Verhandlungen mit dem US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer treten bisher aber vor allem die Streitpunkte zutage.
Truss will bei ihrem Besuch unter anderem erreichen, dass Trump seine Strafzölle auf schottischen Whisky zurücknimmt und keine neuen Zölle auf Gin erlässt. Ihr Einsatz für britischen Alkohol war dem Boulevardblatt „The Sun“ ein großes Lob wert („Prost, Liz“), doch er dürfte die Amerikaner kaum beeindrucken.
Beobachter in London rechnen nicht mehr damit, dass es bald zu einem Handelsdeal kommt. Auch Lighthizer sagte kürzlich dem Kongress, ein Abkommen in diesem Jahr sei unwahrscheinlich. Trump will freie Bahn für die amerikanische Agrar- und Pharmaindustrie in Großbritannien. Beides will Premier Boris Johnson verhindern.
Politisches Leichtgewicht
Truss sitzt seit 2010 im Parlament, seit 2012 ist sie in verschiedenen Ministerien der Regierung. Johnson ist schon ihr dritter Premierminister. Obwohl die Oxford-Absolventin und zweifache Mutter eine erfahrene Ministerin ist, gilt sie im Regierungsviertel als Leichtgewicht. Sie hat ein Händchen für PR, aber inhaltlich ist von ihr noch nichts im Gedächtnis geblieben.
Der Posten als Handelsministerin verschafft ihr ein hohes Profil – schließlich ruhen die Hoffnungen der Brexiteers auf den neuen Abkommen mit dem Rest der Welt. Zugleich ist das Frustpotenzial als kleiner Verhandlungspartner hoch. Nicht nur der Deal mit den USA scheint noch weit entfernt. An Gespräche mit China ist angesichts des politischen Streits um Hongkong und Huawei nicht einmal zu denken.
Der mit Abstand wichtigste Handelspartner ist ohnehin die EU – und für die Gespräche ist Truss nicht zuständig. Unverdrossen übt sich die Ministerin in dem Brexit-Optimismus, der zu ihrem Markenzeichen geworden ist. Beim Referendum 2016 hatte sie noch für den Verbleib in der EU gestimmt, weil sie um die britische Wirtschaft fürchtete. Danach schwenkte sie um.
Wirtschaftspolitisch orientiert sich die Ökonomin an Margaret Thatcher. Vergangenes Jahr spielte sie kurz mit dem Gedanken, sich um die Nachfolge der zurückgetretenen Premierministerin Theresa May zu bewerben, unterstützte dann aber Johnson.
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